Neu-Isenburg – Auf den Straßen, Plätzen und Gehwegen in der City gibt es für Menschen mit Handicap einige Probleme. Hier steht ein Baugerüst im Weg, dort ragt ein Ast in Kopfhöhe über den Zaun oder ein Auto parkt halb auf dem Bürgersteig. Im Alltag stoßen Sehbehinderte, Blinde, Gehbehinderte, Menschen mit Rollator oder Kinderwagen oft auf Hindernisse.
Kaum ein Weg ist barrierefrei, fast überall treffen Menschen mit Handicap auf unüberwindbare Hürden, die ihnen das Leben schwer machen und sie manchmal sogar ausgrenzen.
Pierre Fontaine will das ändern. Der Dezernent für Inklusion und Barrierefreiheit möchte den Weg frei machen, damit auch Menschen mit Behinderung an ihrem Ziel ankommen. Im besten Fall ohne Hilfe. Dem ehrenamtlichen Stadtrat, der von der CDU in den Magistrat entsendet wurde, geht es um Selbstbestimmung. In vielen Fällen wird Behinderten geholfen, wenn man etwa als Rollstuhlfahrer an einer viel zu steilen Rampe am Eingang eines öffentlichen Gebäudes steht und klingeln soll, um Unterstützung zu bekommen. Mit Hilfe anderer kommen Behinderte weiter, doch allein nur selten an ihr Ziel. Die Selbstständigkeit bleibt auf der Strecke.
Wer Behinderten-Parkplätze zuparkt, wer für Poller und Schilder mitten auf dem Gehweg sowie für Stufen auf dem Weg zum Bankautomaten oder zur Arztpraxis verantwortlich ist, der sollte nicht gleich lautstark kritisiert oder gar beschimpft werden. Fontaine sucht den Dialog und setzt auf Aufklärung, denn meistens sei es keine böse Absicht, sondern Behinderte würden einfach vergessen, so seine Erfahrung. „Ich will sensibilisieren“, sagt er. Er möchte das Bewusstsein schärfen und dafür sorgen, dass bei jedem Bauprojekt und bei der Stadtgestaltung an Menschen mit Handicap gedacht wird. Dabei will er die Erfahrungen und Expertise der Betroffenen nutzen und sie in seine Arbeit einbinden.
Der Dezernent spricht nicht von Integration, er meint Inklusion. Das ist mehr, denn es geht nicht darum, dass eine Gruppe eine andere Gruppe akzeptiert, sondern dass in der Gesellschaft alle Menschen als selbstbestimmte Individuen gleichberechtigt sind und einbezogen werden. Dieses Ziel basiert auf dem geltenden Recht der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland bereits 2009 unterzeichnet hat. Soweit die Theorie.
Auf dem Weg zur Barrierefreiheit gibt es nach Ansicht von Pierre Fontaine noch einige Hindernisse „und viel Luft nach oben“. Barrierefreiheit ist eine Querschnittsaufgabe, die neben den Feldern Bildung, Wohnen, Arbeiten, Mobilität noch viele andere Lebensbereiche betrifft. Die Hürden sind nicht immer haptisch. Das kann beispielsweise die komplizierte Sprache auf Formularen sein, die nicht alle verstehen oder eine Homepage mit einem tollen Design, auf der die Schrift allerdings so kontrastarm ist, dass Senioren oder sehbehinderte Menschen sie nur schwer lesen können.
Wie der Alltag von Menschen im Rollstuhl aussieht, das weiß der Dezernent gut. Er ist seit rund 15 Jahren ehrenamtlich im Behindertensport tätig und Vorsitzender des Fördervereins Rollstuhlbasketball Rhein-Main sowie Teammanager in der 1. Rollstuhlbasketballbundesliga. Er organisiert eines der weltweit größten Rollstuhlbasketball-Turniere und hat in Neu-Isenburg bereits zwei Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft der Damen gemanagt.
„Barrierefreiheit beginnt im Kopf. Wer das verstanden hat, der denkt an alle“, sagt Fontaine, der hauptberuflich bei der Eintracht Frankfurt Stadion-Gesellschaft arbeitet. Nach dem Sensibilisieren und Aufklären kommt das Verbinden. Es müsse mehr Begegnungen, mehr Gespräche zwischen behinderten und nicht-behinderten Menschen geben, sagt er und nennt einen konkreten Punkt auf seiner Agenda, den er jetzt umsetzen möchte: einen Tag der Inklusion. Am Samstag, 17. September, soll auf dem Rosenauplatz gefeiert werden – mit Musik, Infoständen und einem Rolli-Parcours, der Behinderung für alle erfahrbar macht. air
Kontakt
Fontaine steht per Mail (inklusion@stadt-neu-isenburg.de) für Anmerkungen zur Verfügung. Anfragen können auch unter Tel. 06102 241600 gestellt werden.