Lern- und Lebensorte in Neu-Isenburg entwickeln

Zum geplanten Neubau der Albert-Schweitzer- und Hans-Christian-Andersen-Schule in Neu-Isenburg gibt es einigen Informationsbedarf. Das wurde beim Gesprächsabend der CDU am Dienstagabend in der Alten Goetheschule deutlich, bei dem Landrat und Schuldezernent Oliver Quilling die Projekte vorstellte.
Die Neu-Isenburger CDU begrüßt die vom Kreistag beschlossenen Projekte. Zugleich gebe es einige Unsicherheiten in Bezug auf die Zeit der Bauarbeiten. „Umso wichtiger ist es uns, die Eltern von Anfang an in den Prozess mit einzubeziehen“, sagt der stellvertretende CDU-Vorsitzende Steffen Eyrich zu Beginn. Und der Abend zeigt, dass dies notwendig ist.
Quilling geht auf die Hintergründe ein. Und da gibt es mehrere, angefangen beim Bevölkerungszuwachs im Kreis und in Neu-Isenburg, ausgelöst durch die glücklicherweise wieder ansteigende Geburtenrate und durch den Zuzug. Dieser entstehe nicht nur durch Baugebiete wie das Birkengewann oder das Stadtquartier Süd, sondern auch durch die Nachverdichtung und den Generationenwechsel in der Innenstadt. „Dort ziehen wieder junge Familien hin“, so der Landrat. Damit verbunden sei, dass die Infrastruktur mitwachsen müsse. Während sich aber die Auswirkungen der Geburtenraten leicht planen ließen, sei das beim Zuzug schwieriger. Auf jeden Fall gebe es einen großen Druck auf die Grundschulen der Innenstadt, der Albert-Schweitzer- und der Hans-Christian-Andersen-Schule, dem diese auf Dauer nicht gewachsen seien. Da es aber in Neu-Isenburg keine verfügbaren Flächen für eine zusätzliche Grundschule geben, habe man sich für den Abriss und Neubau auf den bisherigen Arealen entschieden.
Hinzu komme der gesetzliche Anspruch auf eine Betreuung an Grundschulen ab 2026. „Wir müssen Schulen neu denken“, betont Quilling. Zudem seien die bisherigen Horte Auslaufmodelle. „Schulen werden zu einem Lern- und Lebensort für acht Stunden“, führt der Landrat weiter aus. Das bedeute, dass die zukünftigen Gebäude und Klassenzimmer multifunktional sein müssen.
Mit der Entscheidung für einen Neubau sei aber auch die Suche nach einer Zwischenlösung verbunden. Da hätten sich der Wilhelmsplatz und das Gelände der Brüder-Grimm-Schule angeboten. Die Stadt wolle aber nicht auf den Wilhelmsplatz verzichten, so Quilling. Deshalb soll ein Interimsgebäude an der Brüder-Grimm-Schule an der Beethovenstraße entstehen, das erst von der ASS, dann von der HCAS und später von der Grimm-Schule genutzt werden soll.
Doch da gibt es kritische Stimmen. Eine Mutter appelliert, doch den Wilhelmsplatz zu nutzen. Als Ersatz für die wegfallende Parkfläche könnten die IZ-Parkhäuser genutzt werden. Ihrer Ansicht nach ist der Weg von der ASS zur BGS zu weit. Zudem sei es problematisch, die Grundschulkinder mit den älteren Schülern der BGS zusammenzubringen. Sie verweist auf eine kürzliche Schlägerei dort. Dies wird jedoch an dem Abend von anderen vehement zurückgewiesen. Das engagierte Kollegium der BGS tue alles, das Image der Haupt- und Realschule zu verbessern. Und das sei gelungen, so der Tenor. Wenn es Probleme gebe, dann durch Schulfremde. Eine Mutter aus Zeppelinheim erzählt, dass ihr Kind vor einigen Jahren während der Umbauarbeiten der Selma-Lagerlöf-Schule in die BGS ging. Und da habe es keine Probleme gegeben. Joachim Bremer, stellvertretender Leiter der BGS, spricht davon, dass sich in den vergangenen 15 Jahren viel zum Positiven an seiner Schule geändert habe. Das komme aber nur verzögert in Neu-Isenburg an. Er macht aber auch darauf aufmerksam, dass es durch die angedachte Zwischenlösung Einschränkungen für die BGS gebe, da der Schulhof kleiner werde.
Quilling, der ebenfalls eine Lanze für die BGS bricht, kann der Mutter keine Hoffnung machen, dass doch noch der Wilhelmsplatz zum Zuge kommen könnte. Beim Thema langer Weg werde schon über Schulbusse nachgedacht.
Andere Eltern sprechen sich für eine frühzeitige Ein- beziehung und einen Runden Tisch aus, um alles zu besprechen. Marion Wagner, Leiterin der HCAS, versichert, dass der Kreis die Schulen schon früh einbezogen habe. Ähnliches gelte für die BGS, so Bremer. Ein Vater zeigt sich beruhigt, dass nach bisherigem Stand auch die Verpflegung und der Sportunterricht am Interimsstandort stattfinden sollen und die Kinder nicht in den Sportpark müssen.
Quilling verspricht eine weitere Infoveranstaltung, sobald genauere Pläne vorliegen. „Es war eine angenehme Runde“, sagt der Landrat gestern auf Nachfrage. Er freut sich über das Interesse und über die Eltern, die sich einbringen wollen. „Wir sind noch in einer frühen Phase.“ Aber der Landrat ist zuversichtlich, an beiden Standorten neue Schulen mit einer Ganztagsbetreuung entwickeln zu können – mit einer hohen Akzeptanz vor Ort.
Umzug der Albert-Schweitzer-Schule für 2025 geplant
Die Vorplanung für den Neubau der beiden Schulen hat bereits begonnen. Vorgesehen ist laut Quilling ein offener Architektenwettbewerb. Zum Tragen kommt die Vergabeverordnung (VGV) für öffentliche Aufträge. Nach jetzigem Stand sollen die bisherigen Gebäude komplett abgerissen und neu gebaut werden. Vorgesehen sind dreigeschossige Gebäude. Die Albert-Schweitzer-Schule (ASS) soll vier- statt bisher dreizügig, die Hans-Christian-Andersen-Schule (HCAS) fünf- statt vierzügig werden und demnach Platz für 400 beziehungsweise 500 Schülerinnen und Schüler bieten. Das Interimsgebäude auf dem Gelände der Brüder-Grimm-Schule soll in Holzmodulbauweise entstehen und im zweiten Quartal 2025 fertig sein. Für die Betreuung soll die Alte Goetheschule genutzt werden. Dann könnte die ASS umziehen und die Arbeiten für den Neubau der Grundschule beginnen. Diese könnten Ende 2026, Anfang 2027 abgeschlossen sein. Dann soll die HCAS folgen. hok
Von Holger Klemm