Traditionsgaststätte schließt nach mehr als 300 Jahren: Der Abschied fällt schwer

Eigentlich wollte die Traditionsgaststätte „Zum Engel“ schon zum 31. Dezember 2020 schließen. Doch noch immer fließt Bier aus dem Zapfhahn. Das hat mehrere Gründe.
Nieder-Roden – Nach weit mehr als 300 Jahren in Familienbesitz schließt die Gaststätte „Zum Engel“ in Nieder-Roden bei Rodgau im Kreis Offenbach. Diese Entscheidung trafen die Geschäftsführer Herbert Spahn, Dagmar Hoffmann-Viel und ihr Ehemann Hans-Jürgen Viel bereits vergangenes Jahr.
Eine mögliche neue Ausrichtung auf jüngeres Publikum scheiterte an den Umbaukosten. 200 000 Euro müssten in die Hand genommen werden. Da die Nachfolgeregelung eh offen war, entschied man sich nach intensivem Gespräch mit dem langjährigen Gastwirt Herbert Spahn zur Schließung.
Rodgau Nieder-Roden (Kreis Offenbach): Trauriger Abschied nach 300 Jahren „Zum Engel“
Zunächst sollte ab dem 31. Dezember 2020 die Tür für immer zubleiben. Doch davon rückte die Familie ab: „Wir konnten uns von unseren Gästen nicht verabschieden“, bedauerte Wirtin Dagmar Hoffmann-Viel. Denn wegen der Pandemie musste die Wirtschaft vergangenen Herbst den Service rasch einstellen. Es gab keine Chance, auf Wiedersehen zu sagen.
Viele persönliche Gespräche mit Stammgästen animierten die Geschäftsleitung, noch einige Monate die Küche warm zu lassen. Nun besteht weiterhin die Gelegenheit für letzte Besuche in dem Traditionshaus. Bis dahin serviert Dagmar Hoffmann-Viel freitags und samstags ab 17 Uhr ein kühles Blondes; an Sonntagen von 11 bis 14 Uhr.
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Der Abschied ist traurig. Noch im April 2013 feierte Nieder-Roden den 300. Geburtstag der Kultwirtschaft. Politprominenz und das Nieder-Rodener Kulturleben gratulierten in einer Feierstunde. Ein Foto davon hängt noch heute draußen an der Front zur Straße hin.
Rodgau: Traditionsgaststätte „Zum Engel“ muss durch Corona-Einschränkungen schließen
Der „Engel“ schrieb eine unvergleichliche Historie. Als eine von jeher vier Gaststätten in Nieder-Roden ist der Betrieb bis heute in Familienbesitz. Herbert Spahn ist direkter und 13. Nachfahr des Wirts aus dem Jahr 1713. Noch eine letzte Tradition darf am bevorstehenden Kerb-Montag ab 14 Uhr ein letztes Mal gefeiert werden. So lange sie zurückdenken kann, serviert Dagmar Hoffmann-Viel den herzhaften und den fruchtigen „Kerbkuche un Gewätschekuche“.
Doch die Umsatzrückgänge durch die Corona-Einschränkungen bleiben. „Viele ältere Menschen trauen sich nicht, auszugehen“, resümiert Dagmar Hoffmann-Viel. So bleibt es bei der Entscheidung, zuzumachen. Ende des Jahres, spätestens im nächsten Frühjahr wird es so weit sein.
Danach rücken die Handwerker an. Das Gebäude an der Ober-Rodener-Straße soll umgebaut werden, aus den Räumen werden Mietwohnungen. (pul)