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Die Zeit der Schultheiße: Geschichte der Verwaltung in Obertshausen

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Von: Lukas Reus

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Das Ackerbuch des Schirmerfeldes: In dem Schriftstück wird die Größe des Landes festgehalten. Auf Grundlage dieser Angaben kann der Grundherr dann die Höhe der Abgaben für die Bauern festlegen.
Das Ackerbuch des Schirmerfeldes: In dem Schriftstück wird die Größe des Landes festgehalten. Auf Grundlage dieser Angaben kann der Grundherr dann die Höhe der Abgaben für die Bauern festlegen. © HGV

Im Sommer des vergangenen Jahres war es soweit. Die Stadtverordneten waren sich einig, dass das neue Rathaus in der Schubertstraße entstehen soll. Bis dahin war es allerdings ein langer Weg, denn Obertshausen hat bis heute zwei Rathäuser. Das mag vielen Neubürgern seltsam erscheinen. Auch die Tatsache, dass es sich bei beiden Gebäuden um die Rathäuser der ehemals selbstständigen Gemeinden handelt und dass dies die „alte Rivalität“ der früheren Nachbarorte scheinbar immer wieder aufleben lässt, machte die Standortfrage für das neue Rathaus nicht gerade einfacher.

Obertshausen – Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie die beiden damals noch eigenständigen Orte in früheren Zeiten verwaltet wurden. In einer kleinen Serie in Zusammenarbeit mit dem Heimat- und Geschichtsverein (HGV) zeigen wir die Geschichte der Verwaltung vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Heute mit Teil eins, über die Zeit der Schultheiße.

Vom Mittelalter bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden von den jeweils Herrschenden sogenannte Schultheiße eingesetzt. Ihnen zur Seite standen Schöffen, deren Funktion in etwa den heutigen Gemeinderäten oder Stadträten vergleichbar war. Die Hauptaufgabe dieser Ortsvorsteher war es, die Schulden der Dorfbewohner einzutreiben. Daher leitete sich ihr Name von der alten Bezeichnung „Schuldheischer“ ab. Zur damaligen Zeit schuldeten alle Bauern dem Landesherrn festgesetzte Abgaben. Das Amt Steinheim, das dem Landesherrn direkt unterstand, setzte die Höhe der Abgaben fest. Die Gefälle, so wurden die Abgaben genannt, mussten fristgerecht geliefert werden. Säumigkeit wurde unter Strafe gestellt.

Aus den Aufzeichnungen des Amtes Steinheim wissen wir, dass im August des Jahres 1340 ein Schultheiß Johann in Obertshausen ansässig war. Der 29. August 1340 verzeichnet den Verkauf des bei dem Ort „Obratshusin“ gelegenen Waldes „daz eygen“ (Eichenwald) durch Gottfried V. von Eppstein und seine Frau Lorette an das Kloster Arnsburg in der Wetterau für etwa 80 Mark.

Die Schultheiße übten ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; trotzdem erhielten sie zu allen Zeiten auch eine Vergütung. Zur Zeit der Naturalwirtschaft war das Schultheißenamt in Hausen mit 20 Morgen Land dotiert.

In der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg wechselte die Herrschaft in Hausen und Obertshausen vom Kurfürstentum Mainz zu den „Schönbornern“, die ihren Herrschaftssitz in Heusenstamm hatten. Im Jahre 1712 wird Johann Adolf Hoffmann, Schultheiß in Hausen. Er erstellt die im Stadtarchiv aufbewahrte Rechnung über die erste im Jahre 1729 fertiggestellte Kirche Hausens. Auf seinen Antrag wird 1733 eine eigene Schule für Hausen genehmigt und eingerichtet.

Sein Sohn Erwein Hoffmann übernimmt im Jahre 1754 das Schultheißenamt. Während seiner Amtszeit beginnt der Gerichtsschöffe und Damastweber Johann Henrich Junior mit der Niederschrift des „Kirchenbuches für Hausen hinter der Sonne“, das wohl wertvollste Dokument des Obertshausener Stadtarchivs.

Interessanterweise taucht der Name Johann Henrich Junior bei der Vermessung des Schirmerfeldes in Obertshausen wieder auf. Hier ist er im Acker-Buch des Schirmerfeldes aus dem Jahr 1750 als der zuständige Geometer verzeichnet. Die Vermessung des Ackerlandes bildete dabei für den Grundherrn die Basis zur Festsetzung der Abgaben durch die Bauern.

Neben dem Geometer Johann Henrich Junior war der Schultheiß von Obertshausen, Johann Caspar Pietz, sowie vier weitere Berichtschöffen zugegen, um das Dokument zu unterschreiben. Im Jahre 1777 wird der Dorfschmied Servatius Picard Schultheiß in Hausen. Er ist gleichzeitig Markmeister der Bieberer Mark und schreibt die Markrechnungen vieler Jahre. Sie werden im Staatsarchiv in Darmstadt aufbewahrt. Auch die älteste Hausener Redeliste (Steuerliste) aus dem Jahre 1786 und eine Anleitung zur Berechnung von Bede-, Fron- und Dienstgeld stammen ebenfalls von ihm.

Sein Nachfolger, zugleich letzter Markmeister der Bieberer Mark und letzter Schultheiß von Hausen, ist der damalige Besitzer der Obermühle Johann Martin Komo. In seine Amtszeit fallen bedeutsame Ereignisse: die napoleonischen Kriege, der Wechsel der Herrschaft von Schönborn über Isenburg zum Großherzogtum Hessen, die Auflösung der Bieberer Markgenossenschaft, die Aufteilung des Markbesitzes und schließlich die Aufhebung der Leibeigenschaft. Damit treten auch die Schultheiße von der geschichtlichen Bühne ab und es beginnt die Zeit der Bürgermeister, über die wir in unserem zweiten Teil berichten.

Viele andere Geschichten und alte Ortsansichten von Hausen und Obertshausen bietet die zweite Auflage der 336 Seiten starken Chronik „Obertshausen – Eine Zeitreise durch unsere Heimat“. Sie ist in Obertshausen beim Büchertreff, in Hausen bei Hoffmann-schreiben-spielen-schenken und beim Jäger-Kfz-Service (Aral) erhältlich. Die Chronik kann auch über den Heimat- und Geschichtsverein (Mail: vorstand@hgv-obertshausen.de) bestellt werden.  (lur)

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