Strenge Corona-Regeln: Gastronomen kämpfen mit 2G plus – „Ganz schlimm“

In Obertshausen klagen Restaurantbetreiber über die strengen Corona-Regeln. In der Gastronomie gilt 2G plus – auch im Kreis Offenbach.
Obertshausen – Was bedeutet die Formel 2G plus für Wirte und Gaststätten, wie kommen Restaurants in der „liebenswerten Kleinstadt“ mit den aktuellen Corona-Regeln zurecht? Manche Betroffene wollten nicht mit unserer Zeitung über ihre Lage sprechen, andere Betriebe äußerten sich sehr betroffen, „gehen auf dem Zahnfleisch“, und die dritten haben sich mit den neuen Bedingungen arrangiert, dokumentieren Vertreter dreier bekannter Bewirtungsbetriebe.
Markus Schmid führt im ältesten Haus der Stadt den „Nachtwächter“. „Bis Ende des Jahres ist es sehr gut gelaufen“, sagt der Geschäftsführer, selbst überrascht, „sie haben uns das Haus eingerannt, wir waren fast täglich ausgebucht“. Jetzt sei es „schwieriger“, mehrere Punkte hielten Besucherinnen und Besucher fern, „obwohl unser Kundenkreis so beschaffen ist, dass sehr viele dreifach geimpft sind“.
Kreis Offenbach: Gastronomen in Obertshausen leiden unter Corona
Schmid begegne aber auch vielen Leuten, die „keine Lust auf Impfung“ haben. „Die wollen dann im Sommer wiederkommen“. Andere befänden sich noch im Urlaub, „wir merken das an den Reservierungen“. Durch die strengeren Corona-Regeln kämen „auf jeden Fall weniger Gäste“, auch größere Gruppen haben abgesagt, neue Buchungen bleiben aus.
„Aber wir haben bislang echt Glück gehabt, trotz der Kontrollpflicht für Ausweise, Masken und Abstände.“ Es sei wichtig mitzuspielen, „wir nehmen die Vorgaben sehr ernst, haben auch schon Stammkunden ohne Personalausweis nach Hause geschickt“, betont der Chef, der Plexiglasscheiben an jenen Tischen montiert hat, an denen der Abstand nicht ausreicht. „Die Leute belohnen, dass wir so streng sind und alles korrekt ist, das ist ein riesen Vorteil, bestätigen uns viele“.
Alle Mitglieder des Teams seien geboostert, „wir müssen das vorleben und versuchen, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten“. Schmid hat auch Lieferung und Abholung eingerichtet, „obwohl das für Rinderroulade aufwendiger ist als für Pizza“. Der Wirt wünscht sich, „dass wir Corona in den Griff bekommen, denn in anderen Branchen geht gar nichts“.
Corona-Regel 2G plus in der Gastronomie in Obertshausen: „Ganz schlimm“
Seinen Kollegen Charalambos Agakechagias kennen Stammgäste als „Babis“. Er führt die Waldschänke, die Vereinsgaststätte der Turngesellschaft Hausen. Der Familienbetrieb mit Aushilfe hat bereits die Zahl der Mitarbeitenden reduziert, denn es kommen „deutlich weniger Leute als im Sommer“. Vor allem zu den Kultur-Veranstaltungen des Eventclubs waren Gastraum und Biergarten voll besetzt. Jetzt fehlen selbst Sportlerinnen und Sportler, der Stammtisch bleibe oft leer. Babis hofft auf den April, wenn es wärmer wird.
„Ganz schlimm“ bezeichnet Melih Aslan seine Situation. Er hat das Bürgerhaus-Restaurant zu Beginn der Pandemie übernommen, erhielt immer wieder großes Lob für seine Küche von „sehr zufriedenen Gästen“. Das Da Leone hatte sich gerade auf 2G eingerichtet, als die Verschärfung kam. „Viele Kunden wissen das gar nicht“, meint der Wirt. „Vor allem Ältere haben zwar längst die dritte Impfung“, bei Anrufen bemerke er jedoch, dass die Menschen verunsichert sind.
Gastronomen in Obertshausen: „Corona geht nie weg, hoffentlich sehen die Politiker das ein“
Jüngere haben oft „keine Lust zum Testen“, obwohl das in einem Pavillon direkt vor dem Lokal möglich ist. Das beschere der „gut’ Stub’“ der Stadt zwischen 70 und 80 Prozent Einnahme-Verlust. Vor allem Familien- und Vereinsfeiern fehlen: „Wir haben 1000 Plätze und hatten für manche Tage in jedem Raum eine Gesellschaft geplant – alle abgesagt.“
Allein das Tagesgeschäft mit ein paar Gästen, einigen Liefer- und Abholdiensten rette das 16-köpfige Team, „die nächste Feier ist für den 30. Juli eingetragen“. Der Arbeitgeber möchte aber niemanden entlassen, denn „im Sommer bekommst du dann kein Personal mehr“. Wenn die Terrassen geöffnet sind, habe die Gastronomie alle Hände voll zu tun, das hörte Aslan auch von Kolleginnen und Kollegen. Morgen Abend veranstaltet das Da Leone ein Krimi-Dinner, mit einer Besserung rechnet Aslan aber vielleicht erst im nächsten Jahr. „Corona geht nie weg, hoffentlich sehen die Politiker das ein und erlauben uns mehr.“ (Michael Prochnow)