Neue Sanierungsanlage in Betrieb

Die RSG Immobilien GmbH hat als Besitzerin des Firmengeländes der 2015 stillgelegten Rußbude eine neue Grundwassersanierungsanlage auf dem 2,8 Hektar großen Grundstück in den Regelbetrieb übernommen. Vorausgegangen war seit März der Testlauf, der zu fast 100 Prozent störungsfrei verlief.
Hainhausen – Die Anlage zieht polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die bei der früheren Rußpartikelgewinnung anfielen, aus dem Grundwasser. Das Areal wird schon seit 1996 saniert. Nur war die bisherige Sanierungsanlage nicht dafür ausgelegt, Teerölphasen aus dem Grundwasser zu entfernen.
Dr. Peter Martus, Abteilungsleiter Umwelt beim Ingenieur- und Beratungsunternehmen AECOM (Neu-Isenburg), erläuterte Bürgermeister Max Breitenbach in Anwesenheit mehrerer Vertreterinnen und Vertreter des Regierungspräsidiums Darmstadt (RP) als Genehmigungsbehörde die Technik.

Die RSG hat mit dem Land Hessen, vertreten durch das RP, im März einen öffentlich-rechtlichen Sanierungsvertrag geschlossen. Er genehmigt den Betrieb der neuen Anlage und sichert ab, dass keine Schadstoffe im Grundwasser das Gelände verlassen und dass das in die Rodau eingeleitete Reinwasser nach dessen Reinigung alle vertraglich festgelegten Grenzwerte einhält.
Dr. Martus führte aus, das Grundwasser werde an zwei Stellen auf dem Gelände hydraulisch gefördert, mal aus zehn, mal aus 24 Meter Tiefe. Dabei bildeten sich zwei Absenktrichter. Das verschmutzte Grundwasser müsse dadurch zwingend komplett über die Anlage laufen. Die Wirksamkeit des Verfahrens wurde dem RP gegenüber belegt. Ein Monitoring begleite diesen Prozess unter anderem mit aufwendiger Dokumentation.
Die Anlage steht in einer neu gebauten Stahlblechhalle, etwa so groß wie ein Doppelhaus. Sie steht auf einer Bodenplatte aus wasserundurchlässigem Beton. Wasserdicht ist auch die 25 Zentimeter hohe betonierte Wanne, die auf der Bodenplatte sitzt. Zwei Sammelleitungen führen das verunreinigte Wasser an 365 Tagen rund um die Uhr zunächst einem Mehrphasenabscheider zu. Danach wird in einem weiteren Behältern Luft ins Wasser eingeblasen. Das darin enthaltene natürliche Eisen oxidiert und kann nun abgetrennt werden vom Wasser.
Die Abreinigung beginnt im nächsten Schritt in zwei Kiesfiltern, die Schwebstoffe mechanisch separieren. Nächste Reinigungsstufe ist ein Bio-Reaktor. Darin verstärkt ein zudosiertes Nährstoffkonzentrat die Reinigungskräfte der sowieso im Wasser enthaltenen standorttypischen Bakterien. Vorletzte Station ist ein Aktivkohlefilter. Danach wird das geklärte Wasser aus einem Reinwasserbehälter in die Rodau gelassen. Aecom-Experten haben übers Laptop zur Wartung oder bei Störfällen Zugriff auf die Steuertechnik der Anlage – selbst von zuhause aus.
RSG-Geschäftsführer Dr. Nicolas Rößler sagte, die RSG sei zwar nicht der Verursacher der Altlast, „aber wir stellen uns als der aktuelle Eigentümer des Industriegeländes unserer Verantwortung. „Wir sorgen dafür, dass die Schadstoffe das Gelände nicht verlassen.“ Mit dem RP werde nun auch ein Sanierungskonzept abgestimmt, das sich dem weiteren Umgang mit dem Boden auf dem Areal widmet.
Die teils sehr alten Gebäude auf dem Grundstück sollen Rößler zufolge zum Teil abgerissen werden. Deshalb wird derzeit nach einer Lösung für das 92 Meter lange Blechkunstwerk an der Fassade zur Straße gesucht (wir berichteten). Längerfristig sei geplant, das Areal wieder einer Nutzung zuzuführen, „von der die Region profitiert“, versicherte Rößler. Das brauche aber Zeit. Die RSG nehme sich diese Zeit – und das für die Sanierung nötige Geld in die Hand.
Nach Stilllegung der Rußfabrik 2015 hatte der damalige Betreiber die technischen Anlagen ausgebaut. Das Herzstück war ein riesiger Ofen. Mindestens 80 Jahre lang wurde darin Flammruß produziert, der unter anderem als schwarzes Farbpigment dient. Die älteste bekannte Betriebserlaubnis stammt vom 2. Juli 1932. Die Fabrik ist aber vielleicht noch älter. Die Angaben schwanken zwischen 1889 und 1928. Gebäude und Gelände gehören zurzeit der RSG Immobilien GmbH. Sie sitzt im Industriepark Höchst im selben Haus wie das Chemieunternehmen Albemarle Germany GmbH. RSG-Geschäftsführer Dr. Nicolas Rößler ist zugleich Country-Manager Germany bei Albemarle. Die Albermarle Corporation, USA, ist ein führender Entwickler und Hersteller von Spezialchemikalien mit Fokus auf Lithium, Brom und Raffinerie-Katalysatoren. 2014 hatte Albemarle den US-Rivalen Rockwood und damit auch den Standort Hainhausen übernommen.