Auf dem Weg zum Wohnzimmer in Neu-Isenburg

Das Ziel ist klar: Aus der sanierungsbedürftigen Hugenottenhalle und der Stadtbibliothek soll ein Kultur- und Bildungszentrum, ein „Dritter Ort“, mit ganz unterschiedlichen Angeboten und flexibel nutzbaren Räumen werden. Über die weiteren Schritte auf dem Weg zum „Wohnzimmer der Stadt“ und den Planungsstand berichtet Christopher George, seit 1. Juni Fachbereichsleiter des künftigen Zentrums. Dazu zählen neben einem Workshop auch Besuche bei Einrichtungen mit Modellcharakter in den Niederlanden.
Neu-Isenburg - Von außen mag es so scheinen, dass sich bei dem Prestigeprojekt wenig tut. Doch der Eindruck täuscht. Laut George ist die Bauvorplanung weit gediehen, die Ausschreibung für ein Planungsbüro, das dann die weiteren Schritte steuert, steht unmittelbar bevor. Die verfügbare Fläche für das künftige Zentrum soll von 10 000 auf 15 000 Quadratmeter erweitert werden. Auch wenn die bestehende Bausubstanz als Grundlage dient, schließt George Teilabrisse nicht aus.
Doch die Planung der Räume und Nutzungen – unter ihnen auch flexible für Kongresse und Tagungen – ist die eine Seite, auf der anderen Seite geht es darum, alle Leute und ihre Ideen mit einzubeziehen, die künftig in der Hugenottenhalle, Stadtbibliothek, Volkshochschule, Musikschule, Stadtgalerie und dem Stadtarchiv unter einem Dach arbeiten werden. Um die für Inhalte des Projekts zuständigen Fachbereiche räumlich zusammenzuführen, fand im April ein Workshop mit CPP Studios Offenbach statt.
Mit einer Kombination aus Vorträgen und Gruppenarbeiten wurden Synergien und Gemeinsamkeiten, notwendige Komponenten und eine Zielsetzung herausgearbeitet. Alle entstandenen Ideen wurden im Laufe des Tages präsentiert und ausgewertet. Die zentrale Erkenntnis aller Beteiligten war es laut George, „gemeinsam einen inspirativen Ort schaffen zu wollen, der bei allen Besuchern des Kultur- und Bildungszentrums Begeisterung am eigenen Entdecken und Gestalten entfacht, und als Bürgerservice so niedrigschwellig wie möglich ein breit gefächertes Kultur- und Bildungsangebot zu bieten“.
Für ihn war im Workshop deutlich zu spüren, wie alle fachbereichsübergreifend für die gemeinsame Sache brennen. „Uns alle eint, dass wir uns als Dienstleister am Bürger verstehen. Das Kultur- und Bildungszentrum wird der inspirative Werkzeugkasten für die Bürgerinnen und Bürger sein – und wir Mitarbeitenden werden dem Werkzeugkasten Leben und Authentizität einhauchen!“, verspricht er weiter.
„Dritte Orte sollen vor dem Hintergrund wachsender sozialer Ungleichheiten, Bildungsungerechtigkeiten und des Auseinanderdriftens der Gesellschaft eine inklusivere Gesellschaft in Neu-Isenburg ermöglichen“, betont die Stadtbibliotheksleiterin Dr. Annette Wagner-Wilke.
Aufbauend auf den Workshop schloss sich im Mai eine zweitägige Exkursion in die Niederlande an. Fokus war die Besichtigung bereits etablierter „Dritter Orte“ mit kombiniertem Betrieb aus Veranstaltungsort, Bibliothek und weiteren Nutzern. Dort wurden mit der Cultura in Ede, der LocHal in Tilburg und dem HUB in Kerkrade drei verschiedene Gebäudekomplexe und -lösungen besucht, um sich inhaltlich auf den anstehenden Realisierungswettbewerb für den Hallenumbau vorzubereiten.
Die Teilnehmenden zeigten sich beeindruckt, wie es dort gelingt, ganz unterschiedliche Angebote für verschiedene Gruppen in ansprechenden Räumen zusammenzuführen. George hebt als weiteren wichtigen Aspekt hervor, dass es keinen Konsumzwang gibt. Auch die Flexibilität fasziniert ihn. Im Cultura in Ede saßen die Neu-Isenburgerinnen und Neu-Isenburger an einem Tisch. Als sie nach einer Besichtigung dorthin zurückkehrten, waren dort Kinder vor Bildschirmen aktiv.
Wichtig ist ihm, dass die verschiedenen Einrichtungen in dem neuen Neu-Isenburger Zentrum selbstständig bleiben, aber eng zusammenarbeiten. So könnte es in der Bibliothek eine Lesung zu Italien geben. Danach geht es zu einem entsprechenden Kochkurs in der VHS und einem Italien-Konzert im Veranstaltungsraum.
Die Ideen beschränken sich nicht nur auf das Innere, George nimmt nach der Präsentation des Planungsstandes mit aufs Dach der Halle, das sich aktuell in einem öden Zustand präsentiert. Bibliotheksleiterin Dr. Annette Wagner-Wilke könnte sich dort einen ansprechenden Lesegarten vorstellen.
Die Ergebnisse des Workshops sowie ein Exkursionsbericht wurden dem Magistrat und dem Ausschuss für Kultur, Sport, Ehrenamt und Vielfalt präsentiert und Fragen beantwortet. Mit der unmittelbar bevorstehenden Ausschreibung für ein Planungsbüro, welches den notwendigen Realisierungswettbewerb für den Umbau anleiten und umsetzen wird, wird das Projekt Kultur- und Bildungszentrum einen weiteren Meilenstein erreicht haben, ist sich George sicher. Das im Anschluss an die Ausschreibung zu beauftragende Planungsbüro wird im Verbund mit den Fachbereichen einen konkreten und der aktuellen Situation angepassten Ablaufplan für den tatsächlichen Start des Umbaus erstellen.
„Bei einem so großen Projekt ist es wichtig, möglichst früh alle Beteiligten ins Boot zu holen und eine gemeinsame Zielrichtung zu vereinbaren. Daran arbeiten wir auf breiter Ebene“, betont Bürgermeister Gene Hagelstein. Er ist überzeugt, dass es gelingen wird, das beste Angebot zu entwickeln.
Von Holger Klemm

