Außergewöhnlicher Terminplan

Erstkommunion zu Beginn der Adventszeit gab es in der Geschichte der Gemeinde St. Matthias noch nie. Corona ließ dieses Mal aber keinen anderen Terminplan zu.
Nieder-Roden – Die katholische Gemeinde St. Matthias feiert die Kommunion diesmal zu einer außergewöhnlichen Jahreszeit. Neun Kinder empfingen am 1. Advent das heilige Sakrament der Erstkommunion. Die Pandemie machte den stark veränderten Terminkalender unumgänglich, erklärte Pfarrer Dr. Peter Eckstein. So begleiteten nicht die blühenden Magnolien neben dem Kirchturm die Kinder zum Altar, sondern die Kühle des voranschreitenden Herbstes.
Die Eucharistiefeier mit Erstkommunion zelebrierten Pfarrvikar Pater Moncy Vadakara und Pfarrer Dr. Peter Eckstein. Auf den feierlichen Einzug durchs Kirchenportal musste schweren Herzens verzichtet werden. Denn der Gottesdienst gehorchte der gesunden Vorsicht.
Manche Katecheten zeigten sich darüber traurig. „Den Einzug konnten wir nicht machen“, bezog sich Pfarrer Dr. Peter Eckstein auf das abgeänderte Zeremoniell. In Zweierreihen mit Kindern sind keine 1,5 Meter Abstand möglich. Das Gedränge der Familienangehörigen am Portal hätte womöglich den Hygienevorschiften widersprochen. Durch die Zugangsbeschränkungen fehlte zwar die klassische Festatmosphäre. Dafür lobten Pfarrer und Eltern das familiäre Gefühl. Es entstand ein würdiger Rahmen, als die jungen Christen im Kleid und im Anzug inmitten ihrer Familien saßen.
Eine Erstkommunion zu Beginn der Adventszeit gab es in der Historie bisher nicht. Der Gemeinde St. Matthias blieb aber kaum eine andere Wahl. „Wir redeten mit dem Generalvikar und den Eltern über einen geänderten Zeitplan“, erläuterte Pfarrer Dr. Peter Eckstein die internen Abläufe.
Nach den Sommerferien begannen die Katecheten mit dem Unterricht. Dieser wurde nach den Herbstferien fortgesetzt. Damals war die Vorweihnachtszeit nicht mehr weit. „Der Advent ist ein schöner und besinnlicher Anlass, den man wunderbar mit der Erstkommunion verbinden kann“, zeigte sich Pfarrer Eckstein beseelt von der Entscheidung. Intern abgestimmt mit dem Pfarrgemeinderat, entschieden anschließend die Eltern, ob die Sprösslinge in diesem Advent oder erst am Weißen Sonntag 2022 das heilige Sakrament empfangen.
Neun Familien gaben dem 1. Advent den Vorzug; die Kinder wurden mit dem Leib Christi in ihrem Glauben bestätigt. Lisa Santos Sahm steht der große Tag hingegen noch bevor. Am 5. Dezember wird sie mit der großen Kommunionkerze in das Gotteshaus gehen. „Der Termin passt perfekt für uns“, freut sich Yvonne Santos Sahm mit ihrer Tochter, denn „Lisa bekommt gerne eine Extrawurst gebraten“. Und welches Kind kann von sich sagen, im Dezember das weiße Kleid übergestreift zu haben?
Dünne Kommunionkleidchen sind für Frühjahrstemperaturen geschneidert. Mama Yvonne Santos Sahm kaufte Anfang des Jahres vorausschauend ein. Eine Terminverschiebung einkalkulierend, fiel die Wahl auf weißen Stoff mit Langarm. Und ein flauschiges Jäckchen wird Lisa zusätzlich mit zum Gottesdienst nehmen.
„Bei den Schuhen hatte ich mehr Sorge“, betont die Mutter. „Lisa tat nochmals einen Schuss“. Die hellen Stiefel passen aber selbst noch nach dem Wachstumsschub und sind dick gefüttert. Auch wenn bis zum großen christlichen Ereignis noch etwas Zeit bleibt, Lisa ist schon ganz aufgeregt. Als Organist Bernhard Koser vor einigen Tagen die Kinder durch die Kirche führte, stellte die Neunjährige neugierig Fragen. Die kirchlichen Symbole und die Geschichten zu den Heiligen waren Neuland. Für den Organisten eine große Freude, den Sprösslingen ein kleines Orgelkonzert zu geben.
Etwas Nachhilfeunterricht tat den Grundschülerinnen und Grundschülern gut. Der ausgefallene Religionsunterricht riss offensichtlich Wissenslücken. So empfand es Lisas Mutter Yvonne, die sich in St. Matthias als Katechetin engagiert. Von den zwölf Aposteln sollten Dritt- und Viertklässler schon gehört haben. Glücklicherweise waren die Kinder sehr offen und lauschten mit Spannung den Geschichten über Judas und der Fußwaschung Jesu.
Lisa ist in der Pfarrkirche aktiv. Sie ist noch ein „Streifenhörnchen“. So werden in Nieder-Roden liebevoll jene Messdiener genannt, die der Gemeinde noch nicht offiziell vorgestellt wurden.
Inzwischen geht den Organisatoren die Arbeit nicht aus. „Im Moment haben wir eins nicht“, brachte es Pfarrer Eckstein auf den Punkt, „und zwar Routine“. Im Sekretariat lief sehr viel Organisation im Hintergrund, der Sitzplan machte viel Arbeit. Die Namen aller Anwesenden wurden auf Listen festgehalten. Es kostete viel Energie, den normalen Betrieb am Laufen zu halten – doppelt so viel, wie in normalen Zeiten. Die Mitglieder des Pfarrgemeinderats (PGR) verdoppelten ihren Einsatz. Dass alle Beteiligten einen negativen Coronanachweis dabei haben, kontrollierte der PGR am Kommunionstag.
„Ich danke vor allem den Eltern unserer Kommunionkinder“, richtete der Pfarrer das Wort an die Erziehungsberechtigten. „Sie haben alle notwendigen Entscheidungen, darunter auch so manche Einschränkung, am Ende loyal mitgetragen. So konnten wir in einer extrem schwierigen Situation doch noch den Kindern eine innige und verantwortbare Erstkommunionfeier ermöglichen.“
Von Andreas Pulwey

