Kulturlose Zeit in Neu-Isenburg verhindern

Der Umbau der Hugenottenhalle und Stadtbibliothek in ein modernes Kultur- und Bildungszentrum ist eine Mammutaufgabe für die Stadt Neu-Isenburg. Aktuell ist das Büro Freischlad + Holz mit der Ausschreibung des Architekturwettbewerbs beschäftigt, bis zum Jahr 2024 soll eine Entscheidung der Jury stehen. Das heißt auch: Ab Sommer 2025 steht die Hugenottenhalle für mindestens drei Jahre nicht zur Verfügung
Im Ausschuss für Kultur, Sport, Ehrenamt und Vielfalt stellt Christopher George, der Leiter des Kultur- und Bildungszentrums, am Dienstagabend den Kommunalpolitikern seine Ideen für mögliche Ausweichquartiere vor. Ihm und seinem Team spielt das Rheingau Musik Festival in die Karten: Die Veranstalter im Rheingau haben für die Zeit der Pandemie den größten mobilen Konzertsaal Europas gebaut. Es ist ein moderner Kubus, der auf Punktfundamenten steht. Ein Bau aus Glas, Metall und Holz, in ansprechender Optik und mit „grandioser Akustik“, wie George versichert. Das Gebäude bietet mit der zehn mal zwölf Meter großen Bühne Platz für maximal 600 Gäste und wäre für 89 Prozent aller Veranstaltungen, die 2019 in der Huha über die Bühne gingen, geeignet. Der Kubus steht zum Verkauf. „Die Rheingau Musik Festival AG will ihn abgeben“ so George. Bislang wurde der Kultur-Kubus am Schloss Johannisberg für drei Monate aufgebaut und musste neun Monate eingelagert werden. Die Mietkosten belaufen sich auf jährlich 150 000 Euro, der Auf- und Abbau kostet weitere 150 000 Euro. Würde die Stadt das mobile Gebäude kaufen, würde das den Haushalt mit 550 000 Euro belasten. Weitere 250 000 Euro würden für die Erschließung des Geländes fällig. In einer dreistöckigen Modulbauweise könnten die Anlagen für Gastronomie, Sanitär, Garderoben und Technik integriert werden. Auch die Büros für die Mitarbeitenden der Hugenottenhalle fänden dort Platz.
Über einen geeigneten Standort hat sich der Leiter bereits Gedanken gemacht. „Der Hammerwurfplatz im Sportpark ist eine gute Option und ist auch bereits mit dem Sportamt besprochen“, erklärt George, dass er optimistisch ist, für die Sportler einen neuen Platz zu finden. Ein bisschen Eile ist geboten, weil zwei andere Städte Interesse an dem mobilen Konzerthaus geäußert haben, darunter Bonn. „Zwei Jahre können wir nicht mehr warten“, sagt George. Es läuft gerade eine Prüfung, ob auch eine Nutzung für sportliche Zwecke vor und nach dem Umbau der Hugenottenhalle denkbar ist. Dann hält George einen Kauf für die „charmanteste Lösung“.
Auf die Frage nach möglichen Alternativen sagt der Kulturchef, dass bereits andere städtische Gebäude geprüft worden seien. Aber keines sei annähernd so groß wie der Kubus aus dem Rheingau. Zudem müssten bei anderen Gebäuden auch erst die Voraussetzungen für Veranstaltungen – inklusive Brandschutz – geschaffen werden.
Die Ausschussmitglieder stehen dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber: In der Diskussion ergeben sich dennoch einige Fragen. Sportdezernent Christian Beck (SPD) findet insbesondere die mögliche Nutzung vorab und hinterher für den Sport sehr spannend. Kati Conrad (CDU) fragt, ob es nicht eine Option sein könnte, über die Bauzeit der Hugenottenhalle bewusst kleine Veranstaltungen anzubieten. „Wir haben auch die Funktion eines Bürgerhauses. Veranstaltungen wie Abi-Bälle brauchen ebenfalls ihren Platz“, entgegnet George.
Einig ist sich der Ausschuss, Veranstaltungen möglichst nicht in Nachbarstädte auszulagern. Neu-Isenburg soll Heimat für die Kultur bleiben. Oliver Gröll (Grüne) regt aber an, über den Standort noch mal nachzudenken. Die Parkplatzkapazität und der Lärmschutz könnten am Sportpark zum Problem werden. Er bringt mit der Rinderwiese am Birkengewann einen weiteren Standort ins Gespräch. „Dort ist ohnehin eine Mobilitätszentrale für die RTW geplant. Vielleicht lässt sich das gut kombinieren. Eine Sportanlage steht dort ebenso auf dem Plan – vielleicht sind Synergien nutzbar“, regt er an. Das hält Erster Stadtrat Stefan Schmitt (CDU) für nicht praktikabel, weil die Mobilitätsstation zuerst gebaut werden müsse.
„Wir müssen bei dem gesamten Projekt noch über das Geld reden und wie wir alles finanzieren wollen“, sagt Schmitt abschließend, dass noch einige Hausaufgaben anstehen.
Von Nicole Jost