1. Startseite
  2. Region
  3. Obertshausen

Eltern aus Kreis Offenbach kämpfen um Kitaplatz für Kind mit Gendefekt

Erstellt:

Von: Theresa Ricke

Kommentare

Ihr Sohn soll einen Kitaplatz bekommen: Das ist das Anliegen von Familie Y. aus Obertshausen. Erschwert wird die Situation durch den Fachkräftemangel.

Obertshausen – „Jedes Kind kann in den Kindergarten, nur unser Sohn nicht“, sagt Hülya Y. aus Obertshausen (Kreis Offenbach) und spricht über Elias (Name geändert). Der vierjährige Junge ist schwerbehindert. Er hat das CDG-Syndrom, ein seltener unheilbarer Gendefekt. Elias ist Epileptiker, Diabetiker und braucht zahlreiche Therapien. Seine Entwicklung ist auf dem Stand eines acht Monate alten Babys, sagen die Eltern. Sie sind überzeugt, dass es gut für Elias wäre, in den Kindergarten zu gehen. Aber ohne einen eigenen Erzieher, der Elias dauerhaft im Blick hat, gehe das nicht. Sie zeigen sich enttäuscht von der Stadt, die ihnen das nicht ermöglichen würde. Die Stadt entgegnet, dass sie nach Lösungen suche und Elias einen Platz anbieten möchte.

Im Oktober 2022 ist der Vierjährige schon einmal für zwei Wochen in einer Kita gewesen. Dann kündigte plötzlich der extra für ihn eingestellte Erzieher. Seitdem ist Elias wieder zu Hause. „Wir brauchen eine Perspektive“, sagt seine Mutter. Von der Stadt heißt es auf Nachfrage, dass Elias und seiner Familie bereits zugesichert worden sei, dass er ab Mitte Februar seine gewohnte Kita wieder hätte besuchen können. Die Eltern hätten aber auf ein Gespräch bestanden. In der Runde mit der Kita-Leitung, Vertretern der Stadtverwaltung, den Eltern und der Sozialpädagogin von Elias sei es „sehr hitzig“ zugegangen, so die Verwaltung. Die Familie hätte viel Kritik und Vorwürfe geäußert und auch besondere Ansprüche gehabt.

Kita
In Obertshausen kämpft Familie Y. um einen Kitaplatz für ihren Sohn. (Symbolbild) © Sebastian Gollnow/dpa/Illustration

Kampf um Kitaplatz: Junge aus Obertshausen (Kreis Offenbach) braucht dauerhafte Betreuung

Mutter Hülya bestätigt später, als sie sich an unsere Zeitung wendet, dass dicke Luft herrsche und sie ihr Kind nicht mehr in diese Kita schicken wolle. Sie wünscht sich einen Wechsel in die Einrichtung an der Robert-Stolz-Straße. Dies hätte die Fachberatung laut Stadt geprüft, aber es sei kein Platz frei. Das Problem: Elias braucht laut den Eltern eine Bezugsperson, die ihn dauerhaft im Auge hat. Das bindet Kapazitäten – ein heikles Thema angesichts des Fachkräftemangels. „Wir waren sehr geduldig und respektvoll, aber jetzt kommt von der Stadt gar nichts mehr“, meint Vater Ismail.

Die Stadt sieht sich zu Unrecht beschuldigt. Man beschäftige sich bereits seit September 2021 damit, Elias einen Kitaplatz zu ermöglichen. Es habe einen Austausch zwischen Ärzten, Erziehern und Verwaltung gegeben. Es seien sogar Materialien, etwa wegen Elias‘ Sehbehinderungen, angeschafft und der Schlafraum umgestaltet worden, um Rückzugsmöglichkeiten und Raum für Therapiestunden zu geben.

Kitaplatz für Kind mit Gendefekt: 15 Stunden zusätzliche Betreuung werden genehmigt

Die Familie fordere laut Stadt aber mehr: eine echte 1:1-Betreuung. Durch mehr Personal in der Krabbelgruppe sei es wohl zu der Annahme gekommen, dass es in der Kita genauso weitergehe. Erster Stadtrat Michael Möser betont: „Eine 1:1-Betreuung ist dort nicht möglich.“

Elias‘ Eltern sei jedoch ein Antrag genehmigt worden, der ihnen 15 Stunden zusätzliche Betreuung pro Woche zusichert. Das wären drei Stunden pro Tag. Die Mehrkosten für das Personal würden der Stadt als Träger über die Rahmenvereinbarung Integration in Hessen bezahlt werden. Damit die Unterstützung der Stadt aber greift, müsse Elias die 15 Stunden Betreuungszeit pro Woche auch nutzen, sagt Möser. Laut Stadt würde Elias aber wegen Krankheiten oft fehlen. Ein höherer Betreuungsschlüssel, der beim Kreis Offenbach beantragt werden müsse, sei abgelehnt worden.

Kita Badstraße in Obertshausen (Kreis Offenbach) ist offiziell eröffnet: Beim Umzug in die Kita Badstraße stellt sich heraus, dass die Kinder sich schnell eingewöhnen.

Kitaplatz mit Betreuung: Stadt Obertshausen (Kreis Offenbach) sucht nach Lösung

Hülya Y. hat in ihrer Verzweiflung nun angeboten, bei der Eingewöhnungszeit dabei zu sein oder als Alltagshelferin in der Kita das Personal zu unterstützen. Ihr Sohn brauche keine medizinische Fachkraft, sondern jemanden, der sich um ihn kümmere. „Ich bin auch in die Situation hineingewachsen, das kann jeder schaffen.“ Über die Möglichkeit einer solchen alternativen Betreuung will die Stadt nun mit den Eltern sprechen.

Hülya und Ismail Y. haben noch zwei ältere Kinder. Bei ihnen haben sie die Kitazeit als für die Entwicklung wichtig empfunden. Das wünschen sie sich nun auch für Elias und äußern Verständnis für die schwierige Personalsituation. „Wir kennen den Mangel bei Erziehern. Was uns stört, ist die fehlende Perspektive“, sagt Ismail Y. Seine Frau ergänzt: „Wir können nicht immer hinterherlaufen.“ (Theresa Ricke)

Auch interessant

Kommentare