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Gene Hagelstein: „Bürgermeister ist und bleibt mein Traumjob“

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Von: Holger Klemm

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Bürgermeister Gene Hagelstein zieht nach einem Jahr im Amt eine positive Bilanz. Das
Bürgermeister Gene Hagelstein zieht nach einem Jahr im Amt eine positive Bilanz. © postl

Bereits seit einem Jahr ist Gene Hagelstein Bürgermeister von Neu-Isenburg. Im Interview spricht er über die vergangenen Monate und anstehende Projekte.

Neu-Isenburg – Seit genau einem Jahr ist Gene Hagelstein (55) heute Bürgermeister von Neu-Isenburg. Der Sozialdemokrat war damals der Überraschungssieger der Wahl. Wie hat er den Perspektivenwechsel von der parlamentarischen zur regierenden Seite erlebt? Wir haben ihn um eine erste Bilanz gebeten – und mit ihm über die nächsten Herausforderungen gesprochen.

Wie fühlen Sie sich nach einem Jahr im Amt? Nach 100 Tagen haben Sie sich im Interview ja positiv überrascht geäußert. Ist es dabei geblieben?

Ja. Absolut. Natürlich, nach einem Jahr stecke ich viel stärker in den Prozessen drin. Und sehe auch Abläufe viel klarer als in der Vergangenheit, und das ist auch extrem hilfreich. Also die Stadtverwaltung ist immer noch, wie ich es damals sagte, sehr gut aufgestellt, und die Zusammenarbeit, die funktioniert. Ich bin immer noch schwer beeindruckt von der großen Kompetenz, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Haus haben.

Bürgermeister von Neu-Isenburg im Interview: Hagelstein lobt Zusammenarbeit mit überregionalen Träger

Was ist gut gelaufen? Und was hätte besser laufen können?

Was ist gut gelaufen? Also die Zusammenarbeit insbesondere mit den überregionalen Trägern, zum Beispiel mit der RTW, die läuft ziemlich gut. Und dieser Austausch, den hatte ich am Anfang in der Tiefe nicht; da muss ich sagen, das ist schon sehr beeindruckend. Gleichzeitig merke ich, wie viel mit Kommunikation zu tun hat. Ich bin schon ein sehr kommunikativer Mensch, ich glaube, das ist auch eine Stärke. Auf der anderen Seite sehe ich, dass wir sehr viele Mitwirkende an den verschiedenen Projekten haben und wie oft es passiert, dass ich fünf Mitspieler habe, und vier waren am Tisch. Also das ist natürlich eine sehr spannende Sache, zu gucken: Habe ich tatsächlich alle Akteure am Tisch, das ist eine richtige Herausforderung. Funktioniert manchmal besser – und manchmal weniger gut. Das kann ich ganz klar sagen.

Und was hätte dann besser laufen können?

Es ist schwierig zu sagen, was besser hätte laufen können, weil ich nicht sehe, dass etwas wirklich schlecht läuft. Der Punkt ist: Wie stelle ich Prozesse dar? Woran hängt etwas? Mehr Transparenz ist sicherlich noch mal einen Ticken notwendiger. Aber wie schaffe ich diese Transparenz, sodass es tatsächlich für die Leute erfassbar ist? Und nicht zu Verwirrung führt? Das ist eine große Herausforderung. Ich glaube, da ist das große Problem, wo wir wirklich noch Verbesserungspotenzial haben. Ich meine, das kriegen Sie ja auch mit. Ansonsten ist die Schlagzahl und die Aktivität, die Neu-Isenburg in den verschiedenen Bereichen hat, enorm hoch. Also wenn ich mir anschaue, die Gespräche mit den Unternehmen, und da auch die positiven Rückmeldungen, wie sich Geschäfte entwickeln, das hätte ich nach Corona und nach der Energiekrise in der Form gar nicht erwartet. Ich hätte erwartet, dass wir hier richtig Dämpfer erleben. Aber Sie haben ja auch die Wirtschaftszahlen von 2022 gesehen, die gut sind. Und die Rückmeldungen von den Unternehmen sind durch die Bank weg mir gegenüber immer noch gut. Auf der anderen Seite muss ich sagen, die Gewerbesteuer ist hochgradig volatil. Und das macht es natürlich extrem schwierig, vernünftig zu planen.

