Änderungen im Schwimmbad-Betrieb: Stadt zollt Energiekrise Tribut
„Ohne Komfortverzicht wird es nicht gehen“: Neu-Isenburg will und muss Energie sparen. Schwimmbadfans müssen sich deshalb umstellen.
Neu-Isenburg - Bäder und Saunen sind Energiefresser. Das ist auch in Neu-Isenburgs Waldschwimmbad nicht anders. Doch wie lässt sich effizient Energie einsparen? Diese Frage beschäftigt angesichts horrend steigender Energiepreise und der Aussicht auf Versorgungsengpässe im Herbst nicht nur Privatleute, sondern natürlich auch die Kommune und eben auch deren 100-prozentige Tochter, die Stadtwerke Neu-Isenburg.
Gemeinsam haben die Stadt Neu-Isenburg (Kreis Offenbach) und die Stadtwerke als Badbetreiber bei einer Pressekonferenz jetzt den Fahrplan verkündet, wie sie den schwierigen Spagat zwischen Energiesparen und Daseinsvorsorge im Waldschwimmbad in der zweiten Jahreshälfte meistern wollen.
Für Schwimmbadfans stehen einige Änderungen an. Erstens: Die Freibadsaison endet zehn Tage früher als geplant mit Beginn der Schulzeit, letzter Öffnungstag ist der Sonntag, 4. September. Dafür beginnt im Gegenzug die Hallenbadsaison früher, nämlich bereits am 5. statt wie ursprünglich geplant am 16. September.
Energiesparen in Neu-Isenburg: Freibad wird früher geschlossen
Denis Dörschug erklärt, warum dieser Schritt ganz klar dem Energiesparen diene: „Wenn Anfang September die Tage kürzer und die Temperaturen kühler werden, müssen die Becken im Freibad beheizt werden, um die Mindesttemperaturen beizubehalten. Indem wir die Schließung des Freibads vorziehen und das Hallenbad früher öffnen, senken wir den für die Beheizung der Becken benötigten Energieaufwand und sparen gleichzeitig Kosten ein“, betont der Bad-Betriebsleiter. Denn im Freibad gebe es circa 3000 Quadratmeter Wasserfläche. „Wenn wir da zuheizen, geht das quasi in den freien Himmel“, wählt Dörschug deutliche Worte.

Wichtige Info für Leute, die eine Saisonkarte für das Freibad erworben haben: Nach Angaben der Stadtwerke werden sie diese bis einschließlich 14. September 2022 weiter nutzen können; dann eben fürs Hallen- statt fürs Freibad. Und: Das Hundeschwimmen bleibt von dieser Regelung unberührt und soll wie geplant am 24. und 25. September im Freibad stattfinden (siehe Infokasten unten).
„Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Aber angesichts der momentanen Situation ist die frühere Schließung des Freibads ein verantwortungsvoller Schritt, um Energie sowie Kosten zu sparen und den Badebetrieb des Waldschwimmbads auch weiterhin aufrechterhalten zu können“, sagt Kirk Reineke, Geschäftsführer der Stadtwerke. „Wir sind überzeugt, dass wir mit dieser Maßnahme und zusätzlichen Anpassungen im Hallenbad unseren Energieverbrauch im Waldschwimmbad auch in der zweiten Jahreshälfte deutlich senken können. Gleichzeitig hoffen wir, dass unsere Badegäste angesichts der momentanen prekären Situation den Komfortverzicht in Kauf nehmen.“
Energiesparen in Neu-Isenburg: Temperaturen in Hallenbad-Becken werden gesenkt
Zweitens: Auch in der Hallenbadsaison gibt es Einschränkungen, um Sparziele zu erreichen. „Als zusätzliche Energiesparmaßnahmen im Hallenbad werden unter anderem Temperaturabsenkungen in den Becken, der Verzicht auf die Warmbadetage, die Schließung des Dampfbades sowie die Reduzierung der Saunaöffnungszeiten umgesetzt“, ist gestern von den Stadtwerken zu erfahren.
