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Ein Schicksal hinter jedem Flüchtling

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Volles Haus bei der Vernissage (von links): Andreas Lipsch, Constanze Celten, Pfarrer Matthias Loesch und die Integrationsbeauftragte Paola Fabbri Lipsch, die sich mit Michael Kaul von der Flüchtlingshilfe unterhält.
Volles Haus bei der Vernissage (von links): Andreas Lipsch, Constanze Celten, Pfarrer Matthias Loesch und die Integrationsbeauftragte Paola Fabbri Lipsch, die sich mit Michael Kaul von der Flüchtlingshilfe unterhält. © Postl

Neu-Isenburg - Die Bilder auf den 37 Plakaten, die derzeit im Foyer des Rathauses zu sehen sind, könnten einem grausamen Actionthriller entstammen. Von Leo F. Postl

Sie zeigen von Leid gemarterte Menschen, teilweise blutüberströmt von Verletzungen durch Bombensplitter oder die sie sich auch beim Versuch, Stacheldrahthindernisse zu überwinden, zugezogen haben. Ist das wirklich alles so wahr? Und muss das alles wirklich so sein? Mit diesen Fragen in den Gesichtern stehen viele Besucher vor der Ausstellung „Asyl ist Menschenrecht“. Warum fliehen Menschen? Welchen Gefahren sind sie ausgesetzt? Welche Wege müssen sie beschreiten, welche Hindernisse überwinden? Die überregionale Ausstellung von Pro Asyl versucht, Antworten auf diese Fragen zu geben. Die Reihenfolge der Ausstellung führt von den Fluchtländern über Europa bis nach Deutschland. Auf diesem Weg begegnen Schutz suchende Menschen vielen Gefahren, Hindernissen und Restriktionen – diese werden visualisiert, beschrieben und analysiert. Hinzu kommen einzelne Tafeln zu themenrelevanten Ereignissen, politischen Entwicklungen und asylrechtlichen Bestimmungen.

In seiner Eröffnungsrede erinnerte Bürgermeister Herbert Hunkel an den Dezember 2013, als 40 Flüchtlinge seitens des Kreises Offenbach in die Hugenottenstadt gebracht wurden, um in zwei Hotels eine Bleibe zu finden. „Ihr habt damit nichts zu tun, alles ist geregelt – ihr braucht euch um nichts zu kümmern, hat man mir damals gesagt“, gab Hunkel seine Erinnerungen wieder. Aber passiert sei nichts. „Dasselbe Spiel auch bei der Erstaufnahmeeinrichtung in der Rathenaustraße, wieder hat man uns gesagt, alles sei geregelt“, berichtete Hunkel – und er kann sich rückblickend noch immer über diese Aussagen ärgern. „Dass diese sterile große Halle dann doch noch zu einer menschenwürdigen Unterkunft wurde, haben wir nicht jenen zu verdanken, die uns gesagt hatten, dass alles geregelt sei, sondern nur Ihnen, die sich so vorbildlich engagiert haben“, betonte der Verwaltungschef – und fügt an: „Wir haben es jedenfalls geschafft!“

Hunkel verwies auch darauf, dass die Auseinandersetzung mit der Ausstellung auch dazu beitrage, zu verstehen, wie es zu den Flüchtlingsströmen und ihren Folgen kommt. „Hier gibt es Denkanstöße, wie es den Menschen in den Lagern und auf den beschwerlichen Fluchtwegen geht“, so Hunkel. Der Idealzustand, fügte er an, sei wohl erst erreicht, wenn es keine Gründe mehr zur Flucht gäbe.

Pfarrer Matthias Loesch von der Marktplatzgemeinde ist normalerweise ein Mann der freien Rede, doch diesmal hatte er sein Grußwort „verschriftlicht“ – damit er und alle wissen, was er wirklich gesagt habe. „Diese Dokumentation von Pro Asyl redet Klartext, zeigt Fehler und Fakten für die Fluchtgründe auf“, so Loesch. „Auch wir hier in Westeuropa sind mit hinein verstrickt. Wer meint, wir könnten uns als Trutzburg Europa heraushalten, der täuscht. Der Flüchtlingsstrom findet wieder andere Wege“, so Loesch deutlich.

Er zitierte die Bremer Stadtmusikanten, in deren Geschichte es heißt: Etwas Besseres als den Tod findest du überall. Loesch forderte nicht nur eine Gemeinschaft der Toleranz, sondern eine der Akzeptanz zu praktizieren. „Es kommen weder Engel noch Teufel, es kommen Menschen mit hellen und dunklen Seiten“, schloss der Pfarrer – auch in seiner Funktion als ein Sprecher der Flüchtlingshilfe Neu-Isenburg. Die Schlussworte setzte dann der Vorsitzende von Pro Asyl, Andreas Lipsch. Er prangerte nicht nur viele Unzulänglichkeiten, ja menschenverachtende Praktiken bei der Asylgewährung an, sondern forderte einen Umgang mit den geflüchteten Menschen, so wie es das Grundgesetz vorschreibt: „Asyl ist Menschenrecht.“ Die Schau ist noch bis Ende dieser Woche zu den üblichen Zeiten im Rathaus zu sehen.

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