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Vier Mädchen der Hermann-Hesse-Schule unterstützen Kriegsflüchtlinge

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Nicht nur beim Übersetzen helfen (von links) Anna Gavrilov, Lehrer Christoph Grün, Yekatierina Belaschowa, Evelyn Gense und Sofia Sterzer.
Nicht nur beim Übersetzen helfen (von links) Anna Gavrilov, Lehrer Christoph Grün, Yekatierina Belaschowa, Evelyn Gense und Sofia Sterzer. © -

Vier Mädchen der Hermann-Hesse-Schule in Obertshausen unterstützen mit ihren Sprachkenntnissen Jugendliche aus der Ukraine und ihre Eltern.

Obertshausen – Sie sind ganz normale Teenager und doch viel näher dran an dem, was gerade in der Ukraine geschieht. Manche stehen zu Hause zwischen den Fronten, manche müssen im Klassenraum dumme Kommentare über sich ergehen lassen, aber das hindert sie nicht daran zu helfen: Vier Mädchen der Hermann-Hesse-Schule unterstützen mit ihren Sprachkenntnissen Jugendliche aus der Ukraine und ihre Eltern. Yekatierina „Kati“ Belaschowa aus der 8bG, Anna Gavrilov (10bR), Evelyn Gense (10dR) und Sofia Sterzer (6aR) heißen die vier Schülerinnen, die selbst im Unterricht ans Handy gehen dürfen, wenn es klingelt. Eine von ihnen ist immer zur Stelle, wenn Geflüchtete im Sekretariat stehen. Die Mädchen kennen sich inzwischen bestens aus mit dem Aufnahmeformular, geben den ukrainischen Frauen aber auch Antworten auf Fragen und andere Ratschläge.

„Es klappt auch ganz gut mit dem Übersetzungsprogramm aus dem Internet“, lautet die Erfahrung von Christoph Grün, dem Stufenleiter der Klassen 8 bis 10 an der Haupt- und Realschule, der zusammen mit Sven Köhler auch zuständig ist für die Intensivklassen. Drei dieser Gruppen laufen derzeit an der Gesamtschule, eine speziell für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Sobald sie ausreichend Deutsch beherrschen, wechseln sie in eine Regelklasse, erläutert Grün.

Besser als jede Sprach-App im Telefon aber ist der persönliche Kontakt. Die vier Helferinnen nehmen sich Zeit für die Migranten, und die freuen sich, haben Vertrauen, weil sie in ihrer Muttersprache verstanden werden. „Die neuen Schüler sind sehr froh über das Engagement, fühlen sich besonders willkommen und fragen nach Landsleuten an der Schule“, beobachtet der Pädagoge und lobt, „dieses Engagement ist eine unschätzbare Hilfe“.

Häufig fragen die Osteuropäer, ob eine Schuluniform getragen wird. Andere möchten wissen, ob es an der Schule Sanitäter gibt, wo sie Behörden finden oder wie sie Freunde in Frankfurt besuchen können. Die jungen Übersetzerinnen sprechen russisch oder ukrainisch. Katis Mutter ist Ärztin, erzählt sie, behandelt Patienten in Hausen in ihrer Sprache. Die Familie lebt seit fast sieben Jahren in Obertshausen, folgte Katis Großeltern.

Anna ist in Offenbach geboren, ihre Eltern haben den Keller ausgebaut und beherbergen jetzt auch Oma und Opa aus der Ukraine, berichtet die Zehntklässlerin. Mutter und Vater von Evelyn stammen aus Kasachstan und Usbekistan, auch sie haben Verwandte in der Ukraine, diese sind bei Onkeln und Tanten in Deutschland untergekommen. Sofia ist in Deutschland geboren, auch ihre Mutter kommt aus Kasachstan, der Vater aus Russland. Zu Hause gebe es schon mal Diskussionen über die verschiedenen Sichtweisen auf den Krieg. Evelyn schildert Konflikte in der gemischten Familie: „Ich spreche das Thema nicht mehr an, ich habe meine Meinung und lasse mich nicht beirren“, unterstreicht sie. „Ich weiß genau, wie es ist, in ein fremdes Land zu kommen“, ergänzt sie, „ich freue mich, den Menschen helfen zu können“. So sieht das auch Yekatierina. „Wir schauen zu Hause ukrainische und russische Nachrichten“, wobei es ihr auffalle, wie die Putin-Medien alle Schuld für Tote und Zerstörung auf die Ukraine schieben. „Viele Russen kennen keine andere Sicht und wollen ihre Meinung nicht ändern.“ Annas Großeltern konnten über Polen fliehen, die Enkelin ist für die Fürsorge, die ihre Großeltern auf der Flucht erfahren haben, sehr dankbar und möchte nun etwas zurückgeben. (Von Michael Prochnow)

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