Neue Stadtfotografin für Neu-Isenburg

Unter dem Thema „Zwischenwelten“ nimmt die neue Neu-Iseburg Stadtfotografin des Forums zur Förderung von Kunst und Kultur, Kirsten Delrieux, in diesen Tagen ihre Arbeit auf. Die 53 Jahre alte Buchbinderin wird mit ihrer digitalen Canon-Spiegelreflexkamera und ihrem Smartphone Orte in Neu-Isenburg festhalten, in denen das Alte verschwunden, das Neue aber auch noch nicht entstanden ist.
Ein gutes Beispiel für ihre Arbeit ist eine Fotografie des derzeitigen Brachlands der Baustelle zur „Neuen Welt“, das neue Stadtquartier Süd. Das Foto zeigt, dass die alten Gebäude längst abgerissen sind und sich Pflanzen den Weg suchen, eine Palette liegt achtlos inmitten der großen freien Fläche und im Hintergrund sind neue, wie auch noch alte Bürogebäude zu erkennen.
Vieles im Umbruch
„Uns fasziniert das Thema, denn es passt gerade so perfekt in diese Zeit. In Neu-Isenburg ist so vieles im Umbruch. Das neue Stadtquartier entsteht, die Vorbereitungen zur Regionaltangente West sind im Gange. Wir sind gespannt darauf, wie Kirsten Delrieux diese Veränderungen für uns einfängt“, erklärt Kati Conrad, stellvertretende Vorsitzende des FFK, die gemeinsam mit Marco Thoms und Gastjuror Dr. Frank Freytag die Stadtfotografin für das Jahr 2023 ausgewählt hat. Bei den Arbeiten von Delrieux wird es allerdings nicht darum gehen, Baufortschritte zu dokumentieren oder wachsende Häuser festzuhalten. Es sind, wie das Thema schon sagt, die Zwischenwelten, die Kirsten Delrieux festhält. Das können die Absperrungen sein, die Bauhügel, die kommen und verschwinden, Baumaschinen. Ein karger Parkplatz, ein verlassenes Haus, eine bereits zugewachsene Eisenbahnschiene.
„Diese Motive faszinieren mich, besonders, dass es meist nur ein vorübergehendes Bild ist, das nicht bleiben wird“, erklärt Delrieux ihre Motivation, auf die Jagd nach Bildern zu gehen. Schon als Kind hat sie gerne fotografiert. Sie ist in Neu-Isenburg aufgewachsen, hat, wie ihr Nachname verrät, hugenottische Wurzeln. „Erst zum Studium bin ich aus Neu-Isenburg weggegangen. Heute lebe ich in Götzenhain. Dieser kleine Abstand zu meiner Heimatstadt macht es vielleicht noch einfacher, wenn ich mich auf die Suche nach Veränderung begebe“, sagt sie lächelnd. Zuerst lernt sie Buchbinderin, ein Beruf in dem sie heute wieder arbeitet, danach studiert Delrieux Kommunikationsdesign. Sie ist auch künstlerisch tätig, in experimenteller und dokumentarischer Fotografie, Malerei und Objektkunst.
Eigene Bildsprache
Die Kamera legt sie eine ganze Weile aus den Händen, weil sie mit der digitalen Fotografie anfangs wenig Freude hat. Das Smartphone bringt sie wieder zum Fotografieren: „Ich habe plötzlich wieder diese freudige Aufgeregtheit gespürt, als ich hinter der kleinen Linse am Telefon war. Heute gerate ich manchmal in einen regelrechten Rausch. “, erzählt sie aus ihrer Arbeit. Manchmal werde sie von Beobachtern gefragt, was sie denn eigentlich fotografiere, weil sie nichts Schönes entdecken können. „Ja, ich habe meine ganz eigene Bildsprache und meine eigene Ästhetik“, gibt sie zu.
Die FFK-Jury war begeistert von der Auswahl der Bilder, mit der sich Delrieux beworben hat – und freut sich auf die Ergebnisse, die im Laufe des Jahres noch entstehen. „Und letztlich hat es dann doch einen dokumentarischen Kern“, sagt Marco Thoms, „ich sehe es schon vor mir, wie die Leute bei der Ausstellungseröffnung vor den Fotos stehen und darüber diskutieren, wo das jeweilige Foto entstanden ist, wie es jetzt aussieht, wie es früher aussah“, freut sich das Jurymitglied auf diese kommunikativen Momente, die bei der abschließenden Bilderschau entstehen werden.
Für Delrieux beginnt jetzt die Zeit der Arbeit. In ungefähr einem Jahr sehen die Kunst- und Fotofreunde aus der Region dann die Ergebnisse in einer Ausstellung im Stadtmuseum. „Darauf freue ich mich jetzt und dieses Ziel, darauf hinzuarbeiten, das motiviert mich ungemein“, sagt Delrieux mit Vorfreude auf ihr jüngstes Projekt.
Aktuelle Ausstellung
Fast 100 Gäste haben vergangene Woche bei der Vernissage die Arbeiten der Stadtfotografin 2022, Kamila Utiukova, angeschaut. Ihre Ausstellung zum Motto „My Darkest Hour“ ist noch bis zum 23. April im Stadtmuseum Haus zum Löwen (Löwengasse 24) zu sehen.
Von Nicole Jost