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Damit Neu-Isenburg ein bisschen schöner wird

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Sisyphusarbeit mit der Greifzange: Bei jedem Wetter ist Mark Granatmann mit dem Bollerwagen in der Stadt unterwegs und sammelt den Müll anderer Leute auf.
Sisyphusarbeit mit der Greifzange: Bei jedem Wetter ist Mark Granatmann mit dem Bollerwagen in der Stadt unterwegs und sammelt den Müll anderer Leute auf. © air

Solche Menschen braucht das Land: Bei seinem Rundgang durch die Stadt Neu-Isenburg hat er immer einen Müllsack dabei. Er bückt sich und greift nach Pappbechern und Pizzaschachteln oder nimmt den Abfall mit einer Zange auf. Er ist stets mit offenen Augen und kritischem Blick unterwegs. Funktionieren die Ampeln? Sind die Verkehrsschilder in Ordnung? Hat die Dog Station noch genügend Tüten? Mark Granatmann ist einer von rund ein Dutzend Stadtkümmerern, hilfsbereit und immer im Dienst für die Allgemeinheit.

Neu-Isenburg - Es geht ihm so wie vielen Hundebesitzern. Bei Wind und Wetter muss er raus. Aber nicht Gassi gehen, er hat auch keine Leine an der Hand, sondern zieht einmal die Woche bei seinem Rundgängen durch die Stadt drei, vier Stunden lang seinen Bollerwagen mit Müllsäcken hinter sich her. Als sogenannter Stadtkümmerer, die mit dem Dienstleistungsbetrieb (DLB) zusammenarbeiten, hat er sich für die ehrenamtliche Aufgabe entschieden, die Stadt ein bisschen schöner zu machen.

Der 36-jährige Neu-Isenburger beseitigt Probleme, meldet Mängel und findet Lösungen, wenn beispielsweise einmal eine Straßenlaterne kaputt ist, ein Auto ein Verkehrsschild angefahren hat, Einkaufswagen in der Gartenstraße herumstehen oder Kaugummis und Zigarettenkippen auf dem Gehweg liegen. Auch nach diesen kleinen Teilen, die die Stadt verschmutzen, greift er.

Im Bollerwagen liegen neben den schwarzen Säcken eine lange Zange, Besen und Kehrschaufel. „Ich trenne den Müll selbstverständlich, Glas, Plastik, Metall – alles kommt in Extra-Tüten. „Ordnung muss sein“, sagt der Mann, der das Saubermachen, Reinigen und Beseitigen von Abfall zu einem festen Bestandteil in seinem Leben gemacht hat. Hauptberuflich reinigt er am Frankfurter Airport die Kabinen der Flugzeuge, ehrenamtlich hält er Neu-Isenburg sauber und macht die City lebenswerter und liebenswerter.

Mark Granatmann ist auf den Hund gekommen, obwohl er gar keinen Vierbeiner besitzt. Der Stadtkümmerer greift mit Handschuhen und Tüte nach Hundekot, der hie und da auf Grünstreifen und Bürgersteigen zu finden ist, obwohl es in der Stadt knapp 70 Dog Stationen, Abfalleimer und Tüten für Hundekot, gibt. Das Problem ist nicht Bello, sondern der Mensch am anderen Ende der Leine, wo die Tierliebe groß und der Verstand klein ist. Nach Auskunft des DLB hinterlassen rund 2 000 Vierbeiner täglich beim Gassi gehen im Jahr insgesamt 200 Tonnen Kot. 300 000 Tüten werden per annum verteilt, dennoch bleibt viel liegen. Die stinkenden Reste sammelt Mark Granatmann auf – freiwillig.

Den Job kann man mit Geld nicht bezahlen. „Ich will dafür nichts haben, ich mache das gern für die Allgemeinheit“, sagt der Vater von zwei Kindern, der es mag, wenn es aufgeräumt und sauber ist und wenn auf den Straßen und Plätzen kein Müll liegt. Sein selbst gewählter Arbeitsweg durch die Stadt ist kein Spaziergang, doch „ich bin wetterfest, das kostet mich auch bei Regen keine Überwindung. Mir ist immer warm. Ich bin ein Energiebündel.“ Unterwegs liegt allerlei herum. Wenn der gebürtige Frankfurter einmal einen Schlüsselbund, ein Portemonnaie oder andere Wertsachen findet, bringt er sie zum Fundbüro ins Bürgeramt. „Finderlohn will ich nicht. Ist doch Ehrensache“, sagt der ehrliche und gutherzige Mann, der sich freut, wenn es auf den Straßen und Plätzen in „Iseborsch“ mal so aussehen würde, wie in Singapur: Alles wie geleckt.

„Das wär´ ein Traum“, sagt der Mann, der seine Motivation für das Ehrenamt aus der Anerkennung und dem Lob der Bürgerinnen und Bürger schöpft. Wenn sie Mark Granatmann sehen, gibt es oft ein Dankeschön und am Gartenzaun freundliche Worte für den Stadtkümmerer, der pflichtgemäß seinen Dienstausweis Nummer 166 bei sich trägt. Das Dokument und seine Aufgaben berechtigen ihn, gegen Menschen, die Müll wegwerfen oder Abfall illegal entsorgen, vorzugehen und von ihnen ein Verwarnungsgeld zu kassieren. „So weit ist es aber bisher noch nicht gekommen“, sagt der freundliche Mann, der sich darüber aufregen kann, wenn jemand im Vorbeifahren eine Kippe oder Abfall aus dem Autofenster wirft.

Sein Engagement gibt ihm ein gutes Gefühl und sein Einsatz ist ein Gewinn für alle. Weniger Dreck in der City, keine überquellenden Papierkörbe – und doch wird Neu-Isenburg nie wie Singapur, denn die Müllbeseitigung ist wie eine Sisyphusarbeit. „Heute sammelst du den Abfall ein, morgen liegt er wieder da.“ Mark Grantmann wird aus einer Grundüberzeugung heraus aktiv, die an die Worte des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy erinnern. Der sagte einst sinngemäß, fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, sondern fragt, was ihr für euer Land machen könnt.

Mark Granatmann will noch viel für sein Land und die Menschen in Neu-Isenburg machen. Seine aktuelle Aktion hilft den Bewohnerinnen und Bewohnern des Mehrfamilienhauses in der Carl-Ulrich-Straße, die nach einem Großbrand ihr Zuhause verloren haben. Der Stadtkümmerer hat Bürgermeister Herbert Hunkel gebeten, Flyer für einen Spendenaufruf drucken zu lassen. Der Vorschlag werde umgesetzt, sagt Granatmann.

Bis das Papier vorliegt und er die Flyer an die Haushalte in der Stadt verteilen kann, muss er sich weiterhin mit den Auswirkungen von Corona beschäftigen. Es gibt Tausend Gründe, warum mit der Pandemie bald Schluss sein sollte. Der Stadtkümmerer nennt einen: In vielen Straßen liegen verlorene und alte Masken herum.  air

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