Neu-Isenburger Altstadtfest lockt mit Livemusik und Geschichtsfenstern

Freitag im Alten Ort: Bereits am frühen Abend, als Bürgermeister Gene Hagelstein das Altstadtfest offiziell eröffnet, brummt es in den Gassen und auf dem Marktplatz. Später ist an manchen Stellen kaum noch ein Durchkommen möglich. Es ist offenkundig, dass viele Isenburger sich auf das erste größere Stadtfest nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause gefreut haben und jetzt voll auskosten wollen, dass mit dem Altstadtfest nun auch wieder etwas „öffentliche Normalität“ ins Herz der Stadt zurückkehrt.
Neu-Isenburg - Was den Reiz des Altstadtfests eben schon immer ausgemacht hat: Man trifft dort Leute, die man sonst das ganze Jahr über nicht sieht. Man kennt sich, trinkt ein Glas zusammen, plaudert oder winkt sich wenigstens zu. Doch das Stadtoberhaupt bittet auch um Vorsicht: „Ich freue mich, dass so Viele wieder die Möglichkeit nutzen, sich zu treffen, ich freue mich sehr, wie freudig sie einander begegnen. Aber Corona ist noch nicht vorbei. Passt aufeinander auf.“
Gleich zu Beginn seiner ersten Fest-Eröffnung als Bürgermeister gelingt Hagelstein ein schwieriger Spagat. Bevor’s ans fröhliche Feiern gehen soll, bittet er hier auf dem Marktplatz – wo es derzeit immer wieder am Freitagabend Mahnwachen für den Frieden gibt – um eine Schweigeminute für die Opfer des Kriegs in der Ukraine. Natürlich nimmt das nicht jeder wahr. Aber die Leute, die der Eröffnung folgen, stehen mit Hagelstein ganz still da. Danach klatschen sie. Ein Gänsehautmoment.
Applaus gibt es auch für die vielen Kulturschaffenden, die Hagelstein anschließend für ihre verbindenden Projekte während der Pandemie mit insgesamt sieben Sonderpreisen der Stadt auszeichnet (siehe Artikel unten). Dank richtet das Stadtoberhaupt auch an die Fest-Organisatoren, insbesondere die Abteilung Stadtbelebung um Gordana Petkovic, die eine gute Lösung für den Platz der Bühne gefunden hätten. Und denen es gelungen sei, eine schöne Mischung aus Ständen von Vereinen und Institutionen sowie anderen Beteiligten zu finden. „Es gibt unübersehbare Veränderungen hier im Alten Ort und es wird weitere geben – nutzen Sie die Abstimmung über das spätere Erscheinungsbild des Marktplatzes“, verweist der Rathauschef darauf, dass im Stadtmuseum noch Mitmachkarten bereitliegen.
Beim Schlendern durch die Gassen sieht man immer wieder Leute, die sich freudig begrüßen und in die Arme fallen. Doch es gibt auch diejenigen, bei denen die Sorge vor Corona mitschlendert. Sie tragen Maske und versuchen, zu dichte Menschenansammlungen zu meiden. „Nein, da gehen wir jetzt nicht durch, das ist es mir zu voll“, sagt eine ältere Dame zu ihrem Begleiter – und sie wählen einen anderen Weg. „Ja, so soll es ja sein, jeder so, wie er sich wohlfühlt“, sagt Gordana Petkovic – und zeigt sich zufrieden mit dem Auftakt.
Auch Neu-Isenburgs neuer Kulturmanager Christopher George beobachtet das Geschehen und ist begeistert: „Das ist wirklich ein gelungener Start in die neue Festivitäten-Saison, die Menschen drängt es geradezu zu den Plätzen, wo sie wieder Kultur genießen können.“
Wie gewohnt gibt es viel Livemusik. Und einiges an Auswahl für Leute, die sich stärken wollen. Eine Schlange bildet sich zeitweise etwa bei den Riesen-Burgern. Und danach kann man ein paar Schritte weiter bei Sawa Takahashi-Erfert japanische Eiskreationen kosten. Aber auch die Kultur kommt nicht zu kurz. Ein Hingucker ist die historische Modenschau auf dem Marktplatz. Und Darsteller aus der Living-History-Szene um Andrej Pfeiffer-Perkuhn zeigen im Stadtmuseum, wie Menschen in allen Epochen mit Krisen umgegangen sind. Dazu haben sie verschiedene Gegenstände im Gepäck, mit denen sie Strategien der Krisenbewältigung aus dem Mittelalter in die Neuzeit und im 20. Jahrhundert präsentieren, wie Museumsleiter Christian Kunz erläutert. Die Zeitreise endete beim „Schwarzmarkthändler“ (gespielt von Matthias Zimmermann), der aus der Not nach dem Ersten Weltkrieg eine Tugend machte und mit begehrten Gütern handelte. „Für jede Krise haben die Menschen eine Lösung gefunden – ich hoffe, es wird diesmal auch so sein“, blickt Zimmermann auf die aktuelle Situation.
Auch wenn mancher Festbesucher findet, es seien zu wenig Stände gewesen oder der Standort der Bühne seien nicht optimal gewählt worden, so hat das 38. Altstadtfest doch für viele Fans dazu beigetragen, die Entbehrungen der Corona-Zeit für einen Moment zu vergessen. „Hoffentlich bleibt es so“, lautet ein oft geäußerter Wunsch am Wochenende. lfp

