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Entwertung des Deutschland-Tickets

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Von: Holger Klemm

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Hinter der Kulturhalle stehen Ladesäulen, an den Roger Schiers und seine Kollegen den „Hopper“ tanken können. Die Mercedes-Minibusse haben im Optimalfall eine Reichweite von 560 Kilometern.
Der Hopper soll ab 26. Juni auch in Neu-Isenburg unterwegs sein. Doch es gibt auch kritische Stimmen. © Löw

In der Stadtverordnetenversammlung zeichnet sich eine Mehrheit für die Einführung des Hoppers ab. Der Haupt- und Finanzausschuss gab grünes Licht für das On-Demand-Angebot, das in Neu-Isenburg ab 26. Juni starten soll. Der Fahrgastverband Pro Bahn hält vom Hopper dagegen nichts – zumindest für Neu-Isenburg. Kritik an der Tarifstruktur kommt nicht nur, wie berichtet, aus dem Ortsbeirat Zeppelinheim, sondern auch von den Kollegen aus Gravenbruch.

Neu-Isenburg - „Wir sind nicht gegen neue Ideen“, versichert der Neu-Isenburger Apostolos Koreas, stellvertretender Vorsitzender von Pro Bahn für den Großraum Frankfurt. Doch der Hopper spreche nur zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung an. Für Pendler, von denen es in Neu-Isenburg 20 000 Ein- und 10 000 Auspendler gebe, sowie Personen ohne Mobiltelefon oder Kinder und Jugendliche sei das neue Angebot nichts. Große Teile der Bevölkerung würden so vom ÖPNV ausgeschlossen. „Der Hopper ist gut für kleinere Gemeinden im Osten des Kreises, aber nicht für eine Stadt wie Neu-Isenburg“, führt er weiter aus. Insbesondere für Leute aus Zeppelinheim und Gravenbruch werde es künftig deutlich teurer.

Extra Kosten

Koreas sieht das neue Deutschlandticket entwertet, da der Hopper extra Geld kostet. Für Nutzer des Deutschlandtickets entfällt zwar der Grundpreis, der Zuschlag von einem Euro und ab fünf Kilometer 30 Cent pro Kilometer müssen aber bezahlt werden. Beim Komfort-Tarif, wenn parallel auch Busse fahren, sind es 1,50 Euro und 40 Cent. „Wir fordern, dass für Nutzer des Deutschland-Tickets der Hopper kostenlos wird“, so der Sprecher von Pro Bahn.

In Folge des Hoppers wird das Liniennetz ausgedünnt und auch auf barrierefreie Haltestellen verzichtet (siehe Kasten). Koreas sieht deshalb in dem On-Demand-Angebot keine Ergänzung des ÖPNV, sondern einen öffentlich getarnten MIV (motorisierten Individualverkehr).

RMV soll Hausaufgaben erledigen

Einer der Ziele des Deutschland-Tickets sei es, den Tarifdschungel zu bereinigen und den bürokratischen Wasserkopf des ÖPNV zu reduzieren. Laut Koreas passiert in Neu-Isenburg das Gegenteil: „Der bürokratische Aufwand wird erhöht, die Attraktivität des ÖPNV reduziert, der Wasserkopf bleibt.“ Viele würden gezwungen, wieder mit dem Auto zu fahren. „Seit vielen Jahren versäumt es der RMV, seine wichtigsten Hausaufgaben zu erledigen, nämlich ein bezahlbares, pünktliches und zuverlässiges Verkehrssystem auf die Beine zu stellen.“

Koreas macht noch auf einen anderen Aspekt aufmerksam. Die Bahn hat ihre Anteile an der Muttergesellschaft Clever Shuttle, die den Hopper betreibt, zurückgezogen. Die Zukunft des potenziellen Geschäftspartners stehe in den Sternen.

Kritik der Ortsbeiräte

Kürzlich hat schon der Ortsbeirat Zeppelinheim die Tarifstruktur des Hoppers kritisiert. Je nach Fahrziel könnten für Bewohner des Stadtteils für eine Hin- und Rückfahrt Kosten von acht bis zehn Euro anfallen. „Diese Preisdimension stellt kein attraktives ÖPNV-Angebot dar“, heißt es in der Stellungnahme. Deshalb fordert der Ortsbeirat, die Grundversorgung des ÖPNV für Zeppelinheim beizubehalten und den Bus werktags bis 22 Uhr und samstags bis 20 Uhr fahren zu lassen. Auch der Ortsbeirat Gravenbruch sieht trotz Unterschieden bei der Struktur des Stadtteils eine ähnliche Problematik. Ortsvorsteher Edgar Fischer: „Daher wird die Stellungnahme des Ortsbeirats Zeppelinheim entsprechend unterstützt.“

Änderung bei den Buslinien ab Dezember

Änderungen bei den Bussen wird es ab Dezember 2023 geben, wie aus der Vorlage für die Stadtverordneten hervorgeht. Dann werden die Stadtbuslinien 51 und 52 von Montag bis Freitag nur noch von 5 bis 21 Uhr sowie am Samstag von 6 bis 15 Uhr im Halbstundentakt fahren. Für alle andern Zeiträume übernimmt der Hopper die Bedienung. Die Stadtbuslinie 53 und alle Regionalbuslinien sind nicht betroffen. Zusätzlich wird der Linienast der OF-54 vom Isenburg-Zentrum Süd bis zur Berliner Straße beziehungsweise Bansamühle eingestellt. Als Alternative gibt es das On-Demand-Angebot für die Wohngebiete östlich der Frankfurter Straße und nördlich der Offenbacher Straße auch im Tagesverkehr. Auch die Kleingärten südlich des Gravenbruchrings (Eichenbühl) sind eingebunden. Nach der Einführung des Hoppers kann das Anruf-Sammel-Taxi (AST), welches samstags das Gewerbegebiet Süd erschließt, eingestellt werden. Auf den barrierefreien Umbau der Haltstellen „Berliner Straße“ und „Am Erlenbach“ soll verzichtet werden. hok

Im Parlament

Der Hopper ist Thema in der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch, 24. Mai, 19 Uhr, im Rathaus in der Hugenottenallee 53.

Von Holger Klemm

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