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Simon Neidig aus Münster vom Land Hessen geehrt

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Jung und engagiert: Simon Neidig (Vierter von links) inmitten anderer junger Leute bei der Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement.
Jung und engagiert: Simon Neidig (Vierter von links) inmitten anderer junger Leute bei der Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement. © p

Selbstloses Engagement für die Gemeinschaft ist selten geworden. Erst recht in jungen Jahren. Umso höher ist die Tatkraft zu bewerten, die der 23-jährige Simon Neidig in den Musikverein Münster steckt.

Münster - Schon mehr als fünf Jahre lang. Vom Chef der Hessischen Staatskanzlei, Axel Wintermeyer, wurden er und 13 andere junge Leute mit dem #Youngagiert-Award für ihr Ehrenamt in den Jahren 2021 und 2022 ausgezeichnet. Nur durch sie könnten Vereine und Initiativen in der Zukunft weiter bestehen, sagte Wintermeyer bei der Verleihung in Frankfurts Goethe-Uni.

In Neidigs Fall lag das Augenmerk besonders auf der Produktion von Youtube-Videos, mit denen der Klarinettist während der Pandemie seinen Verein am Leben und die Musiker am Musizieren hielt. Zuvor hatte er als Leiter des vereinsinternen Jugendausschusses schon etliche Stunden in die Vereinsarbeit gesteckt.

Seine musikalische Laufbahn begann 2008, als er in der dritten Klasse war. Der kleine Simon wollte gern Trompete lernen. Oder Saxofon. „Aber für Trompete hatte ich noch nicht alle Zähne. Und fürs Saxofon waren meine Finger nicht groß genug.“ Also probierte rt die Klarinette aus. Damals mit dem Hintergedanken, wegen der Ähnlichkeit der Mundstücke irgendwann doch aufs Saxofon umsteigen zu können.

Zwei Jahre lernte und spielte Simon Neidig zusammen mit anderen Kindern in der Jugendband und nahm nebenbei Einzelunterricht, dann wechselte er ins Jugendorchester. Bei den „Festlichen Konzerten“ in der Gruppe vor großem Publikum zu musizieren, war ein anderes Kaliber. „Das macht Spaß“, sagt er. Früher als Knirps wie auch heute als Erwachsener im großen Orchester des Vereins. Vom Umstieg aufs Saxofon ist nicht mehr die Rede: „Inzwischen bin ich sehr glücklich mit der Klarinette.“

Überhaupt ist es das gemeinsame Spiel mit anderen und für andere, was Neidig gefällt. Und das Vereinsleben an sich. Deswegen ging er um 2015 als Beisitzer in den Jugendausschuss und fungierte etwa zwölf Monate später als Jugendpressewart. Für zwei Jahre. 2018 wurde er Leiter im mittlerweile neunköpfigen Jugendausschuss. „Schon als Beisitzer habe ich gemerkt, dass man hier selbst etwas bewegen kann, sei es das Drucken von T-Shirts fürs Jugendorchester oder das Organisieren einer Kanufreizeit“, meint er heute. „Das war cool!“

2017, als er ein bisschen Luft nach dem Abi hatte, gestaltete der jetzige Student der Wirtschaftsinformatik die vereinseigene Webseite mvm1914.de neu. Und zwar so, dass sie nun leicht von mehreren Leuten gepflegt werden kann und so immer auf dem neuesten Stand bleibt. „Das ist wichtig bei einem Verein“, findet er. Genauso wie die Nachwuchsgewinnung, denn damit krankt es bei etlichen Vereinen mit kulturellem Hintergrund. Auch beim Musikverein ist es weniger geworden mit der jungen Nachkommenschaft, wenngleich die sich immer noch auf ordentlich hohem Niveau befindet. Konkret bedeutet das: Als Neidig 2008 mit der Jugendband startete, waren es zehn Kinder, die sich jedes Jahr neu gruppierten. Heute finden sich nur alle zwei Jahre zehn Anfänger. Im Jugendorchester waren damals 70, heute nur 30.

„Es ist so schön, bei einem Auftritt die Freude in den Gesichtern der Kinder zu sehen“, ist er nicht müde zu betonen. Eine Erfahrung, die er ganz vielen wünscht. „Herkommen und ausprobieren“, rät er. Damit sein Verein möglichst lange weiterbesteht, macht Teamplayer Neidig, der bis zum Studium an der TU Darmstadt zusätzlich Handballer war, gern Werbung. So wie es ihm eben möglich ist. Seine Auszeichnung ist da eine gute Gelegenheit, aber auch die schon angesprochenen Videos.

Wie es dazu kam? „Der Verein lebt von der Gemeinschaft. Und als wir beim ersten Lockdown nicht gemeinsam proben durften, haben wir überlegt, was wir stattdessen tun können“, erklärt der junge Mann. Die Idee: Jeder Musiker nimmt sich selbst daheim bei einem vorgegebenen Stück auf und der IT-affine Neidig mischt die Tonspuren am Computer zusammen. Gesagt, getan – zu verlieren hatte er ja nichts.

Gestartet wurde mit der Eurovisions-Fanfare aus dem Fernsehen. Jeder bekam die Noten und zusätzlich ein Dirigat des Dirigenten Piotr Konczewski geschickt, damit sich später nicht die Tempi der Rücksendungen unterschieden. Tja, und dann legte Neidig 53 Musikdateien von allen drei Orchestern des Vereins übereinander und stellte das Ergebnis auf Youtube.

Fünf Videos entstanden auf diese Weise während des ersten Lockdowns. Und beim zweiten Lockdown gab es jede zweite Woche ein neues. „Nachdem ich Routine hatte, brauchte ich etwa eineinhalb Tage für ein Video.“ Das Jackson-Five-Video mit „I’ll Be There“ etwa fuhr 478 Aufrufe ein.

Um die Anzahl der Klicks ging es Neidig und dem Verein gar nicht. Die Aktion regte vielmehr die Mitglieder zum persönlichen Austausch über die sozialen Medien an. „Zuvor war die Vereinsinteraktion völlig flachgefallen“, so Neidig. Da sei es toll gewesen, dass die Leute wieder Freude am Miteinander hatten – und natürlich am musikalischen Ergebnis.

Für den jungen Hobby-Klarinettisten hat Corona übrigens noch etwas Positives gebracht: „Ich habe mir beim Verein ein Tenorhorn ausgeliehen und es mir ein wenig selbst beigebracht“, erzählt er augenzwinkernd. (Isabel Hahn)

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