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Demo als Spaziergang getarnt

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Von: Ekkehard Wolf

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Friedhofskerzen brannten noch am Dienstagmorgen vor dem Rathaus auf dem Hermann-Sahm-Platz – zum Gedenken an die Menschen, die täglich an Covid-19 sterben. Allein in Deutschland sind bisher mehr als 116 000 Menschen nach einer Covid-19-Infektion gestorben.
Friedhofskerzen brannten noch am Dienstagmorgen vor dem Rathaus auf dem Hermann-Sahm-Platz – zum Gedenken an die Menschen, die täglich an Covid-19 sterben. Allein in Deutschland sind bisher mehr als 116 000 Menschen nach einer Covid-19-Infektion gestorben. © Pelka

Mehrere hundert Menschen, viele von auswärts, ziehen montags für eine Stunde durch Jügesheim: ohne Transparente, ohne Parolen, aber auch ohne Maske und Abstand. Und ohne, dass sich die Verantwortlichen zu erkennen geben. Ein mutmaßlicher Versammlungsleiter wurde jetzt angezeigt.

Rodgau - Die unangemeldeten Aufzüge verlaufen aus Sicht der Behörden meist störungsfrei und ohne besondere Vorkommnisse. Sowohl Polizeibeamte als auch Ordnungspolizisten der Stadt beobachten und begleiten sie. Die Polizei spricht von bis zu 350 Teilnehmern.

Veranstalter und Teilnehmer der sogenannten Corona-Spaziergänge verstoßen gegen eine Reihe an Vorschriften:

- Eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder ein Aufzug muss laut Versammlungsgesetz spätestens 48 Stunden vor der Einladung bei der Ordnungsbehörde angemeldet werden.

-  Dabei ist eine verantwortliche Person zu benennen.

- Da der Kreis Offenbach derzeit als Corona-Hotspot gilt, dürfen sich im öffentlichen Raum nur Gruppen von höchstens zehn Personen treffen.

-  Eine Person ohne Immunschutz darf sich nur mit zwei Personen aus einem anderen Haushalt treffen.

-  Wenn ein Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden kann, besteht Maskenpflicht.

Die sogenannten Spaziergänge werden über Internetmedien angekündigt, unter anderem im umstrittenen Messengerdienst Telegram, der auch eine Plattform für Verschwörungsmythen und rechtsextreme Hetze bietet. Am vergangenen Wochenende wurden erstmals auch Wurfsendungen in Rodgau verteilt. Auf den Flugblättern war weder ein presserechtlich Verantwortlicher noch eine Kontaktadresse angegeben.

Die Ordnungsbehörden agierten am Montag zurückhaltend. „Ziel war es, einen störungsfreien Verlauf der jeweiligen Veranstaltungen zu gewährleisten“, teilt das Polizeipräsidium Südosthessen mit: „Zudem lag der Fokus der polizeilichen Maßnahmen auf die Einhaltung der geltenden Corona-Bestimmungen.“ Den hessischen Sicherheitsbehörden lägen keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung der Bürger vor. Die Polizei werde solche Veranstaltungen auch weiterhin „wachsam und mit starker Präsenz“ begleiten.

Nach dem Aufzug vom Montag stellten Polizeibeamte an der Schwesternstraße die Personalien eines Mannes fest, der mit Frau, Kind und Hund an dem Aufzug teilgenommen hatte. Nach Einschätzung der Beamten könnte er der Versammlungsleiter gewesen sein. Ihn erwartet nun eine Anzeige wegen des Verdachts, gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben.

Über die Motive der Teilnehmenden und eine rechtliche Einordnung berichtet die Offenbach-Post heute in der gedruckten Ausgabe.

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