Bürgermeister von Neu-Isenburg im Interview: Der Alte Ort liegt Hagelstein am Herzen

In dem Interview nach 100 Tagen haben Sie ja gesagt, dass sich am Marktplatz dringend etwas tun muss. Bislang ist dort allerdings nichts passiert.

Na ja, nichts passiert ist nicht richtig. Wir haben da entsprechend die gesamten Vorlagen, was dieser Umbau vom Marktplatz kosten wird, den Stadtverordneten vorgelegt. Daraufhin haben die Stadtverordneten den Beschluss gefasst, dass jetzt die Anlieger gefragt werden sollen, wie sie mit den Wasserspielen dann klarkommen, um danach, nachdem eine vertiefte Planung vorgelegt wird, die Entscheidung zu treffen, ob die Wasserspiele kommen oder nicht. Und sobald das gemacht wird, kann der Marktplatz umgebaut werden. Der Alte Ort liegt mir am Herzen und ich werde das Thema – nicht zuletzt die Barrierefreiheit – vehement weiterverfolgen.

Wie läuft generell die Zusammenarbeit mit dem Parlament, in dem Sie ja nicht die Mehrheit haben?

Ja, ich habe damals gesagt, das Isenburger Parlament besteht aus 45 Isenburgern, und das tut es immer noch. Die Diskussionen, die sind wesentlich offener als früher. Also ich würde sagen: Der Parlamentarismus in Neu-Isenburg funktioniert besser als jemals zuvor. Und nein, ich würde nicht sagen, dass die Zusammenarbeit nicht gut funktioniert. Also eher im Gegenteil, ich finde die Diskussionen sehr bereichernd.

Interview mit Neu-Isenburgs Bürgermeister Hagelstein: Neues Konzept im Bereich Jugendarbeit

Und wie sind Ihre Erfahrungen mit der Magistratsaufteilung nach Dezernenten? Das war ja auch eine neue Sache in Neu-Isenburg.

Ja, da bin ich schon ein bisschen stolz – auch auf mich. Ich muss sagen, die Gespräche mit allen Dezernenten – ob sie es sich zutrauen, dass sie das können, ob sie das machen wollen – hat funktioniert. Nehmen wir jetzt mal den Bereich Digitalisierung oder den Bereich Sport, das sind alles Bereiche, die sehr gut funktionieren, die sehr gut laufen. Auch die Initiativen, die der Dezernent für Inklusion und Barrierefreiheit, Pierre Fontaine, macht, finde ich hervorragend. Dirk Wölfing bringt uns mit seinen Vorschlägen zur Klimawende und Verbesserung der Stadt in Sachen Energieeffizienz in die richtige Richtung. Patrick Föhl macht in seinem Bereich Ehrenamt auch eine sehr gute Arbeit – und er hat ja jetzt durch die Neubesetzung im Westend die Unterstützung, die er braucht, um seine Tätigkeit auszuüben. Also dementsprechend: Die Zusammenarbeit läuft sehr gut und beim Ersten Stadtrat Stefan Schmitt – wenn Sie sich anschauen, was jetzt alles im Bereich Kinder passiert, mit der Neuausschreibung der Kindertagesstätten als auch der Umstrukturierung im Bereich Kinder – das ist schon gute Arbeit. Ich glaube, das kann sich sehen lassen.

