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Ton im Streit um die Stadtratstelle in Neu-Isenburg wird rauer

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Von: Nicole Jost

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Rathaus Neu-Isenburg
Das Neu-Isenburger Rathaus - die Koalition plant künftig Büros für zwei hauptamtliche Stadträte einzurichten. © Wolf/p

Die Koalition aus CDU, Grünen und FWG bekommt weiter heftigen Gegenwind für ihr Vorhaben, einen zweiten hauptamtlichen Stadtrat zu installieren. Während sich die Koalition zur Dringlichkeit eines dritten Hauptamtlichen für Neu-Isenburg erklärt, wird die Opposition – SPD und FDP – mit der Kritik an diesem Vorhaben im Ton deutlich rauer.

Neu-Isenburg - In den sozialen Netzwerken ist indes eine Online-Petition aufgetaucht, die die Bürger dazu auffordert, gegen die Schaffung einer zweiten Stadtratstelle eine Unterschrift zu leisten. Jakob Wagner hat die Internet-Offensive auf Facebook gestartet. Der Isenburger war auf einem der hinteren Listenplätze für die SPD, ist aber selbst kein Parteimitglied. In seinem Schreiben zur Petition erläutert er, dass das Vorhaben der Koalition die politische Entscheidung der Bürger untergrabe, unnötige Ausgaben verursache und den Einfluss gewählter Vertreter einschränke.

„Wir haben im Freundeskreis darüber gesprochen und je nach politischer Haltung ist die Verwunderung oder auch die Verärgerung groß“, erklärt Wagner. Der gewählte Bürgermeister werde durch einen zweiten Stadtrat in seiner Kraft beschnitten. „Es ist Spekulation meinerseits, aber dieses Verhalten wirkt wie ein Durchsetzen von Macht eines Wahlverlierers durch die Hintertür“, ärgern sich er und seine Freunde über so ein, in ihren Augen, „undemokratisches Verhalten“.

Wagner weiß, dass die mehr als 650 Unterschriften innerhalb von 20 Stunden keine nutzbare Aussagekraft haben: „Die Online-Petition ist so nicht verwertbar, weil sie nicht ausschließlich von Isenburger Bürgern unterschrieben wird – aber es kann daraus eine echte Petition entstehen. Vielleicht gehen wir das an“, kündigt er an.

Indes hat die Koalition per Pressemitteilung betont, zu dem Entschluss zu stehen, im Stadtparlament am 15. Dezember die Anträge zur Erweiterung des Magistrats um eine weitere hauptamtliche Stadtratstelle einzubringen. CDU, Grüne und FWG erklären erneut, warum dies aus ihrer Sicht so wichtig ist. Das Leben in Neu-Isenburg werde in den kommenden Jahren von einer bisher „nie dagewesenen Anzahl von Bauprojekten und Veränderungen geprägt“ sein. Die Koalition zählt Projekte wie die RTW, das Stadtumbau-Programm, die Weiterführung der Straßenbahn, das Quartier Süd, die Entwicklung der Hugenottenhalle, Smart City, Ausbau des Radverkehrsnetzes und den Klimaschutz auf. Es sei wichtig, die Bürger in den Prozess einzubinden.

Die Umsetzung liege im Verantwortungsbereich der Dezernenten und bedürfe einer starken politischen Steuerung und Koordination. „Der scheidende Bürgermeister hat bisher mit seiner großen Erfahrung die von den künftigen Herausforderungen betroffenen Fachbereiche in seiner alleinigen Verantwortung geführt. Insgesamt sind seinem Dezernat 13 Fachbereiche und vier Stabsstellen zugeordnet, darunter die großen Themenblöcke Stadtplanung, Verkehr, Soziales, Kultur, Sport, Wirtschaftsförderung und Digitalisierung“, betont die Koalition das hohe Arbeitsaufkommen von Herbert Hunkel. „Um die zukünftige Entwicklungsfähigkeit der Stadt nicht zu gefährden und Aufgaben zeitlich nicht verschieben zu müssen“, hält es die Koalition für dringend erforderlich, den hauptamtlichen Magistrat für die nächsten sechs Jahre um eine zusätzliche Stelle zu ergänzen.

