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Betrug, Fälschung und Gewalt: Gericht fällt Urteil

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Das  Landgericht Darmstadt hat einen 58-Jährigen aus Neu-Isenburg nach einem langwierigen Prozess verurteilt.
Das  Landgericht Darmstadt hat einen 58-Jährigen aus Neu-Isenburg nach einem langwierigen Prozess verurteilt. © dpa-Symbolbild/Arne Deder

15 Verhandlungstage von April bis August, mehr als 60 Zeugen, eine Schrift-Sachverständige und als Ergebnis eine saftige Strafe: Das ist das Resümee des Prozesses gegen einen 58-jährigen aus Neu-Isenburg, der sich gleich vierer Straftatbestände schuldig gemacht hat.

Neu-Isenburg – Die Dritte Strafkammer des Landgerichts Darmstadt verurteilte den Deutsch-Albaner zu fünf Jahren und drei Monaten Haft wegen Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung, fünf Titelmissbräuchen, neun gewerbsmäßigen Betrügereien und 22 Urkundenfälschungen. Die ursprüngliche Anklage wegen Verstößen gegen das Ausländergesetz wurde fallen gelassen.

Besonders ungewöhnlich: Der Mann war bis zu seiner Inhaftierung im Juli 2020 nie strafrechtlich in Erscheinung getreten, arbeitete zuletzt als Fallmanager und Arbeitsvermittler bei verschiedenen Arbeitsagenturen. Trotz der langen Untersuchungshaft ordnete der Vorsitzende Richter Jens Aßling mit dem Urteil eine weitere Haftfortdauer an – die Fluchtgefahr ist wohl zu hoch.

Allein die Hälfte der Strafjahre verdankt der Angeklagte der Anstiftung zur Körperverletzung. Er soll zwei Landsleute beauftragt haben, dem Ex-Freund seiner Frau einen Denkzettel in Form von vier Schlägen auf den Kopf zu verpassen. Die Order endet in einer Katastrophe. Am 25. Januar 2019 lauern die jungen Männer dem 46-Jährigen vor dem Isenburg-Zentrum auf, schlagen und treten ihn nieder. Auf dem Boden liegend zieht der ehemalige Polizist ein Messer und sticht viermal in die Brust des 25-Jährigen.

Beide Angreifer fliehen ein paar hundert Meter weiter, der 22-Jährige muss mit ansehen, wie sein Freund auf der Straße stirbt. Das Verfahren gegen ihn läuft derzeit noch bei der Staatsanwaltschaft Offenbach. Vor Gericht sitzt er als Zeuge wie ein Häufchen Elend, belastet den Angeklagten schwer, der bis zuletzt abstreitet, den brutalen Auftrag erteilt zu haben.

Hier schließt sich der Kreis zu den anderen Straftaten. Die beiden jungen Männer sollen, so wie Dutzende andere Albaner auch, „Kunden“ des Isenburgers gewesen sein. Denn im Nebenjob arbeitete der Angeklagte in einer Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt, war dort mit Beratungs- und Verwaltungstätigkeiten betraut. In erster Linie ging es dabei um Aufenthaltstitel für Landsleute, um die er sich, mit Vollmachten der Kanzlei ausgestattet, selbstständig kümmerte. Die Kunden traf er überwiegend in Lokalen, dabei wanderte üblicherweise Bargeld über den Tisch – das er angeblich an die Kanzlei weitergab. Mit gefälschten Dokumenten wie Arbeitsverträgen erschlich der Angeklagte die begehrten Dokumente bei Ausländerbehörden und Konsulaten. Fast alle Zeugen bekunden, dass der Deutsch-Albaner sich als Anwalt ausgegeben habe, was er vor Gericht bis zuletzt bestreitet. 21 000 Euro und 5 000 Dollar soll er zwischen 2011 und 2020 auf diese Weise erwirtschaftet haben.

Noch in seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung wirft er der Polizei schwerwiegende Fehler vor, er sei bei seiner Festnahme mit Gewalt bedroht, bei der Vernehmung unter Druck gesetzt worden. Mit einem zehnminütigen Erguss fasst er sich relativ kurz. Kammer und Staatsanwaltschaft hatten sich am Schluss noch einmal auf längere Ausführungen eingestellt. Denn der Vater zweier Kinder ist ungewöhnlich redegewandt und verteidigt sich im Grunde selbst. In seiner Heimat will er ein Philosophiestudium abgeschlossen haben, in Deutschland den Magister in Politikwissenschaften. Außerdem habe er ein paar Semester Jura studiert. Mit seinem Anwalt ist er sich nach den vielen Verhandlungstagen ohnehin nicht mehr einig.

Gegen das Urteil will der Isenburger in Revision gehen. Dafür hat er sich schon einen neuen Verteidiger gesucht.

Von Silke Gelhausen

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