Kritik an Hessen Mobil wegen Rodaubrücke wächst

Gewerbetreibende bangen um ihre Existenz, Anwohner um ihre körperliche Unversehrtheit. Seit dem 28. März ist die L 3064 zwischen Obertshausen und Mühlheim gesperrt, weil das Land Hessen die baufällige Rodaubrücke sanieren muss. Nun trafen sich Betroffene mit Vertretern der Politik unweit der Aral-Tankstelle in Hausen vor der Absperrung Richtung Lämmerspiel.
Obertshausen – Laut Hessen-Mobil soll die Strecke erst ab dem 30. März 2023 wieder frei sein.
Volker Jäger, der mit seinem Bruder Frank die 1965 von Vater Friedel eröffnete Aral-Tankstelle samt Waschanlage und Werkstatt betreibt, erzählt, er habe jüngst mit dem Polier der von Hessen Mobil beauftragten Baufirma gesprochen: „Der Mann erklärte, gerade sei der Stahlbeton eingetroffen.“ Ein halbes Jahr, „nachdem die Lebensader der beiden Orte“ brach liegt, wie es Obertshausens Erster Stadtrat Michael Möser und später auch sein Mühlheimer Amtskollege Dr. Alexander Krey (beide CDU) formulieren.
Kfz-Meister Jäger spricht von einem Drittel Umsatzrückgang. Noch habe man keinen der 25 Mitarbeiter entlassen müssen, „wir wissen nicht, ob wir bis Ende März durchhalten können“. Das ist der neueste Termin, den Hessen Mobil für die Fertigstellung in den Raum stellt. Einbußen ob der Sperrung melden etwa auch Schreibwaren Hoffmann oder die Metzgerei Picard. Alle zeichnen von der Kommunikationspolitik von Hessen Mobils ein trübes Bild. Bürgermeister Manuel Friedrich (unabhängig) erklärt, von relevanten Informationen der Behörde nur über Facebook und Instagram erfahren zu haben. Möser berichtet von vergeblichen Versuchen, jemanden ans Telefon zu bekommen.
Der frühere Bundestagsabgeordnete Peter Wichtel (CDU) betont, „um mit Hessen Mobil in Kontakt zu kommen, muss man ein ganz dickes Brett bohren“. Er habe den Eindruck, die Behörde richte ihren Fokus nur auf die ganz großen Projekte, „eine kleine Straße zwischen Hausen und Lämmerspiel interessiert da nicht“. Es wäre möglich gewesen, vorher ein Fertigteil zu bauen, um es dann nur noch einzusetzen zu müssen. Der aktuelle Bundestagsabgeordnete Björn Simon (CDU) erzählt von seiner Korrespondenz mit dem früheren hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier in der Sache, er werde auch auf dessen Nachfolger Boris Rhein Druck ausüben, „erst hieß es bis Ende 2022 ist alles fertig, jetzt bis Ende März 2023“.
Die Grünen springen Hessen Mobil bei. Das lässt sich sicher nicht ganz von der Tatsache trennen, dass die Behörde dem grünen Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir untersteht. Dr. Klaus-Uwe Gerhardt, Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen, schiebt den schwarzen Peter weiter und erklärt, bei Ausschreibungen bekomme stets die billigste Firma den Zuschlag, „dann bekommt man auch die entsprechende Arbeit“. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Corina Retzbach sieht einen weiteren Grund und zitiert aus der Beschlussempfehlung, die sie dem ebenfalls anwesenden Stadtverordnetenvorsteher Anthony Giordano vor dem Dringlichkeitsantrag der Koalition (CDU und Bürger für Obertshausen) sowie FDP und SPD vor Kurzem vorgelegt hatte: „30 Prozent des Baustahls und 40 Prozent der Roheisen kamen vor dem Krieg aus der Ukraine, Russland und Weißrussland.“
Für Tankstellenmiteigentümer Volker Jäger bleibt davon unberührt, „dass die Planungen desaströs sind, wir alle immer viel zu spät über alles informiert werden“. Sabrina Grab-Achard, CDU-Fraktionsvorsitzende, gibt zu bedenken, das Problem liege seit 2019 auf dem Tisch, „also vor Corona und Ukraine-Krieg“.
Seitdem fühlen sich auch die Anwohner der Liebknechtstraße nicht mehr wohl. Seit drei Jahren quält sich der Linienbus durch die enge Gasse. Iris Keim-Merten zeigt Bilder, wie der Bus morgens um kurz nach sechs über den Bürgersteig fährt, „da muss nur ein Kind raus rennen“. Gerhardt ist sich aber sicher, „die Sanierung der Rodaubrücke wird sich nicht beschleunigen lassen“. (Stefan Mangold)