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84 Wohnungen statt Gewerbe

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Von: Bernhard Pelka

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Das Betriebsgebäude von Vaihinger ist bald Geschichte. Es wird abgerissen – 84 Neubauwohnungen entstehen.
Das Betriebsgebäude von Vaihinger ist bald Geschichte. Es wird abgerissen – 84 Neubauwohnungen entstehen. © Bernhard Pelka

Erstmals verpflichtet die Stadt Rodgau einen Bauträger vertraglich dazu, preisgebundene Sozialwohnungen mit Anfangsmieten von 8,50 bis etwa 9 Euro kalt zu errichten. Selbst die Miete, die er für einen Tiefgaragen- oder einen Außenstellplatz kassieren darf, ist in dem städtebaulichen Vertrag grob festgelegt.

Jügesheim – Auf dem Firmengelände der nicht mehr aktiven Firma Vaihinger Messtechnik an Haingraben- und Hunsrückstraße sollen 84 Wohnungen in drei Mehrfamilienhäusern mit gemeinsamer Tiefgarage entstehen. Dazu hat das Stadtparlament einem städtebaulichen Vertrag mit der Hessischen Bau und Grundbesitz GmbH, Sulzbach, zugestimmt, der dem Bauträger weitreichende Vorschriften macht.

Erstmals legt die Stadt in einem solchen Vertrag fest, dass 20 Prozent der dort gebauten Einheiten bezahlbare Sozialwohnungen sein müssen. Die Stadt geht von 17 preisgebundenen Wohnungen aus, darunter mindestens eine mit vier Zimmern, drei mit drei, acht mit zwei und fünf mit nur einem Zimmer. Der Rest der 84 Wohnungen kann auf dem freien Markt vermietet werden.

Für die Sozialwohnungen schlägt die Stadt die Mieter vor. Die Preisbindung gilt für 20 Jahre. Danach ist der Bauherr in der Vermietung frei. Der Bauträger verpflichtet sich, die 17 Wohnungen ausschließlich an Personen mit Wohnraumberechtigungsschein abzugeben. Die Stadt wird hierzu bis spätestens drei Monate vor der vom Bauträger angezeigten Bezugsfertigkeit der jeweiligen Wohnung eine Liste mit drei in Frage kommenden Mietern vorlegen, aus der der Bauträger frei wählen kann. Sollte keine der drei Personen in Frage kommen, wird die Stadt mindestens drei weitere vorschlagen.

Die drei Mehrfamilienhäuser werden eine gemeinsame Tiefgarage mit 91 Plätzen haben. Dazu kommen 27 Parkplätze im Außengelände. 15 Prozent der Plätze sind für Besucher reserviert.

In dem Vertrag heißt es, der Bauträger verpflichte sich, für den Stellplatz einer Sozialwohnung keinen höheren Mietzins zu kassieren, „als dies den in der Umgebung erzielbaren Mieterträgen entspricht“. Aktuell wären das für einen Tiefgaragenstellplatz 75 bis 95 Euro und für einen Außenstellplatz 45 bis 55 Euro. Grundsätzlich ist jede Wohnung mit mindestens einem Stellplatz zu vermieten.

Das Projekt war umstritten, weil der Investor anfangs 98 Wohnungen in vier Häusern mit drei Geschossen (plus ein zurückgesetztes Staffelgeschoss) bauen wollte. Anwohner und auch Politiker kritisierten diese extreme Nachverdichtung in dem von weitaus niedrigeren Häusern geprägten Gewerbemischgebiet. Der jetzt beschlossene städtebauliche Vertrag legt die Bauhöhe auf zwei Stockwerke (plus Staffelgeschoss) bei einer maximalen Gebäudehöhe von zehn Metern fest. Als zulässige Gebäudehöhe gilt das Maß vom Höhenbezugspunkt (Außenkante der Haingrabenstraße) bis zum höchsten Punkt des Daches.

Im Dezember 2020 hatte es in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung zu dem Bauvorhaben eine kontroverse Debatte gegeben. Max Breitenbach (CDU) kritisierte: „Die Stadt stöhnt unter massiver Nachverdichtung. Die Menschen, die dort schon wohnen, wollen keine Wohn-Insel vor die Nase gesetzt bekommen, die dort nicht hinpasst.“ Selbst die reduzierte Bauweise bedeute 100 weitere Autos in dem engen Quartier. Sicher wolle auch die CDU Wohnungsbau. „Aber nicht in diesen Dimensionen.“ Auch Anwohner wollen sich damit nicht zufriedengeben. In einem Fragenkatalog an den Magistrat forderten sie eine Umweltprüfung und eine „Pflichtmiete von Stellplätzen für alle Mobilitätsmittel“. Auch wollten sie wissen: Verändern sich die Grundwasserverhältnisse durch den Bau der Tiefgarage? Ist der Kanal groß genug? Ist die Verschattung umliegender Grundstücke ein Problem?  (bp)

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