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Wenn es dunkel und kalt wird in Eppertshausen

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Von: Ralf Enders

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Campingküche in der Wohnung: Bei einem Stromausfall muss man beim Kochen improvisieren. Für hilfsbedürftige Personen setzt die Gemeinde Eppertshausen auf ihr Angebot in der Bürgerhalle, aber auch auf privates Engagement.
Campingküche in der Wohnung: Bei einem Stromausfall muss man beim Kochen improvisieren. Für hilfsbedürftige Personen setzt die Gemeinde Eppertshausen auf ihr Angebot in der Bürgerhalle, aber auch auf privates Engagement. © dpa

Wer vor einem Jahr noch über einen längerfristigen Strom- und Gasausfall sinniert hätte, wäre allenfalls belächelt worden. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Energiekrise ist das Szenario aber nicht mehr unwahrscheinlich. Eppertshausen bereitetet sich, wie die anderen 22 Kommunen im Landkreis und der Kreis selbst, darauf vor.

Eppertshausen - „Wir haben zur Probe im Rathaus schon mal den Strom abgestellt, um Abläufe realistischer zu üben“, berichtet Bürgermeister Carsten Helfmann (CDU). Hintergrund der Vorbereitungen von Kommunen, Landkreis und Katastrophenschutz ist eine Anweisung des hessischen Innenministeriums unter dem Stichwort „Betreuungsplätze 50“. Heißt auch für Eppertshausen: Die Gemeinde bietet im Falle eines Blackouts – angenommen wird ein Stromausfall von 72 Stunden – 50 Bürgern eine Übernachtungsmöglichkeit (auf Feldbetten oder Turnmatten), Essen und Wärme. Der „Leuchtturm“, also die Anlaufstelle, ist die Bürgerhalle. Bei Bedarf können Helfmann zufolge auch die Mehrzweck- und die Sporthalle bedürftigen Menschen ein Obdach bieten.

„Es gibt drei Szenarien“, erläutert Helfmann, der auch Vorsitzender der Bürgermeisterkreisversammlung ist: ein technischer Angriff auf die sogenannte kritische Infrastruktur, eine Cyber-Attacke sowie eine Strom- und Gasmangellage. Das Ergebnis ist jedes Mal das gleiche: Wenn es keinen Strom gibt, funktionieren auch Gasheizungen, Telefone und vieles mehr nicht. Dann müssen Stromaggregate helfen. Etwa zehn Stück davon gibt es in Eppertshausen. Neben fest installierten wie in der Bürgerhalle auch mobile auf Fahrzeugen, zudem bei Feuerwehr oder Bauhof.

Die Aggregate brauchen Diesel, alternativ Heizöl, und zwar jede Menge davon. 32 Liter verbrauche eines in der Stunde, berichtet der Bürgermeister. Macht für die angenommenen 72 Stunden mehr als 2 300 Liter Kraftstoff. Der will gelagert oder im Notfall beschafft werden. Also müssen Tanks gekauft werden. Und die Kläranlage etwa, die freilich auch funktionieren muss, liegt in einem Wasserschutzgebiet, dort darf ein Tank höchstens 1 000 Liter fassen. Solche Gegebenheiten, an die kaum jemand denkt, sind zu beachten.

Der Organisationsstab, der sich auch damit befasst, ist im Fall der Fälle im Rathaus, das auch Anlaufstelle für die Information der Bürger wäre. Ebenso wie das Feuerwehrhaus, wo neben den Wehrleuten auch Sanitäter ihr Lager aufschlagen würden. Die Stabsführung haben der Bürgermeister und der 1. Beigeordnete sowie der Gemeindebrandinspektor und sein Stellvertreter. Hinzu kämen bei Bedarf vier Fachbereichsleiter aus dem Rathaus und Bauhof-Mitarbeiter. Wächst sich der 72-Stunden-Ausfall zu einer veritablen Notlage aus sind irgendwann freilich auch die Kapazitäten der Kommunen erschöpft. „Dann müssen wir auf die Mithilfe Ehrenamtlicher bauen“, sagt Helfmann.

Überhaupt lasse sich nicht alles planen, und Solidarität der Bürger sei wichtig. „Wer einen Holzofen hat, kann seine Nachbarn einladen“, gibt der Bürgermeister ein Beispiel dessen, was er „aktive Nachbarschaftshilfe“ nennt. Vollkaskomentalität sei fehl am Platz. Zudem empfiehlt er private Vorsorge: „Lebensmittel für drei, vier Tage hat man ja ohnehin meist im Haus. Es empfiehlt sich auch, einfache Nahrung zu haben, die man notfalls ohne Erwärmen essen kann. Würstchen oder Ravioli.“ Hinzu käme zum Beispiel ein batteriebetriebenes Radio, Kerzen oder gefüllte Gasflaschen. Für die Notausstattung von Privathaushalten gebe es zahlreiche Leitfäden, auch im Eppertshäuser Rathaus liege einer aus.

Die Wasserversorgung ist laut Zweckverband Gruppenwasserwerk Dieburg (ZVG) gesichert; im Wasserwerk im Wald zwischen Eppertshausen und Hergershausen stehen Notstromaggregate.

Die Feuerwehrleute bereiten sich dagegen allerorten auf mehr Einsätze vor. Durch falsche oder zweckentfremdete Nutzung von Heizgeräten, Heizdecken oder Grills und durch offene Feuer sei mit mehr Bränden zu rechnen.

Dennoch: Panik, das ist ganz wichtig, soll nicht geschürt werden. Es geht Helfmann zufolge darum, realistisch Gefahren einzuschätzen und sich besonnen darauf vorzubereiten.

Hilfsbedürftige sollen sich melden

Wer ist eigentlich bedürftig und wird im Notfall in der Bürgerhalle betreut? Die Gemeinde hat alle Einwohnerdaten, klar. Auch auf Papier für den Stromausfall. Aber daraus lässt sich nicht alles ersehen, etwa nicht, wer auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist. Pflegedienste dürfen aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben. Bürgermeister Helfmann fordert daher betroffene Menschen explizit dazu auf, sich jetzt schon im Rathaus zu melden, damit sie im Notfall versorgt werden können: z 06071 300940 (Lutz Murmann), 300941 (Armin Ouaajoura) oder per Mail an soziales@eppertshausen.de. (Ralf Enders)

Die Bürgerhalle in Eppertshausen, hier bei einer Impfaktion im vergangenen Jahr, soll bei einem Strom- und Gasausfall bedürftigen Bürgern Wärme, Essens- und Schlafgelegenheiten bieten.
Die Bürgerhalle in Eppertshausen, hier bei einer Impfaktion im vergangenen Jahr, soll bei einem Strom- und Gasausfall bedürftigen Bürgern Wärme, Essens- und Schlafgelegenheiten bieten. © archiv

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