19 Hilfstransporte aus Neu-Isenburg

Seit vielen Jahren unterstützt die Neu-Isenburger Hilfsaktion „...täglich Brot für Beregovo“ die arme Bevölkerung in der West-Ukraine. Seit dem Beginn des russischen Angriffs wird unermüdlich versucht, die Not zu lindern.
Neu-Isenburg – „Ich mache so lange weiter, wie ich die Kraft dazu habe.“ Anstrengende Monate liegen hinter Jutta Loesch und ihrer Hilfsaktion „...täglich Brot für Beregovo“ für die West-Ukraine. Seit dem russischen Überfall am 24. Februar vor einem Jahr hat sie mit der Unterstützung vieler versucht, angesichts der unermesslichen Not so gut es geht zu helfen. Zweimal konnte sie in dieser Zeit Beregovo besuchen. „Mehr denn je brauchen die Menschen dort unsere Unterstützung“, sagt die 81-Jährige. Und das ist Ansporn für sie, weiterzumachen.
50000 Flüchtlinge in Beregovo
Das humanitäre Hilfsprojekt über das dortige Diakonische Office (DO) der reformierten Gemeinde läuft bereits seit 2001, um die Not der armen Bevölkerung zu lindern und barmherzig zu handeln. Jährlich wurden bis 30 Tonnen Sachspenden nach Beregovo geliefert und verschiedene Projekte umgesetzt. Dazu zählen nicht nur die Verpflegung durch Brot und warmes Essen, sondern auch die Errichtung eines Alten- und Demenzheims, eines Mutter-Kind-Hauses und vieles mehr. Nach dem russischen Überfall konnte auf den Strukturen aufgebaut werden. Die Hilfe wurde aber dringlicher, da in Beregovo 50 000 Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, aus dem Osten der Ukraine und 700 unbegleitete Mädchen und Jungen gestrandet sind. Seitdem konnten von Neu-Isenburg aus 19 Transporte geschickt werden, die jüngsten am 15. Februar. Insgesamt sind es 69.
„Früher haben wir vor allem Sachspenden wie Stoffe, Kleider oder Spielsachen geschickt, mittlerweile reagieren wir auf die aktuellen Bedürfnisse, die sich ändern“, berichtet die Pfarrersfrau, die engen Kontakt zu Béla Nagy, dem Leiter des Diakonischen Office, hält. Zuerst waren es Mehl, Reis und Zucker, dann Matratzen für die Flüchtlinge sowie aktuell Konserven. Durch ihre guten Kontakte und bundesweite Vernetzung gelingt es ihr immer, das Benötigte zu bekommen und nach Beregovo zu bekommen. Direkt in den Ort gehen die Transporte nicht, sondern zu einem gesicherten Depot im nahe gelegenen Ungarn. Dort holen DO-Mitarbeiter, was benötigt wird. „Das ist eine richtige Ameisenstraße“, meint Loesch. Dafür kommt auch ein kleiner Bus zum Einsatz, der mit Unterstützung aus Neu-Isenburg angeschafft werden konnte.
Geldspenden als zweites Standbein
Neben den Sach- sind Geldspenden das zweite Standbein des Hilfsprojekts – in Kooperation mit der Aktion „Neu-Isenburg hilft“, die nach dem 24. Februar 2022 ins Leben gerufen wurde. Beinahe 120 000 Euro flossen bis zum Jahresende über ein ungarisches Konto in das Diakonische Office. Damit konnten wichtige Projekte umgesetzt werden. Dazu zählen die Renovierung von Schulküchen und Räumen, die Verlegung von Wasser- und Stromleitungen sowie die Anschaffung eines Großküchenkühlschranks und weiterer Utensilien, um die tägliche Zubereitung des Frühstücks und Mittagessens zu verbessern. Um sich den Bedürfnissen der Flüchtlinge anzupassen, wurden fünf kleine Wirtschaftszentren eingerichtet, jeweils mit Herd, Kühlschrank und Waschmaschine. Einer der jüngsten Hilfstransporte enthielt auch einen mit den Geldspenden angeschafften Generator, der seit 2. Januar im Einsatz ist, insbesondere um wieder Brot zu backen und in der Küche den Herd für die Suppe weiter zu betreiben. „In Beregovo fällt oft bis zu 20 Stunden der Strom aus – mit allen damit verbundenen Einschränkungen“, berichtet Loesch. Das ist die direkte Folge der russischen Angriffe auf die Infrastruktur. Der dringend benötigte Generator konnte mit Unterstützung von „Isenburg hilft“, dem Landratsamt des Kreises, dem Gustav-Adolf-Werk Hessen-Nassau und der evangelischen Organisation „Hoffnung für Osteuropa“ finanziert werden. Mitgeschickt wurden weitere kleinere Generatoren.
Zweimal zu Besuch
Die 81-Jährige war seit dem 24. Februar 2022 zweimal in Beregovo. „Und ich will im März wieder hin.“ Die Situation stellte sich unterschiedlich dar. „Im Mai wirkte alles gut organisiert. Man hatte durch die Flüchtlingskrise infolge der Krim-Annexion 2014 und der Auseinandersetzung im Donbass gelernt“, berichtet sie. Anders sah es im September durch die unermessliche Zahl an Flüchtlingen aus. Sie sah zudem viele Bilder von Gefallenen, von denen Loesch etliche kannte.
Beim Blättern durch ein Fotoalbum von ihr wird die ganze Not deutlich. Auf einem Bild sind leere Stühle mit Tüten und Taschen zu sehen. „Darin ist das ganze Hab und Gut enthalten, das die Flüchtlinge mitnehmen konnten“, berichtet sie. Die Bäckerei und die Küche sind im Dauerbetrieb. Wie Béla Nagy berichtete, wurden in den ersten sechs Monaten 35 815 Brote gebacken. Glücklicherweise gab es in Beregovo bislang keine russischen Raketenangriffe auf den Ort.
Herzensprojekt
Ein Herzensprojekt von ihr ist in den Hintergrund geraten. Loesch ist auch die Unterstützung eines bitterarmen Zigeunerdorfs (die Bewohneer nennen sich selbst so) am Rande von Beregovo wichtig. Angesichts der Verpflegung der vielen Flüchtlinge bleibt für diese kaum etwas übrig. Bei ihrem Besuch im März möchte sie da etwas in die Wege leiten.
Loesch dankt allen für die große Unterstützung und Hilfsbereitschaft und hofft, dass diese in der schweren Zeit nicht nachlässt. Um weiter schnelle Hilfe direkt zu leisten, werden Geldspenden bevorzugt. Aber auch Sachspenden werden von den fleißigen Packfrauen um Vera Henrice ab 4. März wieder angenommen – samstags zwischen 10 und 12 Uhr in der Hermannstraße 52 (Westphal-Gelände). Anfragen können per E-Mail gesendet werden unter info@taeglich-brot-fuer-beregovo.de.
Spendenkonto
Das Spendenkonto hat folgenden Nummer: DE 32505922000108534969
BIC GENODE51DRE
Stichwort: „Neu-Isenburg hilft / Ukraine“.
Von Holger Klemm
