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Koalition in Neu-Isenburg setzt zweiten Stadtrat durch

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Von: Barbara Hoven

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In der Hugenottenhalle tagten die Stadtverordneten.
In der Hugenottenhalle tagten die Stadtverordneten. © imago images

Aller Kritik zum Trotz: Das Ansinnen der Koalition in Neu-Isenburg , die Aufgaben in dieser Legislaturperiode auf drei statt zwei hauptamtliche Köpfe zu verteilen, hat die parlamentarische Hürde genommen. Die Koalition aus CDU, Grünen und FWG beschloss am Mittwoch mit ihrer Mehrheit den Antrag zur Änderung der Hauptsatzung, damit ein zweiter Stadtrat installiert werden kann – und auch die Anträge zur Mittelbereitstellung und zum Stellenplan. SPD, FDP, Linke und AfD lehnten ab.

Neu-Isenburg - Die von den Sozialdemokraten noch per Änderungsantrag erhobene Forderung nach einem Bürgerentscheid zum Thema fand keine Mehrheit. Daher kommt nun wohl das von einer Initiative bereits angekündigte Bürgerbegehren (siehe Artikel links).

Vier Stunden lang tagt die Stadtverordnetenversammlung. Es ist eine bemerkenswerte letzte Sitzung für dieses Jahr, wie es sie so wohl nur in Neu-Isenburg gibt. Der Saal ist mit Weihnachtssternen auf den Tischen festlich geschmückt, durch Öffnung des Foyers hat man Platz für bis zu 100 Gäste geschaffen. Es gilt 3G. Und, auch neu: Zwei Security-Leute stehen den ganzen Abend lang im Saal.

Doch obwohl – oder gerade weil – im Vorfeld reichlich verbale Giftpfeile durch die Luft schwirrten, ist man an diesem Abend betont auf sachliches, ruhiges Auftreten aus, man will kein Öl ins Feuer gießen. Auch, weil Redner aus Koalition wie Opposition sich aufrichtig entsetzt zeigen über die Art und den Ton, in dem in den vergangenen Tagen im Internet gegen einzelne Politiker gehetzt worden sei. Das habe „nichts mehr mit dem viel zitierten Isenburger Konsens zu tun. Hier wird mit Schmutz geworfen und mit Unwahrheiten gearbeitet. Nicht von Gene Hagelstein, aber von einigen Hardlinern, die ihren künftigen Bürgermeister in eine schwierige Situation bringen. Denn am Ende müssen doch alle wieder zusammenarbeiten“, formulieren es die Grünen noch am Abend per Mitteilung.

Ausführlich diskutiert wird das Thema aber natürlich trotzdem. Die Befürworter aus den Koalitions-Reihen verweisen erneut darauf, dass es angesicht der nie dagewesenen Aufgabenfülle und der Anzahl von Bauprojekten und Veränderungen, die vor der Stadt lägen, vonnöten sei, drei Hauptamtliche zu haben.

Sicher sei in der Kommunikation einiges schief gelaufen, aber die ganze Diskussion sei von der Opposition auch gezielt befeuert worden, meint Dr. Oliver Hatzfeld (CDU). „Ob man einen zweiten Stadtrat braucht, hängt nicht von der Größe einer Kommune ab, sondern von deren Aufgaben – und davon gibt es genug.“ Es sei für einen Bürgermeister von Vorteil, wenn er einen entsprechende Unterstützung erfahre. „Es geht nicht um einen Postenverwaltung oder gar Geschachere“, betont der CDU-Fraktionschef. „Wir möchten mit dem Bürgermeister in den nächsten sechs Jahren eine erfolgreiche Zusammenarbeit zum Wohl der Stadt.“

Die Grünen betonen mehrfach, man müsse „demütig eingestehen, einen Fehler in der Kommunikation gemacht zu haben“, wie es Thorsten Möller formuliert. „Ja, wir hätten diese Diskussion früher führen müssen.“ Und die Fraktion führt später aus, man habe bereits vor der Bürgermeisterwahl geplant, den Magistrat um eine hauptamtliche Stelle zu erweitern, „damit endlich Tempo in das Handeln der Verwaltung kommt“. Das Geld, das da investiert werde, werde „sich allemal lohnen, wenn wir für gute Politik sorgen“, so die Grünen. Falsch sei es gewesen, nicht laut über diese Pläne zu sprechen. „Das war ein Fehler in der Kommunikation, der unserer Glaubwürdigkeit geschadet hat. Dafür entschuldigen wir uns bei allen“, so die Grünen weiter.

