Grand-Prix-Reiterin nach Neu-Isenburg umgezogen

Die erfolgreiche Reiterin Nina Kudernak ist kürzlich von Dreieich nach Neu-Isenburg umgezogen. Dort soll ihre Karriere weiter an Fahrt aufnehmen.
Neu-Isenburg – Franz schaut entspannt aus seinem großen Fenster auf die Reitanlage des Reit- und Fahrvereins Neu-Isenburg. Ruhig beobachtet er das Geschehen vor dem Stall, bis er sich wieder zurückzieht, um ein bisschen Heu zu fressen. „Eigentlich ist es keine Box, es ist vielmehr eine Suite“, sagt Nina Kudernak mit einem Lächeln und mit Blick auf die übergroße und dick mit Stroh eingestreute Pferdebox.
„Aber er hat sich diese Luxusklasse auch mehr als verdient“, sagt die 28 Jahre alte Berufsreiterin und krault dem braunen Wallach die Nase.
Hinter der jungen Dreieicherin liegen aufregende Monate: Sportlich hat Kudernak eine grandiose Erfolgsserie, die sie bundesweit in den Fokus der Pferdeszene rückt, und dann ist sie mit ihren Pferden in die Hugenottenstadt umgezogen. Nach zwölf Jahren auf dem Hofgut Neuhof, unter den Fittichen der Olympiareiterin und ihrer Ausbilderin Ellen Bontje, ist Kudernak mit ihren eigenen und ihren Kunden-Pferden zum 1. Juli auf die Vereinsanlage des Reit- und Fahrvereins Neu-Isenburg gewechselt. „Es war kein einfacher Schritt. Alles, was ich bislang kannte, war der Neuhof. Auch wenn ich mich schon vor drei Jahren dort bereits selbstständig gemacht habe, war es jetzt an der Zeit für eine Veränderung. Zum Glück hat Ellen Bontje weiterhin ein offenes Ohr für mich. Sie unterstützt auch meine Schüler, wenn ich unterwegs zum Turnier oder zu Lehrgängen bin“, erklärt Nina Kudernak.
Die große Anlage – zwischen dem Gravenbruchring und der Offenbacher Straße am Triebweg gelegen – ist an Roland Schlünz verpachtet. Er kümmert sich um die Stallungen, das Außengelände und auch um den Reitunterricht, der hier mit fünf Schulpferden angeboten wird. Mit ihm kann die junge Berufsreiterin zusammenarbeiten.
„Mir war erst einmal wichtig, dass ich meine Pferde hier artgerecht halten kann. Sie haben ausreichend Platz, auch draußen zu sein. Mit den Koppeln muss für nächstes Jahr noch ein bisschen was passieren, aber das wird schon“, ist sie zuversichtlich. Die Trainingsbedingungen bezeichnet sie mit der großen Reithalle, dem Fahrplatz, dem Springplatz und dem Dressurviereck als nahezu ideal. Gerne ist Kudernak bereit, sich in die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einzubringen. „Ich überlege gerade, ein Pony anzuschaffen, das es auch den Kleinsten ermöglicht, einen Zugang zum Pferd und den Spaß am Reitsport zu bekommen.“ Der Verein habe viel Potenzial. Die hocherfolgreichen Fahrer sind auf Europa- und Weltmeisterschaften unterwegs, auch die in Isenburg beheimateten Reiter können sich über viele Erfolge freuen.
Persönlich, für die eigene reiterliche Karriere, haben sich für Kudernak in dieser Saison so einige Träume erfüllt. Nach ihrem riesigen Erfolg 2017, als sie als jüngste Reiterin in der Geschichte der Prüfung das Hessische Berufsreiterchampionat mit ihrer Stute Dione siegt und in den Jahren darauf in der bundesweiten Reihe für die Reiter unter 25 Jahren, dem Piaff-Förderpreis, Fuß fasst, ist es zunächst einmal nicht ganz einfach, an die Erfolge anzuknüpfen, als Dione in die Pferderente verabschiedet wird. Es ist ein weiter Weg, bis ein Pferd die Grand Prix-Lektionen beherrscht. Mit Queolito, wie Franz richtig heißt, und der Stute Ready to Dance, die ihrer Mutter gehört, hat sie jetzt wieder zwei richtig heiße Eisen im Feuer.
Franz, im Besitz von Melissa Grasser, inzwischen zehn Jahre alt, hat sie, seit er sechs Jahre alt ist, zur Ausbildung in ihrem Stall. „Wir haben immer an dieses Pferd geglaubt, aber in diesem Jahr hat er uns alle überrascht“, sagt Kudernak – und hat allen Grund, sich darüber zu freuen: Sie hat sich Ende Juli in Donzdorf mit einem Sieg auf dem Gestüt Birkhof für das Finale des Louisdor-Preises im Dezember in der Frankfurter Festhalle qualifiziert. Diese Serie ist speziell für Nachwuchs-Grand-Prix Pferde. Olympia-Siegerin von 2021 Dalera mit Jessica von Bredow-Werndl, aber auch Weihegold und Sammy Davis Jr., von den Olympia-Siegerinnen Isabell Werth und Dorothee Schneider, haben diese Serie einst gewonnen.
Es gibt bundesweit nur fünf Turniere, bei denen sich jeweils der Gewinner und der Zweitplatzierte fürs Finale qualifizieren können. Und Queolito ist einer dieser Sieger: „Wahnsinn, das ist wirklich ein ganz besonderer Erfolg für uns“, ist die ehrgeizige Berufsreiterin begeistert.
Schon seit 2019 arbeitet sie mit Sebastian Heinze, dem Bundestrainer der U25-Reiter, zusammen. Als sie im Frühjahr bei Bundestrainerin Monica Theodorescu einen Lehrgang reiten darf, nimmt sie all ihren Mut zusammen und fragt nach der Telefonnummer der begehrten Trainerin. „Mir hat wirklich das Herz bis zum Hals geklopft. Jeder der jungen Reiter in Deutschland, die große Ziele haben, wollen mit der Bundestrainerin arbeiten. Dass ich das jetzt darf, da muss ich mich immer noch kneifen.“
Wann immer sie die Möglichkeit dazu hat, lädt sie Queolito und ihre eigene Stute Ready to Dance auf und fährt nach Warendorf ans Bundesleistungszentrum zum Training. „Auch wenn das nur zwei, drei Tage sind, es bringt mir so viel. Es ist das gute, ehrliche Arbeiten mit dem Pferd, und ihm so die Gelegenheit zu geben, über sich hinaus zu wachsen. Ich habe Monica Theodorescu viel zu verdanken, weil ich nun harmonisches Reiten mit etwas mehr Risiko im Prüfungsviereck verbinden kann. Ich will nicht nur mitreiten, ich will vorne mitreiten und wir waren seit Beginn der Louisdor-Qualifikationen auf jedem Turnier zwei Prozent besser“, freut sich Nina Kudernak jetzt sehr auf das Finale in der weihnachtlich geschmückten Festhalle.
Von Nicole Jost