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Wohlklang seit 50 Jahren

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Von: Holger Klemm

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Organistin Gabriele Urbanski bezeichnet es als Glück, an der Orgel spielen zu dürfen.
Organistin Gabriele Urbanski bezeichnet es als Glück, an der Orgel spielen zu dürfen. © -

„Es ist ein großes Glück, an dieser Orgel spielen zu dürfen.“ Organistin Gabriele Urbanski spricht von der „Königin der Instrumente“ in der evangelischen Johanneskirche in Neu-Isenburg, die seit 50 Jahren Gottesdienste in der Gemeinde und Konzerte bereichert. Dazu startet am morgigen Sonntag zum Jubiläum eine Veranstaltungsreihe.

Neu-Isenburg - Auch wenn sie mit 17 Registern, verteilt auf zwei Manuale und Pedal, sowie an die 1 000 Orgelpfeifen zu den eher kleineren Instrumenten der Gattung gehört, ist Urbanski von ihrem Klang begeistert. „Da könnte ich stundenlang spielen und zuhören.“ Und die Organistin ist voller Dankbarkeit, dass vor mehr als 50 Jahren der Investition in Höhe von 95 000 Mark zugestimmt wurde. „Damals waren es Musikbegeisterte in der Gemeinde, die sich für die Anschaffung einsetzten“, erzählt Urbanski. Doch das Vorhaben war nicht unumstritten. Einige plädierten dafür, lieber Bedürftigen beispielsweise in Biafra zu helfen.

So wichtig das auch ist, zeigt sich Urbanski doch froh, dass die Orgel damals angeschafft wurde, die heute fester Bestandteil der Gemeinde ist und die – bei richtiger Pflege – theoretisch Jahrhunderte überdauern kann. Die Organistin hat selbst schon an einer Orgel aus dem Jahr 1450 gespielt und war begeistert.

Hochwertig

Der damalige Orgelbauausschuss der Gemeinde hat sich, unterstützt von dem Sachverständigen Reinhardt Menger, 1968 bewusst gegen die Anschaffung einer damals modernen Elektro-Orgel zugunsten einer traditionellen mechanischen entschieden. Es sollte keine günstige, in Serie hergestellte vom „Fließband“ werden, wie es damals einige Werkstätten anboten, sondern eine qualitativ hochwertige Orgel aus besonders beständigem, im Moor abgelagerten Eichenholz mit Zinnpfeifen. Die Wahl fiel auf die renommierte Werkstatt Ahrend in Ostfriesland, die sich auch der Sanierung historischer Orgeln verschrieben hat. Letztendlich dauerte es viereinhalb Jahre, bis am 17. Februar 1973 Einweihung gefeiert werden und erstmals der Wohlklang den Kirchenraum füllen konnte. Doch diese lange Zeit sei normal. So sei es aufwendig, das Instrument, das ein Gehäuse aus Eiche hat, zu bauen und auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten hin auszurichten. Die Arbeit hat sich gelohnt, findet Urbanski.

„Ungleich schwebend“

„Unsere Orgel ist an der Barock- und Renaissancezeit des 16. und 17. Jahrhunderts orientiert“, berichtet die Organistin. Modernere Werke beispielsweise von Max Reger seien da nicht so geeignet. Allerdings bedeutet das nicht, dass gar keine modernen Stücke gespielt werden können. Man müsse sich entsprechend darauf einlassen. Fachleute bezeichnen die Stimmung als „ungleich schwebend“ durch die Bevorzugung der gebräuchlichen Tonarten durch reinere Terzen oder Quinten als bei entlegenen Tonarten.

Auch wenn die Orgel zu den kleineren ihrer Gattung gehört, überzeugt sie durch den Farbenreichtum ihrer Register. „Es begeistert mich zum Beispiel immer wieder, wie weich und sanglich der Prinzipal 8’ klingt – stundenlang könnte ich mit ihm spielen, ohne eine Abwechslung zu vermissen. Mit dem Spitzgedackt 4’ kann ich ein Blockflötenquartett simulieren und im Wechsel mit der Holzflöte 4’ gleich noch ein paar Echoeffekte einbauen“, schrieb sie vor zehn Jahren zum 40. Geburtstag in ihrem „Lob auf die Orgel“ im Gemeindebrief.

Musikalisches Fest

Für Urbanski hat die „Orgel eine Seele und gibt einem so viel zurück“. Die Organistin freut sich, dass das Instrument jetzt wieder im Gottesdienst erklingen kann. Denn während der Wintermonate fanden diese im Gemeindehaus statt, um Energie zu sparen. „Ich spiele zwar auch gerne an einem Flügel, doch eine Orgel ist schon etwas ganz Besonderes.“ Seit Anfang März geht es wieder in die Kirche. Deshalb starten die Jubiläumsfeierlichkeiten für die Orgel, die ja eigentlich schon im Februar Geburtstag hatte, erst jetzt. Mit den Konzerten freut sie sich nun darauf, mit vielen Kolleginnen und Kollegen die Besonderheiten der Orgel zusammen mit anderen Instrumenten zum Klingen zu bringen und die Reihe zu einem musikalischen Fest werden zu lassen.

Konzerte zum Jubiläum

Auftakt der Jubiläumsreihe ist am morgigen Sonntag um 17 Uhr mit „Orgel und ... Viola“. Dorothea und Clara Baumann spielen Werke unter anderem von Telemann, Hindemith und Gabriel Fauré. „Orgel und ... Harfe“ heißt es am Sonntag, 2. April, um 17 Uhr mit Linda und Tim Reinschmidt und Werken unter anderem von Beethoven, Spohr und Buxtehude. Weiter geht es mit „Orgel und ... Posaunenchor“ am Samstag, 10. Juni, um 17 Uhr. Der Posaunenchor unter Leitung von Torsten Irion spielt mit Gabriele Urbanski an der Orgel Werke von Renaissance über Barock bis hin zu Pop und Swing. Bei der Orgelnacht am Samstag, 15. Juli, ab 20 Uhr präsentieren Organistinnen und Organisten aus dem Dekanat und der Region ein abwechslungsreiches Programm mit Werken aus verschiedenen Epochen. In den Pausen ist Gelegenheit, bei Wein und Gebäck zu flanieren und ins Gespräch zu kommen. Vorgesehen sind auch Orgelkonzerte für Kinder mit Antje Schäffer (Sprecherin) und Gabriele Urbanski – für Religionsklassen der Isenburger Schulen nach Vereinbarung. Bei der Orgelvorführung am Sonntag, 30. April, von 14 bis 17 Uhr können Interessierte das Instrument aus nächster Nähe erleben. Eine Studienfahrt vom 26. bis 29. Oktober führt nach Leer-Loga (Ostfriesland) unter anderem zu einer Orgelbauwerkstatt und historischen Orgeln. Die Kosten für Busfahrt, Unterkunft und Eintrittsgelder betragen 550 Euro. Die Organisation übernehmen Wiard Feenders und Stefan Schäfer.

Ansonsten ist der Eintritt frei, um Spenden zur Unterhaltung des Instruments wird gebeten. Weitere Infos per E-Mail unter gabriele.urbanski@ekhn.de. hok

Von Holger Klemm

Die Ahrend-Orgel in der evangelischen Johanneskirche ist seit 50 Jahren im Einsatz. Das wird nun gefeiert. archiv
Die Ahrend-Orgel in der evangelischen Johanneskirche ist seit 50 Jahren im Einsatz. Das wird nun gefeiert. © postl

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