Das Wasser in den Becken werde um zwei Grad kühler sein als gewohnt. Heißt: Die Wassertemperatur liegt dann im Schwimmerbecken bei 26 statt bislang 28 Grad, im Nichtschwimmerbecken sinkt sie von 30 auf 28 und im Planschbecken von 32 auf 30 Grad. Und die Warmbadetage, zwei gab es davon vorher pro Woche, fallen vorerst ganz weg. „Entsprechend den Vorgaben soll mit diesen Maßnahmen der Strom- und Gasverbrauch im Hallenbad nachhaltig um 20 Prozent gesenkt werden“, sagt Reineke.
„Das Ganze ist ja auch eine Sache der Daseinsvorsorge“, erläutert Erster Stadtrat Stefan Schmitt, warum man sich zwar für einige Einschränkungen, aber ganz klar gegen ein komplettes Aussetzen des Badbetriebs entschieden habe. Schließlich habe es schon während Corona landauf landab viel zu wenig Schwimmkurse für Kinder gegeben. Fazit: Natürlich müsse man versuchen zu sparen, wo es geht, aber trotzdem so lange wie möglich die Angebote aufrecht erhalten.
Das ist für Reineke noch aus einem weiteren Grund wichtig: Es gehe auch darum, den Job zu sichern für die 30 Mitarbeiter des Bads. Diesen habe man schließlich während der ersten Pandemiephase bereits monatelang Kurzarbeit zumuten müssen.
Hundeschwimmen an zwei Tagen
Nach den ersten sehr erfolgreichen Veranstaltungen in den Jahren 2020 und 2021 öffnet das Waldschwimmbad auch zum Ende der diesjährigen Freibadsaison ein letztes Mal seine Tore – und zwar für Hunde. Diesmal sogar an zwei Tagen: Für Samstag und Sonntag, 24. und 25. September, ist die dritte Auflage des Hundeschwimmens angesetzt. Jeweils von 11 bis 17 Uhr können Vierbeiner im chlorfreien Wasser planschen und spielen. An beiden Tagen gibt es zudem ein Rahmenprogramm mit Essen und Trinken sowie Info- und Verkaufsständen rund um die Themen Hundegesundheit, Ernährung und Zubehör. Der Eintritt kostet für Hunde aller Rassen vier Euro und für Hundehalter sowie für Zuschauer zwei Euro. Wichtig: Teilnehmen können alle Hunde, deren Halter über eine Haftpflichtversicherung verfügen, die den Hund einschließt. Außerdem muss ein gültiger Impfpass mitgeführt werden. hov
Der Stadtwerke-Chef berichtet im Rückblick auf die erste Jahreshälfte aber auch bereits von Erfolgen beim Energiesparen. Denn angesichts der angespannten Lage auf den Energiemärkten hatten die Stadtwerke schon zu Beginn des Jahres verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Energieverbrauch im Schwimmbad zu senken – „und das mit Erfolg, wie sich jetzt zeigt“, sagt Kirk Reineke. So habe man zum Beispiel mit der 2021 vorgenommenen Installation von energieeffizienter LED-Beleuchtung in Hallenbad und Sauna im ersten Halbjahr 2022 bereits erhebliche Einsparerfolge erzielen können: Insgesamt 120 000 Kilowattstunden (kWh) Strom wurden im Vergleich zu 2019, dem letzten Betriebsjahr ohne Pandemiebeschränkungen, eingespart. Zusätzliche 110 000 kWh Strom konnten außerdem dank der im Juni 2021 abgeschlossenen Sanierung der Freibadtechnik eingespart werden. „Geht man von einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 2500 kWh Strom bei einem Dreipersonenhaushalt aus, entspricht das einer Einsparung der Jahresverbräuche von rund 92 Dreipersonenhaushalten.“
Beim Gas habe man seit Jahresbeginn im Vergleich zu 2019 rund 527 000 kWh weniger Gas verbraucht, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 21 Einfamilienhäusern gleichkomme.
Der Rückblick auf die Freibadsaison fällt übrigens „nach zwei Katastrophenjahren wegen Corona“ (Reineke) diesmal positiv aus (vermutlich mal abgesehen von der kontroversen Diskussion um die Mindesttemperatur des Wassers Ende Juni): „Wir freuen uns, auf eine besucherstarke Saison ohne Zwischenfälle zurückblicken zu können.“ Dank Rekordtemperaturen und fast durchgängig sonnigem Wetter habe das Freibad rund 100 000 Besucher in den Monaten Mai bis August angezogen. (Barbara Hoven)