Aus Sicht der Freien Wähler sei es sinnvoll, genau jetzt die städtische Verwaltung zu stärken, „damit wir zu einer schnellen und vor allem möglichst reibungslosen Umsetzung der zahlreichen und komplexen Projekte bei der Stadtentwicklung kommen“, sagt FWG-Fraktionschef Frank Wöllstein. „Die vor uns liegende Legislaturperiode wird bestimmt durch sehr ambitionierte Ziele, die neben der Planung und Finanzierung eben auch einen hohen personellen Einsatz erforderlich machen.“ Insofern sei aus FWG-Sicht ein zweiter Stadtrat „nicht nur richtig, sondern auch wichtig“.

Das sieht die Opposition nach wie vor anders, hält den zusätzlichen Posten für unnötig und das Vorgehen der Koalitionäre für falsch.

Markus Munari (SPD) spricht von einem „fadenscheinigen Versuch, beide Verlierer der Wahl mit hoch dotierten Posten auf Kosten des Steuerzahlers zu versorgen“. Grüne und CDU hätten zudem bereits die mögliche Besetzung des Postens kommuniziert, bevor er überhaupt geschaffen und ausgeschrieben wurde. Das sei ein Affront gegen Gene Hagelstein und „Ignoranz parlamentarischer Gepflogenheiten“, so Munari.

Auch FDP-Fraktionschef Thilo Seipel sieht einen Fehler in schlechter Kommunikation: „Sie hätten schon im Frühjahr sagen müssen, wir wollen drei Hauptamtliche.“ Der jetzige Zeitpunkt sei denkbar schlecht gewählt. Jetzt sehe es so aus, als müsse noch ein Wahlverlierer versorgt werden. „Meine Damen und Herren, vor Ihnen steht auch ein Wahlverlierer“, ergänzt Seipel. „Aber wenn man mir eine Stelle als zweiter Hauptamtlichen angeboten hätte, dann hätte ich das abgelehnt. Es hat ein Geschmäckle, wenn hier einfach Fakten geschaffen werden, am neuen Bürgermeister vorbei.“ Aus Seipels Sicht wäre es besser, Fachpersonal einzustellen: „Wir brauchen nicht mehr Trommler, wir brauchen mehr Ruderer.“

Robert Baethke (AfD) spricht von einem „demokratieverachtenden“ Verhalten der Koalition. Edgar Schultheiß (Linke) betont, er habe das Gefühl, die Koalition verteile Weihnachtsgeschenke und wolle den künftigen Bürgermeister Gene Hagelstein ausbremsen. Auch die Linke fordert, die Bürger entscheiden zu lassen.

Hagelstein selbst bittet um Sachlichkeit. „Wir werden hier so oder so weiter zusammenarbeiten“, daher seien Diskussionen aneinander vorbei nicht zielführend. Nichtsdestotrotz stellt er erneut klar, dass er gegen den Antrag ist. Er betont aber: „Egal wie die Entscheidungen nun ausgehen, mit oder ohne Bürgerbegehren – ich werde dieses Ergebnis als demokratisch legitimiertes Entscheidung annehmen und zum Wohle unserer Stadt handeln.“ Der Posten des zweiten Stadtrats muss nun ausgeschrieben und ein Wahlvorbereitungsausschuss gebildet werden.

Von Barbara Hoven

Mehrheit für Wiederwahl von Schmitt

Einer Wiederwahl des Ersten Stadtrats Stefan Schmitt (CDU) steht seit Mittwoch nichts mehr im Wege: Die Stadtverordneten gaben grünes Licht für den Antrag der Koalition, ihn zur Wiederwahl vorzuschlagen. Um eine Wiederwahl ohne öffentliche Ausschreibung zu ermöglichen, ist nach der Hessischen Gemeindeordnung ein sogenannter Vornahmebeschluss erforderlich. Die 44 anwesenden Stadtverordneten mussten zur Wahlurne schreiten, um ihr Kreuzchen für oder gegen den Antrag zu machen – in geheimer Wahl. Um dabei die pandemiebedingten Abstandsregeln einhalten zu können, bekam jeder durch einen Sichtschutz eine eigene Wahlkabine auf seinem Tisch. Angenommen wurde der Antrag mit 27 Ja-Stimmen, 17 Stadtverordnete stimmten dagegen. Die eigentlichen Wahl kann damit nun für die erste Sitzung 2022 angesetzt werden. Denn nach Paragraf 39a ist eine Wiederwahl hauptamtlicher Beigeordneter frühestens sechs Monate vor Ablauf der Amtszeit möglich, was bei Schmitt dann der Fall ist; seine Amtszeit läuft bis Juni. hov

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