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Ausstellung zu den drei Bahnhöfen in Neu-Isenburg

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Am 5. Oktober 1929 galt es, Abschied von der Waldbahn zu nehmen und die Straßenbahn zu begrüßen.
Am 5. Oktober 1929 galt es, Abschied von der Waldbahn zu nehmen und die Straßenbahn zu begrüßen. © -Stadtarchiv

Es gibt wohl nur wenige Städte in der Größe von Neu-Isenburg, die über drei Bahnhöfe verfügen. Darüber informiert eine neue Ausstellung im Stadtarchiv.

Neu-Isenburg – Mit gemütlichen Sitzgelegenheiten und Tischen, an denen Besucher in Ruhe recherchieren oder einfach nur bei einer Tasse Kaffee in einer alten Zeitschrift blättern können, hat sich das Stadtarchiv neu eingerichtet. „Es war uns wichtig, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und nach der langen Corona-Zeit mal wieder ein Signal zu senden:

Wir sind noch da“, sagt Stadtarchivarin Claudia R. Lack. Denn auch die Feier zum 20. Archiv-Geburtstag 2021fiel der Pandemie zum Opfer.

Die Arbeit ist Lack und ihrem rührigen Team von Ehrenamtlern aber dennoch nicht ausgegangen. „Wir haben noch nie so viel recherchiert wie in der Corona-Zeit“, erzählt Lack. Es sei schon beeindruckend gewesen, was die Leute alles an Themen entdeckt hätten – „von der Suche nach Ergänzungen zum Familienstammbaum bis zu Fragen rund um Neu-Isenburg ist alles dabei“.

Nun gibt es einen weiteren Grund für einen Besuch: die neue Ausstellung zum Thema „Neu-Isenburger Bahnhöfe im Laufe der Zeit“. Denn welche Kleinstadt, wie es Neu-Isenburg mit seinen jetzt ziemlich exakt 40 000 Einwohnern immer noch ist, verfügt gleich über drei Bahnhöfe? Das war aber auch schon so, als die Stadt noch nicht einmal halb so groß war. Aber genau genommen liegen nur zwei Bahnhöfe – jener der heutigen S-Bahn sowie der Ex-Güterbahnhof – auf Isenburger Gemarkung. Denn die Station der Waldbahn liegt auf Frankfurter Gebiet, wurde gezielt erbaut, um die Nachbarstädter ans Geschäftsleben anzubinden.

Als erster Bahnhof entstand die Haltestelle an der Main-Neckar-Bahn – damals weitab vom Zentrum. Zwar fuhr 1846 der erste Zug auf von Frankfurt nach Mannheim – doch leider an Neu-Isenburg vorbei. Einen Halt gab es nur in Langen. Neu-Isenburg, und insbesondere der Gastwirt Friedrich Engel, hatten sich zuvor dafür eingesetzt, die Trasse weiter östlich – also näher ans Zentrum – vorbeizuführen. Begründet wurde die Ablehnung mit den Baukosten wegen der besonderen geologischen Verhältnisse zwischen Sachsenhausen und Neu-Isenburg. Hier sollte der Höhenzug, auf dem die Sachsenhäuser Warte steht, wohl umgangen werden. Erst nach vielen Eingaben beim Großherzogtum erhielt Neu-Isenburg einen eigenen „Bahnhof“, der am 1. November 1852 in Betrieb genommen wurde – eingleisig, mit zwei Zügen am Tag.

„Das Gebäude konnte man zwar nicht als Bahnhof bezeichnen, es war mehr eine Baracke und stand zudem auf der Westseite der Gleise – die Leute mussten also erst über die Gleise, um einsteigen zu können“, beschreibt Heidelore Kretschmann vom Archiv-Team die unvorstellbare Situation. Insbesondere die Geschäftsleute hatten es schwer, denn sie mussten ihre Waren entweder weit zum Bahnhof bringen oder von dort abholen. „Aber es war immerhin besser, als nach Langen oder Frankfurt zu fahren.“ Als die Strecke 1862 dann zweigleisig ausgebaut wurde, entstand auf der Ostseite das Bahnhofsgebäude.

Es folgte eine wechselvolle Geschichte. Deren überregional bekanntestes Kapitel: Der Isenburger besaß vom 29. Mai 1961 bis zum 25. Oktober 2014 als einziger hessischer Bahnhof ein Verladeterminal für Autoreisezüge.

Sie ist heute nicht mehr wegzudenken: Die Straßenbahn, die von der Stadtgrenze aus nach Frankfurt fährt. Auch ihrem Vorläufer, der Waldbahn, ist ein Teil der Ausstellung, die auf Texten der Historikerin Dr. Heidi Fogel basiert, gewidmet. Zunächst trotz Bedenken der Stadtväter ab 1887 von privater Hand gebaut, fuhr die erste dampfende, festlich geschmückte Waldbahn am 4. Februar 1889 – und wurde mit Hurra von der Bevölkerung empfangen. Denn der Anschluss an die Mainmetropole war ein großer Fortschritt für das damalige 3000-Seelen-Dorf; und sorgte für einen Wachstumsschub.

Aber es war nicht jeder begeistert. Geschäftsleute sorgten sich vor der Frankfurter Konkurrenz. In ihrer Existenz bedroht sahen sich Fuhrwerksbesitzer, da vieler Güter nun mit der Bahn transportiert wurden. Die Anbindung brachte aber auch Vorteile mit sich: Erholungsbedürftige Frankfurter nutzten diese für eine Fahrt zu den Gaststätten in Neu-Isenburg.

Schließlich war die Waldbahn dem Aufkommen nicht mehr gewachsen. Allein: die wirtschaftliche schwere Zeit verhinderte eine schnelle Änderung. Den letzten Anstoß gab ein Vorfall am Ostermontag 1925, als zu viele Menschen in die Bahn wollten und eine Prügelei die Folge war. 1928 begann der Ausbau und am 5. Oktober 1929 nahm die elektrische Straßenbahn ihren Dienst auf.

Ab 1900 nahm der Güterverkehr massiv zu, es wurden pro Jahr rund 45000 Tonnen umgesetzt. Bereits 1873 hatte sich westlich des Bahnhofsgeländes die Firma Philipp Holzmann & Co. mit einer Ziegelei niedergelassen. Im gleichen Jahr wurden zwei Rangiergleise auf dem Ziegeleigelände und ein Anschlussgleis zum Bahnhof verlegt. Daraus entstand die Idee, eine Verbindung bis zur heutigen Stadtmitte zu bauen. Nach endlosen Verbhandlungen wurde der Bau genehmigt. Am 20. März 1903 wurde die 2,2 Kilometer lange Strecke für den Güterverkehr freigegeben und auch der Güterbahnhof eingeweiht.  lfp

Zeiten und Kontakt

Das Stadtarchiv, Frankfurter Straße 53-55 (erster Stock), ist dienstags von 13 bis 17 Uhr und freitags von 11 bis 13 und 14 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung (z 06102 249911) geöffnet.

Das Team des Stadtarchivs um Leiterin Claudia R. Lack (hinten, Dritte von links) im neu gestalteten Leseraum mit Erstem Stadtrat Stefan Schmitt (vorne, mit einem Schild des Autoreisezugs) sowie Maria Sator-Marx (von links) und Bettina Blüchardt.
Das Team des Stadtarchivs um Leiterin Claudia R. Lack (hinten, Dritte von links) im neu gestalteten Leseraum mit Erstem Stadtrat Stefan Schmitt (vorne, mit einem Schild des Autoreisezugs) sowie Maria Sator-Marx (von links) und Bettina Blüchardt. © -postl

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