76 Magistratssitzungen und 470 Drucksachen 

Im ersten Jahr (11. April 2022 bis 31. März 2023) wurden 76 Magistratssitzungen vorbereitet, 470 Drucksachen bearbeitet, dazu kommen die Vorbereitungen auf acht Stadtverordnetenversammlungen und 40 Gremiensitzungen. Ganz wichtig, betont Gene Hagelstein stets, sei ihm das „Herzensthema“ Europa und Städtepartnerschaften, „denn die europäischen Entscheidungen haben Auswirkungen auf uns alle“. Der Bürgermeister vertritt Neu-Isenburg im EU-Netzwerk.

Im Bereich Jugendarbeit ist ein neues Konzept erarbeitet worden. Dazu zählt eine Bestandsaufnahme. Ein Schwerpunkt ist, dass künftig die Räume in der Friedrichstraße dem Jugendbereich zur Verfügung stehen. Für das JUZ Gravenbruch würde er gerne mehr machen, da sei aber das Geld nicht da.

Auf der größten Baustelle Neu-Isenburgs, der Neuen Welt, wird im kommenden Jahr das erste Wohn- und Geschäftshaus bezogen. Auch der Umbau des historischen Gebäudes der ehemaligen Branntweinmonopolverwaltung in die neue Kita „Margaretha Müller“ sowie die Arbeiten für die Gebäude der Gewobau laufen. Sorgen bereiten die steigenden Baukosten. „Die fliegen uns um die Ohren.“

Wichtig ist Hagelstein das Kümmern um den Wirtschaftsstandort. „Faktisch besuche ich einmal pro Woche ein Unternehmen in Neu-Isenburg.“ Er war so schon in mehr als 50, um zu erfahren, wie es bei den Unternehmen aussieht, wo der Schuh drückt und was die Stadt tun kann.

Interview mit Neu-Isenburgs Bürgermeister Hagelstein: Steigende Flüchtlingszahlen als Herausforderung

Und was steht in diesem Jahr für Sie als Bürgermeister an? Was sind die nächsten Projekte?

Wir haben die Mitteilung bekommen, dass die Flüchtlingszahlen weiterhin steigen. Dementsprechend haben wir da nach den Jahren, in denen wir hier ganz gut klargekommen sind, wieder neue Herausforderungen. Also: Es wird neue Zahlen geben. Das kriegt ja auch jeder mit, der die aktuellen Nachrichten verfolgt. Die Welt, die ist nicht friedlicher geworden. Das wird eine Herausforderung werden. Aktuell leben 514 Menschen aus der Ukraine in der Gemeinschaftsunterkunft des Kreises an der Dornhofstraße, die läuft jetzt voll. Daher haben wir die Mitteilung erhalten, dass wir in Neu-Isenburg auch wieder Zuweisungen erhalten. Dann sind die gesamten Planungen – vom Stadtumbau über RTW bis Hugenottenhalle – natürlich weiter am Laufen. Also, wie werden wir während eines Umbaus weiterhin den Kulturbetrieb in dieser Stadt aufrechterhalten? Das sind natürlich alles essenzielle Fragen. Und das sind die großen Herausforderungen für 2023. Nicht zu vergessen: Sehr wichtig ist der Auftrag, den wir von der Stadtverordnetenversammlung natürlich noch haben wegen der Haushaltskonsolidierung. Ich habe ja vorhin gesagt, die Gewerbesteuern sind hoch-volatil. Wenn ein Unternehmen aufgrund geschäftlicher Ergebnisse nicht so hoch zahlen kann, dann müssen wir unseren Haushalt anders darstellen. Das sind ja auch solche Geschichten, auf die wir immer vorbereitet sein müssen.

Aber der Job macht Ihnen auch weiterhin Spaß?

Die Tätigkeit als Bürgermeister in Neu-Isenburg ist einfach – und bleibt es auch – mein Traumjob. Hier gestalten zu können, mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen hier unser Leben zu entwickeln – was kann es Besseres geben?

Das Gespräch führte Holger Klemm.

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