Hohe Haftstrafe für Automatensprenger

Neuneinhalb Jahre Gefängnis wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, besonders schwerem Diebstahl und Sachbeschädigung – damit endete gestern am zwölften Verhandlungstag der Prozess um zwei vollendete und zwei versuchte Automatensprengungen in Neu-Isenburg und Eschborn, Eisenach und Hofheim (wir berichteten). Betroffen waren nur Commerzbanken.
Neu-Isenburg/Darmstadt - Und für alle Aktionen hatte der 32-Jährige aus Bad Soden vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Darmstadt die Taktik „Beihilfe“ verfolgt. Was ihm aber letztendlich nicht geholfen hat, wie Generalstaatsanwalt Moritz Musinowski in seinem 90-minütigen Plädoyer begründet: „Ihre DNA wurde an Stoppuhr, Gasflaschensets und in den Tatfahrzeugen gefunden. GPS und Funkzellenauswertung sind eindeutig, ebenso die Tatmittelfunde in der Wohnung ihrer Verlobten. Sie sind kein kleiner Fisch, der nur Aufträge ausgeführt hat! Sie sind mit allen Taten logistisch in Verbindung zu bringen!“ Mittäter hätten ihn als Autoritätsperson, indirekt als „der“ Schaitan (arabisch: Teufel) bezeichnet, der durch die Akten geistert. Als derjenige, der die Polizeiblockade organisiert und Kryptohandys verteilt habe – der in allem seine Finger drin hatte. Außer, dass er nicht selbst in der Bank war.
Dutzendmal vorbestraft
Der Staatsanwalt fordert elf Jahre Haft, und stellt für den ein dutzendmal Vorbestraften sogar Sicherungsverwahrung in den Raum. „Die Taten fanden unter zwei laufenden Bewährungen statt. Sie sind ein Mehrfachintensivtäter ohne jegliches Unrechtsbewusstsein. Man kann es auch so zusammenfassen: Bewährungsversagen und unglaubliche kriminelle Energie!“
Musinowski erklärt auch, warum er der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen Drogenkonsums nicht zustimmt: „Die Straftat muss mittel- oder unmittelbar zur Beschaffung der Betäubungsmittel dienen, was sich in unseren Fällen allein durch den hohen Organisationsgrad der Sprengeinsätze widerspricht. Soviel koksen, wie in einem Bankautomat drin steckt, kann niemand!“ Auch eine Marihuana-Plantage würde ja keine Konsumtat darstellen.
Verteidiger Ulrich Baumann hatte kein konkretes Strafmaß gefordert, sondern lediglich auf eine Therapieunterbringung nach Paragraf 64 des Strafgesetzbuchs gepocht. Das Fazit des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Peter Haag fällt jedoch ernüchternd aus: „Wir haben es hier mit einer Polytoxikomanie und einer dissozialen Persönlichkeitsstörung zu tun. Es gibt nach mehreren gescheiterten Versuchen zwar noch Therapiepotenzial, die Erfolgsaussichten sind aber mäßig. Auch ohne Drogensucht stehen neue Straftaten im Raum!“
Komplizen teilweise schon verurteilt
Bei den vier Sprengeinsätzen von April bis August 2019 soll der Angeklagte also mindestens als Tatmittelbeschaffer und Fluchtfahrzeugchauffeur beteiligt gewesen sein, als Mitglied einer über 20-köpfigen Bande, die sich auf das Knacken von Bankautomaten mittels Acetylengasexplosion spezialisiert hatte. Sieben dieser Täter wurden bereits vor zweieinhalb Jahren vor dem Landgericht Gießen zu Haftstrafen zwischen zwei und sechs Jahren verurteilt.
Neben der langen Haft muss der 32-Jährige auch 200000 der knapp 300000 Euro schweren Beute der Isenburger und Eschborner Banken zurück zahlen. Er soll Häuser in Spanien und Belgien besitzen. Während der Urteilsbegründung beschwert sich der junge Mann lautstark, dass er nicht in Therapie darf. Es fehlt nicht viel, dass er aus dem Sitzungssaal geworfen wird. gel