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Drogenhandel im Kreis Offenbach: Gericht lässt gegenüber Geschwistern Milde walten

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Von: Stefan Mangold

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Marihuana
So oder ähnlich könnte die Handelsware eines mutmaßlichen Dealers aus Neu-Isenburg ausgesehen haben: Eine Polizistin hält Tütchen mit Marihuana in den Händen. (Symbolbild) © Christophe Gateau/dpa/Symbolbild

In Offenbach ist das Urteil gegen einen Bruder und seine Schwester gefallen. Es ging um den Handel mit Cannabis in einer Neu-Isenburger Wohnung.

Neu-Isenburg - Anderthalb Jahre Knast auf Bewährung und ein Freispruch, so endete vor dem Schöffengericht in Offenbach nach zwei Verhandlungstagen ein Prozess. Auf der Anklagebank saßen Bruder und Schwester aus Neu-Isenburg (Kreis Offenbach). Ein Zeuge, der gerade wegen Kindesmissbrauchs im Knast sitzt, hatte die beiden wegen Drogenhandels bei der Polizei gemeldet.

Laut Staatsanwalt Dirk Schillhahn sollen die 37-Jährige und ihr 31-jähriger Bruder zwischen Juni und November 2020 in der Neu-Isenburger Wohnung der Schwester Handel mit Cannabis betrieben haben. Außerdem soll die Frau einem Minderjährigen zwei Gramm Haschisch überlassen haben.

Nach der Anzeige des Ex-Freundes ihrer 17-Jährigen Tochter hatte die Polizei die Wohnung durchsucht, zwar eine Feinwaage, aber nur die geringe Menge von 9,83 Gramm Marihuana entdeckt.

Offenbach/Neu-Isenburg: Zweifel an Zeugen-Glaubwürdigkeit bei Drogenprozess

Ulf Köper vertritt den Bruder. Der Rechtsanwalt erklärt, sein Mandant habe in der Zeit bei der Schwester gewohnt und Drogen verkauft. Das habe er der Polizei gegenüber eingestanden. Der Angeklagte erzählt auf Nachfrage von Richter Manfred Beck, einen Sonderschulabschluss zu haben und nicht zu arbeiten. Von Obdachlosigkeit bedroht, sei er bei seiner Schwester untergekommen. Auf Basis seiner Angaben schätzt das Gericht, dass der Angeklagte 38 Mal Cannabis mit einem Gewicht von je 15 Gramm verkaufte.

In der Wohnung der Schwester wohnen auch deren vier Kinder. Rechtsanwältin Nicole Gödde erklärt, ihre Mandantin habe sich zu keinem Zeitpunkt am Drogenhandel ihres Bruders beteiligt. Die Frau selbst betont, das Geschäft des Bruders habe ihr missfallen. Zweimal die Woche schaue eine Familienhelferin vorbei, „ich hatte Angst, das Jugendamt nimmt mir die Kinder weg“.

Freispruch in weiterem Drogenprozess

Bereits im April 2022 endete ein Drogenprozess in Offenbach mit Freispruch, auch damals ging es um einen Beschuldigten aus Neu-Isenburg. Die Beweislage gegen den Mann war damals schlicht zu dünn.

Ein Zeuge sagt aus, dessen Leumund nicht dafür spricht, ihm vorbehaltlos zu glauben. Der 18-Jährige sitzt gerade zweieinhalb Jahre Jugendstrafe ab. Eine 12-Jährige missbrauchte er, eine 14-Jährige erpresste er mit der Drohung zum Sex, despektierliche Aufnahmen von ihr ins Netz zu stellen. Die Angeklagte hatte den damaligen Freund ihrer Tochter in Verdacht, er wolle, dass sich die damals 15-Jährige für ihn prostituiere. Der Zeuge hatte die Polizei über den vermeintlichen Drogenhandel in der Wohnung in Neu-Isenberg informiert. Vor Gericht erklärt der zur angeblichen Tatzeit Minderjährige, die Angeklagte habe ihm einmal zwei Gramm Marihuana geschenkt.

Offenbach/Neu-Isenburg: Drogenhandel hat milde Folgen

Zum zweiten Prozesstag in Offenbach taucht der Mandant von Anwalt Köper nicht auf. Richter Beck spekuliert, „entweder vergessen oder keine Lust“. Beck hatte den Mann bei ersten Termin darauf hingewiesen, „wenn Sie am 13. Juni nicht kommen, geht es dennoch weiter“. Dann sagen zwei Polizisten widersprüchlich aus. Die eine will im Chatverlauf auf dem Handy des Angeklagten nichts gelesen haben, was auf eine Tatbeteiligung der Schwester deutet. Der andere schon, wobei nicht ganz klar wird, ob er wirklich die Kommunikation zwischen Bruder und Schwester erinnert. Aufdröseln lässt sich das nicht mehr.

Das Schöffengericht lässt im Prozess um Drogenhandel in Neu-Isenburg Milde walten.
Das Schöffengericht lässt im Prozess um Drogenhandel in Neu-Isenburg Milde walten. © Symbolbild: dpa

Staatsanwalt Schillhahn erklärt, im Raum stünde für die Angeklagte eine Beihilfe zum Drogenhandel, „weil sich die Geschichte in ihrer Wohnung abspielte“. Allerdings dürfte es der Frau aus familiärer Verbundenheit darum gegangen sein, dass der Bruder nicht auf der Straße lande, sie seinen Drogenhandel duldete, aber nicht unterstützte. „Am Ende des Tages ist das alles zu unkonkret“, resümiert Schillhahn, der für die Angeklagte einen Freispruch fordert, für ihren Bruder 100 gemeinnützige Arbeitsstunden und 18 Monate Haft auf Bewährung, „mit Bewährungshelfer, damit er mal was auf die Kette bekommt“.

Rechtsanwältin Nicole Gödde sagt: „So kann ich mich dem Staatsanwalt anschließen.“ Das gilt auch für Verteidiger Ulf Köper, der erwähnt, „ohne sein Geständnis wäre es nur um zehn Gramm Marihuana gegangen“. Richter Beck und die Schöffen folgen dem Antrag des Staatsanwalts. Der Angeklagten gibt Beck mit: „Sie haben Glück gehabt, es gibt Gerichte, die hätten Sie wegen Beihilfe verurteilt.“ (Stefan Mangold)

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