30 auf Durchfahrtsstraßen: Lärmpegel durch Tempolimits reduzieren?

Tempo 30 auf Durchfahrtsstraßen? Darüber denkt die Stadt Neu-Isenburg in einer nun vorgelegten Stellungnahme nach.
Neu-Isenburg - Klar – und nicht neu – ist die Ausgangslage: Die Lärmbelästigung in Neu-Isenburg ist äußert hoch. Am lautesten ist es, so zeigen die neuesten Erhebungen, auf der Carl-Ulrich-/Friedhofstraße, der Frankfurter Straße sowie auf Abschnitten der Offenbacher Straße (insbesondere der Westteil) und der Herzogstraße (hier vor allem der Südteil), die Rede ist hier von „besonderem Handlungsbedarf“.
In ihrer Stellung geht die Stadt auch auf neue Maßnahmen zur Lärmminderung ein. Für die innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen wolle man „in Zukunft ein Stadtgeschwindigkeitskonzept mit kurz, mittel- und langfristigen Maßnahmen vorlegen“, heißt es. „Synergieeffekte weisen dabei Maßnahmen auf, bei denen straßenverkehrliche, -bauliche und Stadtentwicklungsinstrumente ineinandergreifen.“
Tempo 30 in Neu-Isenburg: Rückgang von circa 2,5 dB(A)
Dieses Stadtgeschwindigkeitskonzept werde zur Zeit erarbeitet und wäge alle relevanten Belange – wie Lärm, Luftschadstoffe, Sicherheit, Anzahl Betroffener, städtebauliche Entwicklung oder ÖPNV – ab. Dies könne zum Beispiel zu einer Änderung der Geschwindigkeit, des Straßenquerschnitts oder der Ampel-Programmierungen führen. „Eine Geschwindigkeitsreduzierung von Tempo 50 auf 30 entspricht einem Rückgang von circa 2,5 dB(A). Dies ist äquivalent zu einer Minderung des Verkehrs um deutlich mehr als ein Drittel. Auch Maßnahmen mit scheinbar geringen Effekten bewirken eine deutliche Verbesserung“, so der Magistrat.
Auch die Karlstraße bleibt Thema. Autofahrer nutzen diese mit Bansastraße und Gravenbruchring gerne als Verbindung zwischen Frankfurter Straße und Offenbacher Kreuz. Im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung, so ist in der Drucksache zu lesen, wurden zum Beispiel Maßnahmen gefordert, dass diese Verbindung nicht mehr als Durchgangsstraße genutzt werden soll. So kam etwa der Vorschlag aus der Bürgerschaft, die Karlstraße als Sackgasse umzugestalten und den Gravenbruchring zu sperren.
Auf diesen geht die Stadt nicht ein. Für die Karlstraße, so schreibt sie aber, sei zusätzlich eine weitere Maßnahme vorgesehen, um Verkehrslärm zu reduzieren. „Hierbei wird eine behördenübergreifende langfristige Lösung mit HessenMobil und der Stadt Frankfurt gesucht.“
Bürger in Neu-Isenburg fordern Lärmreduzierung
Ansonsten habe bei den im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Bürgerbeschwerden besonders „eine Lärmreduzierung auf den Straßen im innerstädtischen Bereich eine Rolle gespielt“, vor allem bezogen auf die Friedhof-, Offenbacher und Frankfurter Straße. Dies decke sich mit den Ergebnissen der Lärmkartierung.
Stellungnahmen
Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) überprüft mindestens alle fünf Jahre die Lärmkartierung und überarbeitet sie bei Bedarf. Diese umfasst alle Hauptverkehrsstraßen außerhalb der Ballungsräume mit über 8.200 Kfz/Tag. Im Rahmen der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung zur vierten Runde der Lärmaktionsplanung wurden Vorschläge und Stellungnahmen von Bürgern und Kommunen gesammelt, die nun in den neuen Entwurf einfließen. red
In ihrer Stellungnahme untermauert die Stadt den Ruf nach einer aus ihrer Sicht dringend nötigen Geschwindigkeitsreduzierung auf der A5. Und verweist zudem auf bereits umgesetzte und laufende Lärmminderungsplanungen – wie den auf Probe für ein Jahr gestarteten Tempo-30-Testlauf auf der Frankfurter. „Nach Abschluss der Evaluation auf der Frankfurter Straße soll geprüft werden, ob Tempo 30 auf weiteren Straßen aus Lärmschutzgründen eingeführt werden soll“, schreibt der Magistrat.
Gemäß des Stadtentwicklungskonzeptes Mobilität beträgt der sogenannte Modal-Split für den Radverkehr zwölf Prozent, während die Kfz-Fahrten in absoluten Zahlen um 50 000 im Stadtgebiet zunehmen. Unter Modal-Split versteht man in der Verkehrsstatistik die Verteilung des Transportaufkommens im Hinblick auf die Verkehrsmittelwahl.
Neu-Isenburg: Zu viel Lärm macht krank
Langfristig, betont der Magistrat, könne „die Förderung der Nahmobilität sowie der Ausbau der Radinfrastruktur zu einem lärmmindernden Effekt beitragen“, wenn der Anteil deutlich zunehme.
Im Parlament
Mit der Stellungnahme zur Lärmminderungsplanung befassen sich die Stadtverordneten in ihrer Sitzung am Mittwoch, 29. März, ab 19 Uhr im Rathaus.
„Wie sehr Neu-Isenburg von Flug-, Schienen- und Verkehrslärm betroffen ist, zeigt die Lärmkartierung deutlich. Zu viel Lärm macht krank. Dies ist wissenschaftlich unbestritten“, sagt Bürgermeister Gene Hagelstein. Die Stadt müsse Maßnahmen ergreifen, um die Gesundheit der Bürger zu schützen und die Lebensqualität zu erhöhen. „Wir sind gespannt, wie sich Tempo 30 auf die Lärmreduzierung in der Frankfurter Straße auswirkt. Darüber hinaus werden wir uns auch weiterhin bei den übergeordneten Genehmigungsbehörden von Autobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen für Lärmminderungsmaßnahmen einsetzen.“ (Barbara Hoven)