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Kulturlabor der Neu-Isenburger CDU

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Museumsleiter Christian Kunz (von links) bot den Gästen – im Bild Thorsten Klees, Theo Wershoven, Michelle Teixeira Mesquita und Kati Conrad – einen unterhaltsamen Einblick in seine Arbeit im Haus zum Löwen.
Museumsleiter Christian Kunz (von links) bot den Gästen – im Bild Thorsten Klees, Theo Wershoven, Michelle Teixeira Mesquita und Kati Conrad – einen unterhaltsamen Einblick in seine Arbeit im Haus zum Löwen. © cdu

Was hat Neu-Isenburg in Sachen Kultur zu bieten und wer ist dafür zuständig? Wie kann das kulturelle Angebot noch bereichert werden? Wo kann die Politik unterstützen? Mit diesen Fragen möchte sich das neue „Kulturlabor“ der CDU-Fraktion beschäftigen. Die AG wurde von Kati Conrad gegründet und lädt Mitglieder der Partei und der Fraktion dazu ein, die Kulturschaffenden der Stadt besser kennenzulernen, Kultur-Orte zu besuchen und sich inspirieren zu lassen.

Neu-Isenburg - Zum Auftakt der Reihe traf die AG sich nun unter dem Motto „Gähn... ein Heimatmuseum!?“ im Stadtmuseum Haus zum Löwen, wo Leiter Christian Kunz einen unterhaltsamen Blick hinter die Kulissen gab.

Das Haus zum Löwen war ursprünglich das erste Gasthaus Neu-Isenburgs, und so starteten der Rundgang passend dazu in der Apfelweinstube. Die Teilnehmer inspizierten den Musiksaal, in dem bei Konzerten bis zu 95 Besucher Platz finden können, und warfen einen letzten Blick in die gerade beendete Ausstellung des Stadtfotografen Daniel Falke.

In der Dauerausstellung lernten sie einige interessante Objekte und die Geschichten dazu kennen: Das Porträt des Stadtgründers Graf Jean-Philippe, das gerade vom Stadtmuseum aus dem Birsteiner Schloss ausgeliehen war, als dort ein Brand ausbrach und viele Kunstwerke zerstörte. Oder eine mysteriöse Sammlung, die beim Abriss einer Mauer in einem Haus in der Hirtengasse entdeckt worden war: einzelne Schuhe, ein Zunderschwamm und ein Katzenskelett (wir haben berichtet). Zwischen 1200 und 1850 wurden im Rhein-Main-Gebiet 150 solcher Sets gefunden wurden, alle Funde markierten Schwachstellen im jeweiligen Gebäude und man vermutet ein Schutzritual.

Und dann war da noch das Rätsel um die Wurst: Warum schrieb Wilhelm Luft einfach nur „Frankfurter Würstchen“ auf seine Dosen, während die Hersteller Wirth und Müller sie als „Original Frankfurter Würstchen aus Neu-Isenburg bei Frankfurt“ kennzeichnen mussten? Eine in Isenburg gerne weitererzählte Legende besagt, dass für die Kennzeichnung mindestens ein Arbeitsschritt in Frankfurt erfolgen muss und dass vermutlich ein Mitarbeiter der Firma Luft auf den Lieferwagen kletterte und die Etiketten jenseits der Stadtgrenze vor der Auslieferung noch schnell auf Frankfurter Gebiet auf die Dosen klebte. Als die ehemalige Wurstfabrik Luft (später das Branntweinmonopol) kürzlich im Rahmen der Bauarbeiten zum neuen Stadtquartier Süd in den Fokus rückte, wurde der Stadt eine Sammlung von Fotos aus einem Nachlass angeboten, die genau das bestätigten: Die Würstchendosen wurden tatsächlich zum Etikettieren nach Frankfurt gefahren!

Weiter ging es mit einem Blick ins Depot. Neben Haushaltsgegenständen, Schildern, Werkzeugen und Möbeln entdeckten die AG-Mitglieder hier auch ein weiteres Modell des Alten Rathause, die Spitze des historischen Original-Rathauses und ein interessantes Modell eines Entwurfs für einen Marktplatz-Brunnen, den der Neu-Isenburger Maler Willi Kohl bereits in den 60er oder 70er Jahren angefertigt hatte. Der monumentale Brunnen scheint fast den gesamten Platz einzunehmen, auf der Spitze thront ein großes Modell des Hugenottenrathauses. So entstand eine Diskussion über das derzeit sehr aktuelle Thema Marktplatz: Aus museumspädagogischer Sicht wäre laut Christian Kunz eine Gestaltung wünschenswert, bei der die Sichtachsen erhalten bleiben. Der Kulturbereich benötigt außerdem auch in Zukunft für die beliebten Märkte und Feste ausreichend freie Fläche.

Nach dem Rundgang diskutierte die Gruppe die politischen Aufgaben eines Museums. Neu-Isenburg ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort, der sich dank der hohen Gewerbesteuereinnahmen auch im Bereich Kultur vieles leisten kann, was in anderen Kommunen nicht möglich ist. Umgekehrt macht ein attraktives Kulturangebot eine Stadt auch als Wohnort und Wirtschaftsstandort attraktiv. 80 Prozent aller Museen in Deutschland sind Heimatmuseen, viele davon sind vorübergehend geschlossen oder aus Geld- oder Personalmangel extrem eingeschränkt. Die Teilnehmer der AG stellten deshalb die Frage: „Leisten wir uns mit unseren zwei Museen wirklich etwas Besonderes, ist ein Museum ein Luxusobjekt?“

Kunz erläuterte: Deutschlandweit verfügt eine Stadt mit 40 000 Einwohnern im Durchschnitt sogar über drei Museen. Die Besucherzahlen im Haus zum Löwen haben sich seit 2016 verdoppelt, das Modell „Zahle, was Du willst“ brachte höhere Einnahmen und einen niederschwelligen Zugang für alle Bürger.

Das Zeppelinmuseum ist nach Friedrichshafen weltweit das zweitwichtigste Museum zu diesem Thema, das Haus zum Löwen das momentan modernste hessische Museum zum Thema Hugenotten. In partizipativen Ausstellungen zu „Jugendorten“ oder die geplante Schau „Verein(t)“ wird die Stadtgesellschaft aktiv einbezogen und aufgefordert, sich zu beteiligen. Gerade ein Heimat- oder Stadtmuseum könne also dazu beitragen, die Verbindung der Bewohner zu „ihrem“ Ort zu stärken: Wer sich verbunden fühlt, bleibt gerne hier wohnen und arbeitet auch gerne hier.

Die Politik könne helfen, die Museen sichtbarer zu machen und auf einem aktuellen Stand zu halten, schreibt die CDU-AG. Durch das Programm „Digitale Dorflinde‘“ sind beide Isenburger Museen mit freiem WLAN ausgestattet. Konzerte oder kleine Partys – wie kürzlich zur Finissage des Stadtfotografen – laden dazu ein, zu verweilen, auch ohne sich über Geschichte zu informieren. In der Apfelweinstube kann man gemütlich sitzen. Mit besseren Öffnungszeiten könne das Museum zu einem Treffpunkt im Alten Ort werden, für Arbeits- und Lerngruppen offenstehen und vielleicht sogar mal das Homeoffice ersetzen.

Per WhatsApp hatte CDU-Fraktionschef Dr. Oliver Hatzfeld die Frage gestellt, „ob Museumsarbeit so ähnlich ist, wie wir es von Indiana Jones kennen“. Die klare Antwort von Christian Kunz: „Ja, es ist genauso aufregend – aber weniger gefährlich.“

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