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Frauenleiche in Teich: Bringt Navi entscheidende Hinweise?

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In Gedenken an das Opfer: An dieser Stelle an der Gänsbrüh in Rodgau wurde die Leiche der Frau aus Obertshausen gefunden. Archivfoto: Pelka
In Gedenken an das Opfer: An dieser Stelle an der Gänsbrüh in Rodgau wurde die Leiche der Frau aus Obertshausen gefunden. Archivfoto: Pelka © -

In einem Weiher in Rodgau bei Offenbach wird die Leiche einer 29-Jährigen gefunden. Der Angeklagte schweigt im Prozess weiter. Sein Navi könnte auf der Suche nach Beweisen helfen.

Obertshausen – Vierter Verhandlungstag im Fall der getöteten 29-jährigen Hausenerin, deren Leiche an einem Weiher in Dudenhofen gefunden wurde. Immer noch schweigt der Angeklagte S., die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Darmstadt ist tief in die Beweisaufnahme eingestiegen, hat Dutzende Zeugen vernommen und untersucht jedes noch so kleine Detail.

Gestern versuchten vier weitere Sachverständige Licht ins Dunkel der Bluttat bringen. Die junge Frau war am 24. November 2020 in der Waldfreizeitanlage „Gänsbrüh“ von Stadtwerke-Mitarbeitern tot aufgefunden worden. Ihr Oberkörper lag im Wasser, Kopf und Hals wiesen Spuren grober Fremdeinwirkung auf. Sofort war klar, dass die Mutter zweier Kleinkinder Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Einen Tag später wird der 35-jährige Ehemann festgenommen, sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Prozess um Frauenleiche in Rodgau: Auswertung des Smartphones bringt kaum Erkenntnisse

Zwei junge Polizisten sind mit der Auswertung des Smartphones befasst. Über die Internetverbindungen will man mehr über die Aktivität des Angeklagten in der Tatnacht herausfinden. Das können auch entlastende Details sein, etwa, ob das Handy die ganze Zeit im W-LAN eingeloggt war und bedient wurde. Auch ist die Position des Geräts darüber ermittelbar - allerdings nicht hundertprozentig.

Das W-LAN würde also dafür sprechen, dass S. daheim in Hausen war, und nicht im Rodgauer Wald. Ein stichfester Beweis ist das aber nicht, jemand anderes könnte ja das Gerät bedient haben. „Das Handy war von 22.31 Uhr bis um 0.52 Uhr nicht im W-LAN und es erfolgte keine Eingabe“, sagt der Beamte vom ZK 50 - Digitale Forensik des Polizeipräsidiums Südosthessen, „Wahrscheinlich war es in der Zeit ausgeschaltet.“ S. kann also überall gewesen sein.

Tod von 29-Jähriger in Rodgau: Navigationsgerät könnte Angeklagten belasten

Bei den Untersuchungen geht es darum, ein möglichst lückenloses Bewegungsprofil des Ehemanns zu erstellen. Dazu hat die Kammer auch Sachverständige für die Navigationsauswertung des Skoda Oktavia hinzugezogen. Das Navi war – wen wundert’s – in der fraglichen Zeit ausgeschaltet. Das Infotainmentsystem ist jedoch immer aktiv und zeichnet ebenfalls Bewegungsdaten auf.

Was bei einem Unfall für Aufklärung sorgen soll, könnte also auch da die Indiziensammlung bereichern. Der technische Sachverständige arbeitet derzeit mit dem Volkswagenkonzern an der Auswertung. Andreas Hellmann, Biologe beim LKA, hat Erdanhaftungen am Fahrzeug der Familie S. untersucht. Dazu sind die Ergebnisse in puncto Beweissicherung ebenfalls uneindeutig.

Rechtsmediziner beim Prozess in Darmstadt: „Verletzungen alle nicht unmittelbar tödlich“

Einfacher hat es da die Rechtsmedizin der Universität Frankfurt. Sie konnte die Leiche umfassend inklusive Computertomografie untersuchen. Unklar bleibt dabei ein extrem wichtiges Detail: Das Tötungswerkzeug. Es konnte im Umfeld der Leiche nicht gefunden werden. Auch nach Abpumpen des Teiches fand man es nicht. Als Tatort vermutet man ohnehin die Wohnung der Familie. Dort wurde gleichfalls kein passender Gegenstand sicher gestellt.

Der Sachverständige Patrick Sauer hat eine umfangreiche Powerpoint-Präsentation vorbereitet, die den Prozessbeteiligten quasi nebenbei eine Einführung in die forensische Medizin bietet. Die Fotos zeigen fünf bis zu sieben Zentimeter lange klaffende Kopfwunden, entstanden durch einen stumpfkantigen Gegenstand, dessen Wucht mehrere quer verlaufende Frakturen verursachte – ein offenes Schädelhirntrauma. An einer Wunde erkennt man eine Teilskalpierung, der Täter könnte an den gleichen Stelle mehrfach zugeschlagen haben, was die Anzahl der fünf Schläge noch mal erhöhen würde.

„Die Verletzungen sind aber alle nicht unmittelbar tödlich, wichtige Areale wie das Stammhirn sind fast unverletzt.“ Trotzdem erklärt der Arzt ein zentrales Regulationsversagen infolge der Schläge zur Todesursache. Etwas weniger massiv sei die Gewalt gegen den Hals der Hausenerin gewesen. Man sieht zahlreiche Hämatome und bandartige Schürfungen. „Die Spuren lassen ein Würgen und/oder Drosseln erkennen, vielleicht mit einem Gürtel oder einem Halsband“, erklärt Sauer. Derzeit sind noch mindestens vier Verhandlungstage bis Mitte November geplant. (Silke Gelhausen)

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