Ingo Oschmann belebt die Kultur im Bürgerhaus mit seinem Auftritt ein Stück weit wieder

Lange war es still und dunkel im Bürgerhaus. Die erleuchtete „Gut’ Stub’“ an der Tempelhofer Straße entzündet nun einen leisen Hoffnungsschimmer, dass es da doch noch etwas neben Homeoffice und geschlossenen Kulturbetrieben gibt: Ingo Oschmann.
Obertshausen – Nein, es ist noch nicht der Startschuss für die Kehrtwende zu einer Normalität in die Kulturwelt, stellt Fachbereichsleiter Jürgen Hofmann klar. Es handele sich um eine Verlegung – der Kabarettist stand bereits im vergangenen Herbst auf dem Programm. Im September folge ein weiterer Nachholtermin, bevor danach aber tatsächlich ein neuer Reigen Auftritte in der Kleinkunst-Reihe beginnen soll.
„Es wird gegessen...“ – „was auf den Teller kommt.“ – Amüsiert ergänzt das Publikum die Redensarten, mit denen auch Mutter Oschmann ihren Filius zur Räson gebracht hat. Der Wortakrobat sucht immer wieder die Nähe und Bestätigung der rund 50 Gäste zu seinen Füßen. Und er lässt keinen Zweifel daran, wie sehr ihm diese Konstellation gefehlt hat, die spontanen Formen der Kommunikation sind per Video-Konferenz halt nicht möglich.
Für den gefragten „Comedian“ ist es in Obertshausen erst der dritte Auftritt nach der coronabedingten Pause. Der Künstler macht keinen Hehl daraus, wie sehr er die aktuelle Möglichkeit vermisst hat, im Rampenlicht stehen zu dürfen.
Die Organisatoren aus dem Rathaus haben den großen Saal pandemiekonform möblieren lassen: Immer zwei Tische aneinander geschoben mit vier Stühlen dran. Das hatten sie bereits im Sommer 2020 so praktiziert, mit dem Service des Bürgerhaus-Restaurants am Platz. Trotz der großen Abstände der Einheiten stellt sich ein bisschen Club-Atmosphäre ein. Aber „keine komplizierten Witze in Obertshausen“, legt Oschmann fest, als eine Anspielung nicht gleich mit Lachern quittiert wird.
Zum Finale nutzt er den Überraschungseffekt, hat ein „optisches Phänomen“ in seine Vorträge integriert. Mit dem konzentrierten Blick auf die ausdrehende Spirale auf einem Kreisschild und anschließend auf den Oschmann-Kopf wirkt dieser dicker – und umgekehrt.
„Ich habe gar nicht gemerkt, dass wir so wenige waren“, eröffnet er den Kanon hoher Lobgesänge auf die „tolle Atmosphäre im Saal“. Vor dem Gang auf die Bühne hat er sich die Vornamen des Teams um Kulturamtschef Hofmann notiert, lobt auch die Ton- und Lichttechniker und den Hausmeister in höchsten Tönen.
„Wenn dich keiner lobt, musst du das selber machen“, stellt sich Oschmann vor und beginnt die Therapie: „Du, ich habe mich lieb“, soll ein jeder seinem Sitznachbarn offenbaren.
Da passen die witzig gemeinten Einwürfe eines Besuchers nicht mehr, das macht der Mann auf der Bühne in ernstem Ton klar. Nach der Vorstellung wird Oschmann den Störer bitten, keiner seiner Shows mehr beizuwohnen. Trotz allem sei es „ein ganz schräger Abend, aber wir haben viel gelacht mit dem kleinen, dicken Mann“, provoziert er wieder Heiterkeit. „Mehr kann ein Künstler nicht erreichen.“ (Von Michael Prochnow)