Versorgung für Senioren in Neu-Isenburg verbessern

Deutschlands Gesundheitssystem hat dank engagierter Ärztinnen und Ärzte, modernster Technik und eines großen Budgets einen guten Ruf. Doch es kranke auch an einigen Stellen. So sei es beispielsweise schwierig, bei Hausärzten und vor allem bei Kinderärzten Termine zu bekommen, kritisieren Patienten und Eltern. In Neu-Isenburg gibt es jetzt Abhilfe und eine bessere Versorgung insbesondere für Senioren. In der Friedhofstraße 90 hat eine neue Praxis mit zehn Medizinern eröffnet. In deren Fokus stehen Menschen im Alter von 70 plus.
Neu-Isenburg - Der demografische Wandel sorgt dafür, dass die Menschen immer älter werden. In allen Gebieten der Medizin müssen deshalb auch immer mehr Senioren behandelt werden. Hochbetagte weisen einen höheren Grad an Gebrechlichkeit und Multimorbidität auf. Sie sind deshalb eine besondere Patientengruppe, die auf eine spezielle ärztliche Hilfe angewiesen ist. Die Ärztinnen und Ärzte im Medizinischen Versorgungszentrum, der „Fidelus“ MVZ GmbH, im neuen Gebäude an der Friedhofstraße konzentrieren sich bei ihrer Arbeit auf die Altersgruppe 70 plus.
„Wir sind eine Praxis, die zu den Patienten kommt“, beschreibt Waldemar Hanikel, Geschäftsführer von „Fidelus“, eine Besonderheit. Er hat eine jahrelange Erfahrung als Facharzt für Urologie, unter anderem in seinen zwei Praxen in Groß-Umstadt und Dietzenbach.
Der Mediziner bezeichnet die Versorgung der vulnerablen Gruppe der Hochbetagten – vor allem der Patienten in Pflegeheimen – als unzureichend. Mit Blick auf diese Misere und die ausbaufähigen Strukturen in der Geriatrie sei vor rund zwei Jahren die Idee entstanden, ein fachübergreifendes ambulantes Zentrum mit dem Schwerpunkt Altersmedizin zu eröffnen, so Waldemar Hanikel. Er betont, dass in dem neuen Medizinischen Versorgungszentrum, anders als in vielen anderen, nicht Investoren federführend seien, sondern die Praxis ärztlich geführt werde.
Das Konzept sieht eine Rund-Um-Versorgung älterer Patienten vor. Waldemar Hanikel, Dr. Jamila Hassan, ärztliche Leiterin des Versorgungszentrums, und knapp ein Dutzend Fachärztinnen und -ärzte für Urologie, Neurologie, Palliativmedizin und Innere Medizin möchten in sogenannten geriatrischen Assessments gesundheitliche und funktionelle Defizite älterer Menschen rechtzeitig erkennen und in einem ganzheitlichen Ansatz behandeln, um ihre Autonomie und Mobilität möglichst lange zu erhalten. Bei der Altersgruppe 70 plus sei die interdisziplinäre ärztliche Versorgung genauso wichtig wie die multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften, Therapeuten und Fachärzten, sagt Hanikel.
„Fidelus“ wolle keinem Hausarzt, keiner Hausärztin Patienten wegnehmen, sondern „wir verstehen unsere Angebote als Bereicherung“, so Hanikel. „Kollegen haben schon angefragt, ob wir einige Patienten in Pflegeeinrichtungen übernehmen können“, sagt der Urologe und Gründer des MZV.
Der Mediziner ist sich sicher, dass viele unnötige Krankenhauseinweisungen von Senioren vermieden werden könnten, wenn die Versorgung wie bei „Fidelus“ aus einer Hand komme und sich den organisatorischen Besonderheiten der unterschiedlichen Pflegeheime anpasse.
Im neuen Zentrum für Gerontomedizin, das im dritten Stock des neuen Gebäudes neben der Feuerwehr im Süden des Baugebiets Birkengewann rund 850 Quadratmeter angemietet hat, gibt es in den Schränken keine Ordner voller Papier. Die Praxis setzt auf moderne Kommunikationstechnologien und nutzt die Vorteile der digitalisierten Patienten-Akte. Die Dokumente seien dadurch besser verfügbar, was mehr Effizienz in der fachübergreifenden Behandlung bringe, sagt Waldemar Hanikel.
Er glaubt, dass den Fachärztinnen und Assistierenden durch eine Verbesserung der Schnittstellen und Kommunikationswege mehr Zeit für die Behandlung der Senioren zur Verfügung steht. Mit seinem Team von rund 50 Beschäftigten will „Fidelus“ werktags sowie an Wochenenden auch eine ärztlich besetzte Rufbereitschaft gewährleisten. „Für kooperierende Hausärzte bietet die Praxis eine kollegiale Vertretung an“, sagt der Mediziner.
Die Ärztinnen und Ärzte sowie sogenannte Nichtärztliche Praxisassistentinnen (NäPa) besuchen die Senioren zuhause und in den Pflegeeinrichtungen. Zur regelmäßigen Visite und dem Leistungsspektrum des Versorgungszentrums gehören auch Videosprechstunden sowie an Ort und Stelle beispielsweise Blutabnahme, EKG, Sonografie, urologische Versorgung mit Katheterwechsel und Pflege. Für die Patienten bedeute dies nach Darstellung von Waldemar Hanikel weniger Krankenhausaufenthalte und Arztbesuche. Vor allem für demenziell erkrankte Menschen sei es wichtig, wenn sie in ihrem gewohnten Umfeld bleiben könnten.
Die interdisziplinäre Facharztpraxis setzt auf eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Neu-Isenburg und will die Kooperation mit dem lokalen Netzwerk „Lebensqualität im Alter“, mit den kommunalen Senioren-Beratungsstellen, den Pflegeheimen und den Einrichtungen des Betreuten Wohnens verstärken, um die medizinische Versorgung und damit die Lebenssituation älterer Menschen zu verbessern. air
Infos im Internet
fidelus.de