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Wohnungen sollen nicht „verscherbelt“ werden – Kehrtwende in Verkaufsfrage?

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Einen erheblichen Sanierungsstau weist das gemeindeeigene Gebäude an der Goethestraße auf. Ob sich die Gemeinde selbst an die Instandsetzung wagt, soll im Herbst entschieden werden.
Einen erheblichen Sanierungsstau weist das gemeindeeigene Gebäude an der Goethestraße in Münster auf. Ob sich die Gemeinde selbst an die Instandsetzung wagt, soll im Herbst entschieden werden. © zeta

Das Angebot wirkt zunächst verlockend: Knapp 7,3 Millionen Euro stellte ein Investor Münster für den Erwerb von 106 Wohnungen in Aussicht.

Münster - Das Kaufangebot erhielt die Gemeinde bereits im Januar. Inzwischen haben Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) und Vertreter der Fraktionen den potenziellen Investor in Limburg besucht und dort „wertvolle Informationen und positive Eindrücke“ erhalten, wie es der Rathauschef in der Haupt- und Finanzausschusssitzung am Dienstag formulierte. Allerdings zeichne sich nun auch ab, dass der Verkauf der Wohnungen an die Amadeus-Gruppe nicht mehr auf eine politische Mehrheit treffe. „Deshalb werde ich diese Option nicht weiter verfolgen“, kündigte Schledt an.

Dass der Verkauf der gemeindlichen Sozialwohnungen überhaupt zur Diskussion steht, ist in dem gewaltigen Sanierungsstau begründet. Für Unterhalt und Instandsetzung hatte die Gemeinde seit Jahren zu wenig Geld aufgewendet. Zwischen 2011 und 2021 hatte Münster 912 000 Euro für die Instandhaltung ausgegeben. Die Investitionen beliefen sich im gleichen Zeitraum auf 1,3 Millionen Euro.

Münster: Kosten steigen wahrscheinlich weiter

Nun müsste die Gemeinde mehr als 16 Millionen Euro aufbringen, um ihre Immobilien zu ertüchtigen und den Erhalt zu sichern. Die Verwaltung wies darauf hin, dass die Kosten wahrscheinlich noch steigen würden. Auch müssten die üblichen Unterhaltskosten in die Ergebnishaushalte eingearbeitet werden. Dadurch würden in den nächsten Jahren erhebliche Defizite entstehen. Die Kommunalaufsicht werde Etats mit einem Minus von 800 000 Euro und mehr nicht genehmigen. Möglichkeiten zur Gegenfinanzierung müssten also erarbeitet werden.

Vor wenigen Wochen noch schien es, als seien solche Überlegungen nicht mehr nötig. Die politische Mehrheit für den Verkauf der Wohnungen an einen Investor galt als sicher. CDU und FDP hatten argumentiert, dass die Gemeinde Investitions- und Unterhaltungskosten nicht leisten könne, man die Immobilien deshalb abstoßen müsse, damit ein Investor die aufwendige Sanierung übernimmt. Der Verkaufserlös werde die Gemeindekasse aufbessern. Der Investor könne vertraglich verpflichtet werden, auch nach Übernahme der Gebäude günstigen Wohnraum anzubieten.

Grundstücke in Münster „sind unser Tafelsilber“

Nun hat die CDU den Fokus stärker auf den Wert der Gebäude und vor allem der Grundstücke gerichtet. „Sie sind unser Tafelsilber“, sagte CDU-Fraktionschef und Ausschussvorsitzender Thorsten Schrod. „Wir wollen nicht, dass das Vermögen der Gemeinde verscherbelt wird.“ Von den rund 11 000 Quadratmetern Grund und Boden und 5 371 Quadratmetern Wohnfläche wollen sich auch die Christdemokraten nun nicht mehr trennen.

Damit nähern sie sich der SPD an, die von Anfang an die Position vertrat, die Immobilien im Bestand zu halten. Die Sozialdemokraten hatten mehrfach die Befürchtung geäußert, dass bei einem Verkauf der Gebäude die Gemeinde ihre Entscheidungskompetenzen verlieren werde. Man könne dann nur noch zusehen, wie die einstigen Sozialwohnungen an den freien Wohnungsmarkt fallen. Die Folge seien stark steigende Mieten und die Verdrängung der Mieter, unter ihnen viele Senioren mit kleiner Rente.

Wie steht es um die Sozialwohnungen in Münster?

Zwar gibt es noch keinen Beschluss dazu, wie es mit den Sozialwohnungen weitergehen soll. Doch eine Tendenz zum Verbleib der Immobilien in Gemeindebesitz war in der Ausschusssitzung deutlich. Das Gremium begann bereits, Ideen zu sammeln, wie die Sanierung der Gebäude finanziert werden könnte. Von einer etwa dreiprozentigen Mieterhöhung über eine Anhebung der Grundsteuer bis zur Verwendung von Geld aus Bausparverträgen überzeugte kein Vorschlag.

Aus mehreren Förderprogrammen könnten zwar Zuschüsse generiert werden. Doch auch dann müsste die Gemeinde die Maßnahmen vorfinanzieren. Die Ausschussmitglieder verständigten sich darauf, die Eindrücke und Überlegungen in die Sommerpause mitzunehmen und im Herbst abschließend zu beraten.

Häuslebauern winkt in Münster wahrscheinlich eine neue Chance: Die Gemeinde will am Werlacher Weg auf 4 100 Quadratmetern neuen Wohnraum ermöglichen. (zeta)

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