Mit dem Feuer gespielt: 45-Jähriger wird wegen versuchter Brandstiftung in Obertshausen verurteilt

Ein großer Brand ist aus den Zündeleien eines 45-Jährigen im trockenen Sommer 2022 glücklicherweise nicht entstanden. Trotzdem ist er nun verurteilt worden.
Darmstadt – Nochmal glimpflich abgelaufen: Zweimal zündelte der psychisch kranke Ümüt S. am 25. Juni 2022 mit einem Feuerzeug auf Obertshausener Grünflächen. Anders als an vielen anderen Orten im trocken-heißen Sommer vergangenes Jahr breitete sich das Feuer aber nicht aus und konnte schnell gelöscht werden. Gestern wurde der 45-Jährige Wohnsitzlose dafür vor dem Landgericht Darmstadt wegen versuchter Brandstiftung verurteilt: Die 15. Strafkammer ordnete den unbefristeten Maßregelvollzug in einer forensischen Klinik an.
„S. leidet an einer paranoiden Schizophrenie und ist schuldunfähig“ erklärt der psychiatrische Sachverständige Dr. Dieter Marquetand. Der Ausgang des fünfstündigen Prozesses ist damit klar erkennbar. S. bleibt in der Vitos-Klinik in Haina, wo er bereits seit seiner Festnahme am Tattag verweilt. Für die Beweisaufnahme sind dann auch die Aussagen von nur vier Zeugen, zwei davon Polizisten, ausreichend.
Zündeleien in Obertshausen: Zeugen treten brennende Serviette aus
„Wir waren auf einer Radtour von Obertshausen nach Heusenstamm, als uns ein Mann auffiel, der am halb beschrankten S-Bahn-Übergang bei geschlossenen Schranken über die Gleise lief. Das war an der Badstraße Richtung Wald“, erinnert sich eine 60-jährige Finanzbeamtin. „Kurz hinter dem Übergang sahen wir im Vorbeifahren auf dem Weg neben seinen Füßen etwas rauchen. Mein Mann fuhr zurück und trat das kleine Feuer aus. Das war wohl nur eine Serviette.“ Doch damit sei die Sache nicht erledigt gewesen: „Kurz danach sahen wir, wie er auf einem Baumstumpf mit Rinde herum kokelte. Ich sprach ihn an, er solle das lassen!“ Doch der Mann habe sie nur angeschrien und sei immer näher gekommen, da habe man sich entfernt und die Polizei gerufen.
Zwei Stunden später, es ist inzwischen Abend, gehen weitere Notrufe bei der Polizei ein. Diesmal brennt es richtig – auf dem Grünstreifen an der A3 zwischen Hanau und Obertshausen. Neben der Notrufsäule bei Kilometer 190,3 hat S. das trockene Gras entzündet, zwanzig Quadratmeter stehen in Flammen. Noch bevor die Feuerwehr eintrifft, haben wachsame Autofahrer den Brand gelöscht, bevor er auf das Unterholz des angrenzenden Waldes übergreifen kann. Glück gehabt.
Zündeleien als versuchte Brandstiftung gewertet: Angeklagter ist nicht zurechnungsfähig
Verteidiger Ralf Dickmann beginnt mit dem Geständnis seines Mandanten: „Die Anklageschrift ist vollumfänglich zutreffend. Er wollte seinen Frust loswerden. Wälder und Menschen sollten aber nicht zu Schaden kommen.“ S. linker Arm zittert heftig, er ist sehr aufgeregt, leidet unter Nikotinentzug und den Nebenwirkungen der Psychopharmaka. Trotzdem beantwortet er nach Kräften alle Fragen des Vorsitzenden Richters Daniel Kästing. Umfangreich erörtert wird auch seine Vita, die von einer abgebrochenen Berufsausbildung, Drogen und betreutem Wohnen in Taunus und Odenwald geprägt ist. 1999 hört er zum ersten Mal Stimmen und unternimmt einen Suizidversuch. Vereinzelt gab es tätliche Angriffe auf Mitbewohner und Heimleiter. In Haina biss er einen Mitarbeiter. Dort, behauptet er, sei er von Schlangen und Papageien vergiftet worden und habe Uran gekocht. Die vergangenen Jahre habe er tagsüber im Wald gelebt, nachts in der Stadt. Fünf kleinere Einträge ins Bundeszentralregister komplettieren den schwierigen Lebenslauf. Als Begründung für die Zündeleien erklärt S. wiederholt: „Ich wollte den Frust, meine Psyche beruhigen.“ (Von Silke Gelhausen)