Pflegebetriebe blicken besorgt auf die nahende Impfpflicht

Am 15. März tritt die Corona-Impfpflicht für den Gesundheits- und Pflegebereich bundesweit in Kraft. Pflegedienste aus Obertshausen äußern ihre Bedenken und verraten, wie sie mit der Maßnahme umgehen.
Obertshausen – Seit ihrer Ankündigung im vergangenen Dezember hat die Impfpflicht für Gesundheits-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen für großen Aufruhr gesorgt. Jetzt steht sie unmittelbar vor der Tür. Am kommenden Dienstag, 15. März, tritt die neue Regelung, die in erster Linie den besseren Schutz pflegebedürftiger Patienten vor einer Infektion mit dem Coronavirus gewährleisten soll, offiziell und bundesweit in Kraft. Ab dann müssen Angestellte in entsprechenden Einrichtungen ihrem Arbeitgeber einen gültigen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen. Passiert das nicht, kann neben teils saftigen Geldstrafen auch ein Tätigkeitsverbot gegen den betroffenen Mitarbeiter verhängt werden. Nicht wenige Unternehmen befürchten dadurch einen deutlichen Rückgang des ohnehin schon knappen Pflege- und Krankenpersonals. Bei zahlreichen Einrichtungen sorgt das Thema dementsprechend für Kopfzerbrechen – so auch bei den Pflegebetrieben in Obertshausen.
„Drei Kolleginnen sind bei uns derzeit ungeimpft und scheuen sich“, sagt Nico Seidel, Leiter des Pflegedienstes Ambulanter Ring. Konkrete Pläne, die Mitarbeiterinnen noch von einer Impfung zu überzeugen, gebe es nicht. „Hier Überzeugungsarbeit zu leisten ist schwierig, da gerade diese Kolleginnen vor wenigen Wochen noch die Leistungen unseres Dienstes mit aufrecht erhalten haben, während geimpfte Kollegen in Quarantäne oder gar erkrankt waren“, gibt Seidel zu bedenken. Darüber hinaus sprächen auch persönliche Gründe teilweise gegen eine Impfung der betroffenen Pflegerinnen.
Bei den Allgemeinen Pflegediensten und der Wohnungsbetreuung der Awo bietet sich hingegen ein anderes Bild. Laut Geschäftsführer Rudolf Schulz liegt die Impfquote dort im Pflegebereich bei stolzen 100 Prozent. „Wir haben uns mit den Mitarbeitern frühzeitig getroffen, das Thema besprochen und alles vorbereitet.“ Zu Problemen, Diskussionen oder gar Kündigungswünschen sei es bei den Gesprächen mit den rund 42 Angestellten nicht gekommen. Ganz im Gegenteil: „Alle Mitarbeiter sind geimpft und sogar auch schon geboostert“, freut sich Schulz.
Die Impfpflicht als solche sieht der Awo-Geschäftsführer aber dennoch kritisch: „Ich finde es zum jetzigen Zeitpunkt, da es eigentlich keine Pandemie mehr gibt, unverständlich, noch eine Impfpflicht einzuführen. Es gibt gute, ausgebildete Kräfte, die sich deshalb vom Beruf abwenden.“ Nico Seidel teilt diese Einschätzung. „In erster Linie wird es viele Menschen, die bereit sind diese Jobs überhaupt noch auszuführen, vertreiben.“ Dadurch würden insbesondere hilfsbedürftige Menschen zu Leidtragenden. „Der bereits seit Jahren bestehende Personalmangel wird sich verschlimmern, wodurch Kunden im schlimmsten Fall gekündigt werden muss“, findet Seidel deutliche Worte.
Und auch beim Pflegebetrieb Seka sorgt das Thema für besorgte Blicke Richtung Zukunft. Geschäftsführer Lasell King zufolge werde die Impfpflicht die ohnehin chronisch unterbesetzte Branche noch weiter belasten. „Wenn von zehn Mitarbeitern nur zwei nicht geimpft sind und deshalb ausfallen, muss der Rest schon Überstunden machen“, mahnt er. „Ich bin gespannt, wie das aufgefangen werden soll – meiner Meinung nach ist das ein äußerst riskantes Experiment.“ (Von Jan Lucas Frenger)