Die Koalitionäre betonen, SPD und FDP „schon sehr frühzeitig über alle Überlegungen informiert“ zu haben. Nach der Kommunalwahl habe es Gespräche über eine mögliche Erweiterung des Magistrats gegeben. „Wenn die beiden Parteien jetzt von einer Überraschung sprechen, müssen wir hier eine gewisse Scheinheiligkeit feststellen“, so die Koalition – und weist den Vorwurf, Posten für die Verlierer schaffen zu wollen, „entschieden zurück“. Die Koalition stehe zu ihrer Aussage, ein gutes, vertrauensvolles und kooperatives Verhältnis zum neuen Bürgermeister Hagelstein und zu den Oppositionsparteien haben zu wollen, um gemeinsam Entscheidungen für die Entwicklung der Stadt treffen zu können.

Die Reaktion von SPD und FDP auf diese Ausführungen folgt gestern umgehend, ihre gemeinsame Mitteilung ist mit dem Titel „Unredlich und unverschämt“ überschrieben. FDP-Fraktionschef Thilo Seipel wählt deutliche Worte: „Die Installation eines dritten hauptamtlichen Stadtrats am gewählten Bürgermeister vorbei empfinde ich als instinkt- und respektlos“, und weiter: „Wenn die Grünen Schneid gehabt hätten, dann wäre nach der Kommunalwahl ein Ampel-Bündnis möglich gewesen, welches vielleicht auch einen Ersten Stadtrat der Grünen möglich gemacht hätte.“ Zu keinem Zeitpunkt sei es um einen dritten Hauptamtlichen gegangen, das jetzt zu behaupten, sei die Unwahrheit.

SPD und FDP erklären, die Behauptung der Koalition, eine funktionierende Dezernats- und Aufgabenteilung unter zwei hauptamtlichen Dezernenten wäre nur unter hohen Risiken für die Zukunftsfähigkeit der Stadt möglich, weise man aufs Schärfste zurück – und merken an, diese Äußerung lasse Ersten Stadtrat Stefan Schmitt (CDU) in keinem guten Licht erscheinen.

Eine zukunftsweisende Aufgabenteilung bespreche man mit den zukünftigen Akteuren – und danach schaue man dann nach dem Personalbedarf und den erforderlichen Qualifikationen. Die Koalition zäume das Pferd von hinten auf und übergehe den gewählten Bürgermeister Gene Hagelstein (SPD). „In den Gesprächen, die wir mit Grünen und FDP nach der Kommunalwahl geführt haben, ging es um das Ausloten inhaltlicher Gemeinsamkeiten mit dem Ziel, die Möglichkeit einer Ampel-Koalition zu bilden“, sagt SPD-Parteivorsitzender Florian Obst. Nie sei ein dritter hauptamtlicher Stadtrat gefordert worden. „Es wurde nicht einmal darüber gesprochen, ob man diese Stelle schaffen soll und nie wurde von unserer Seite Zustimmung zu einer solchen Maßnahme signalisiert. Wer etwas anderes jetzt öffentlich behauptet, lügt schlicht“, sagt Obst.

SPD-Fraktionschef Markus Munari bietet den Grünen an, weiter über eine mögliche Ampel-Koalition mit lediglich zwei hauptamtlichen Dezernenten zu verhandeln.

FDP-Chef Michael Seibt findet, der erneute Versuch der Rechtfertigung der Koalition zeige, wie schwach ihre Begründung sei. „Offenbar stehen CDU und Grüne gegenseitig im Wort, jeden Koalitionspartner mit einem Hauptamtlichen zu versorgen, was durch die verlorene Wahl zu scheitern droht“, mutmaßt Seibt. „Damit die wackelnde Koalition nicht untergeht“, sei den Verantwortlichen mittlerweile selbst der Wille der Bürger gleichgültig.

Von Nicole Jost

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