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Mann vergewaltigt betrunkene Frau im Schlaf: Gericht verhängt Bewährungsstrafe

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Von: Stefan Mangold

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Eine Frau wendet Blick von dem Spiegel ab.
In Neu-Isenburg hatte ein Mann Geschlechtsverkehr mit einer 23-Jährigen, obwohl diese extrem betrunken und in einem komatösen Zustand war. (Symbolbild) © Ute Grabowsky/imago

Ein 27-jähriger Neu-Isenburger muss sich vor dem Schöffengericht in Offenbach für die Vergewaltigung einer Bekannten verantworten.

Neu-Isenburg/Offenbach – Vergewaltigung, aber ein Urteil von nur einem Jahr Gefängnishaft auf Bewährung: Der Prozess, den das Schöffengericht in Offenbach verhandelt, gestaltet sich kompliziert. Auch der Angeklagte sieht ein, dass die Geschädigte in dessen Wohnung in Neu-Isenburg keinen Geschlechtsverkehr gewollt hatte. Wusste er das aber auch in dem Moment?

Die Anklage von Staatsanwalt Alexander Betz beginnt mit dem Oktoberfest 2019. Der Neu-Isenburger und Freunde hätten in Frankfurt gefeiert. Anschließend sei man mit dem Taxi nach Groß-Gerau in eine Shisha-Bar gefahren. Dort habe der Angeklagte einem Freund angeboten, seine stark betrunkene Schwester und deren nicht minder alkoholisierte Freundin könnten bei ihm übernachten. Der Freund habe die Frauen und den Angeklagten zu dessen Wohnung gefahren. Unterwegs habe man angehalten, weil sich die Frauen übergeben mussten.

Prozess um Vergewaltigung in Neu-Isenburg: Frau extrem betrunken

Die Geschädigte sei so betrunken gewesen, dass die beiden Männer sie die Treppe hochtragen mussten. Der Kumpel des Angeklagten sei im Anschluss gegangen. Als die Frauen tief schlafend im Doppelbett lagen, habe der Angeklagte die Lage ausgenutzt und an der bewusstlosen Freundin der Schwester seines Kumpels den Geschlechtsverkehr vollzogen.

Auf Nachfrage von Richter Manfred Beck erklären die Rechtsanwälte Victoria S. Kunkel und Talat Bay, ihr Mandant wolle aussagen. Der 27-Jährige berichtet, er habe nachts ein Reiben der Geschädigten mit ihrem Gesäß in seinem Schritt gespürt, was er als Aufforderung verstanden habe. Er habe die Frau penetriert, nach einer halben Minute sei ihm jedoch klar gewesen, „das ist jetzt keine gute Idee“. Seine Freundin sei ihm in den Sinn gekommen.

Neu-Isenburg: „Ich befand mich in einem komatösen Zustand“, sagt die Geschädigte

Die 23-Jährige sagt im Zeugenstand aus, morgens habe sie erschreckt festgestellt, bis auf den BH nackt zu sein. Ihres Kleides sei sie entledigt gewesen. Der Angeklagte habe die Frauen gedrängt, seine Wohnung zu verlassen und die beiden nach Hause gefahren. Unter der Dusche habe sie durch den Ausfluss bemerkt, was geschehen war. Definitiv könne sie sagen, es seien von ihr keine Signale ausgegangen – „wie auch, ich befand mich in einem komatösen Zustand“.

Abends sei sie mit ihrer Freundin zum Angeklagten gefahren, um ihn zur Rede zu stellen. Der habe sofort eingelenkt, es tue ihm leid. Der Isenburger sei dann auf deren Aufforderung hin zu den beiden Frauen ins Auto gestiegen, um zum Bruder der Freundin der Geschädigten zu fahren. Letztlich diskutierte man dort zu sechst den Vorgang. Zwei Zeugen erklären, den Angeklagten noch nie so konsterniert gesehen zu haben, „er sagte schließlich gar nichts“. Vor Gericht entschuldigt sich der Mann bei der Geschädigten: „Ich hatte die Situation ganz falsch eingeschätzt“, beteuert er. Die Geschädigte erklärt, seit dem Vorfall vor zweieinhalb Jahren sei sie mit keinem Mann mehr intim geworden.

Prozess um Vergewaltigung in Neu-Isenburg: Mann fiel polizeilich nie auf

Staatsanwalt Betz betont in seinem Plädoyer, die Fälle, in denen sich Männer an wehrlosen Frauen zu schaffen machen, kämen immer öfter vor, „es sollte sich herumgesprochen haben, dass es sich um Vergewaltigung handelt“. Der Angeklagte habe mit der Geschädigten vor dem Eindringen überhaupt nicht kommuniziert, „weder verbal, noch nonverbal“. Betz fordert 30 Monate Gefängnis. Die Anwälte Kunkel und Bay plädieren auf Freispruch. Bay erklärt, objektiv habe die Geschädigte gegen ihren Willen den Koitus über sich ergehen lassen, im Suff habe sein Mandant aber deren Bewegungen im Schlaf falsch gedeutet: „Für die Geschädigte war das eine Scheißnacht, für den Angeklagten aber auch.“ Der polizeilich nie aufgefallene Mann sei ganz sicher kein Typ Vergewaltiger.

Richter Beck und die beiden Schöffen verhängen ein Jahr Gefängnis auf Bewährung, außerdem muss der Angeklagte 2 500 Euro an den Verein „Frauen helfen Frauen“ zahlen. Eine verminderte Schuldfähigkeit könne das Gericht nicht ausschließen. Der Angeklagte habe aber gewusst, „wie besoffen die Frau war. Sie konnten von keinem Einverständnis ausgehen“. (Stefan Mangold)

Eine Vergewaltigung in Gießen beschäftigt die Polizei. Der Täter hatte sich offenbar über längere Zeit an einer 25-Jährigen vergangen.

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