Laura Schulz von den Bürgern für Obertshausen macht vieles wie Vater und manches anders

Rudolf Schulz, 66 Jahre, ist Mitbegründer der Bürger für Obertshausen. 2021 hat seine Tochter Laura (27) den Fraktionsvorsitz der Partei übernommen. Auch auf Landesebene bei den Freien Wähler ist sie den Wegen ihres Vaters gefolgt. Im Interview sprechen die beiden über Unterstützung, unterschiedliche Ansichten und Ambitionen.
Wer kennt sich besser in der Kommunalpolitik aus?
Laura: Auf jeden Fall mein Vater (lacht) - wegen der Erfahrung.
Rudolf: Das sehe ich nicht so. Laura ist seit Jahren in der Politik. Als ich 27 war, war ich bei weitem nicht so weit in meiner politischen Einstellung und Aktivitäten. Auch gibt es einen Unterschied, wie Männer und Frauen Politik machen. Die Koalition in Obertshausen funktioniert gut, weil zwei junge Frauen an der Spitze stehen. Insgesamt ist die Erfahrung ausgeglichen.
Worin unterscheidet sich die Politik von Frauen zu der der Männer?
Rudolf: Wir hatten zuletzt eine Koalitionssitzung mit der CDU. Wenn man früher zusammengesessen hat, wurde darum gerungen, wer obsiegt. Das ist jetzt durch Laura und Sabrina Grab-Achard völlig entspannt.
Laura: Auch die Koalitionsverhandlungen waren harmonisch. Mit Sabrina verstehe ich mich gut. Bei der CDU hat ebenso ein Generationswechsel stattgefunden.
Wie unterstützen Sie Ihre Tochter im politischen Alltag?
Rudolf: Ich unterstütze sie nicht. Es ist immer gesagt worden, der Schulz hat seiner Tochter wieder die Rede geschrieben. Das ist völliger Unsinn.
Laura: Er unterstützt mich durch viele Gespräche. Oft sind es längere Telefonate, in denen wir uns austauschen. Das einzige Mal, dass ich ihn gebeten habe, über meine Rede zu gucken, war bei meiner ersten Haushaltsrede. Da wollte ich mich absichern.
Werden Sie noch oft darauf reduziert, dass Sie die Tochter Ihres Vaters sind?
Laura: Als ich angefangen habe, war das extrem. Mit 21 war ich das Küken im Stadtparlament. Über die Jahre hinweg habe ich mir meinen Stand erarbeitet. Ich habe gezeigt, was ich kann, habe viele Reden gehalten.
Über welche politischen Themen diskutieren Sie am heftigsten miteinander?
Rudolf: Gendern!
Laura: Ich sehe das Thema von der wissenschaftlichen Seite. Bei dieser Diskussion merkt man, dass mein Vater aus einer anderen Generation kommt. Aber er akzeptiert meine Meinung und das, was ich vorschlage, macht er meistens auch. (lacht)
Rudolf: Muss ich, sie ist die Vorsitzende. Zum Gendern: Ich habe vor 35 Jahren bei der Stadt Frankfurt angefangen. In der Verwaltung war es üblich, dass wir in Schreiben auch die weibliche Form benutzen. In den vergangenen Jahren ist die Sternchengeschichte aufgetaucht. Dabei ist Gendern meiner Meinung nach schon etwas Normales gewesen, das ist vermutlich nur keinem aufgefallen.
Gibt es ein Thema, was Ihnen beiden besonders am Herzen liegt?
Rudolf: Wir sind geradezu davon besessen, basisdemokratisch zu sein. Uns ist wichtig, dass wir nicht alles vorgeben - was mir in der Vergangenheit immer etwas unterstellt wurde. Wir brennen außerdem beide für das soziale Thema.
Laura: Ich habe das interkulturelle Café wiederentdeckt. Mit der Idee, das Projekt wieder aufzunehmen, bin ich zu meinem Vater gegangen. Er mochte sie und hat ergänzt, dass man das Café mit der Lebensmittelausgabe verbinden könnte. Das haben wir so im Antrag formuliert, der im Stadtparlament verabschiedet wurde. Jetzt sieht es gut aus, dass das Projekt umgesetzt wird.
Gibt es eine Veränderung, die Sie sich beide für Obertshausen wünschen?
Laura: Es gibt kaum Angebote für Jugendliche. Das Problem ist, dass wir keine Finanzen dafür haben. Da wurde ich in meinem Wunsch, etwas in Obertshausen zu verändern, desillusioniert. Unser Appell geht an die Landesregierung, dass sie es den Kommunen möglich macht, dass auch für jüngere Generation etwas auf die Beine gestellt werden kann.
Herr Schulz, haben Sie sich gefreut, dass Ihre Tochter in die Politik gegangen ist?
Rudolf: Ja, weil wir für den Verein jemanden gesucht haben, der den Staffelstab übernimmt. Ich habe das nie gesagt, aber wenn Laura mich um Rat gefragt hätte, ob sie in die Politik gehen soll, hätte ich Nein gesagt. Nach 30 Jahren habe ich ein gewisses Frustpotenzial. Wenn ich an Lauras Anfangszeit im Parlament zurückdenke, gab es keinen Welpenschutz. Laura war die Erste, die gesagt hat, wir brauchen mehr Kita-Plätze. Da gab es einen Beitrag eines älteren Kollegen aus der SPD, der detailliert aufgelistet hat, dass sie keine Ahnung hat. Das hat mir wehgetan als Vater.
Ist Ihr Vater Ihr Vorbild?
Laura: Seine Art zu führen und direkt zu sein, habe ich auch. Ich versuche mich aber zusammenzureißen, wenn ich emotional werde. Mein Vater hält gerne mal eine aufbrausende Rede. Danach denke ich, dass sie gut war und Stimmung erzeugt hat, aber die Leute haben vermutlich den Kern nicht begriffen. Dabei hat er mir gesagt, dass ich immer bei der Sache bleiben soll.
Geben Sie, Herr Schulz, öfter Ratschläge?
Rudolf: Nur wenn ich gefragt werde. Ich übe selten Kritik. Sie ist auch in den sozialen Medien aktiv, macht Bilder und Videos. Das kann ich gar nicht.
Wer von Ihnen setzt sich bei Streitfragen meistens durch?
Rudolf: Früher ich, jetzt Laura. Auch wenn wir nicht so viele Streitfragen haben, aber unterschiedliche Positionen haben wir selbstverständlich auch mal.
Was sind Ihre nächsten politischen Ziele, Frau Schulz?
Laura: Vier Jahre lang gut in Obertshausen regieren. Ansonsten werde ich für die Freien Wähler bei der Landtagswahl für den Wahlkreis kandidieren. Ich möchte die kommunale Stimme in den Landtag bringen.
Was können Sie als Vater zum Erreichen dieser Ziele beitragen?
Rudolf: Da muss ich gar nichts beitragen. Sie wird ihre Ziele erreichen. Das schafft sie schon.
Das Gespräch führte
Theresa Ricke.