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Erneuerbare Energien stärken

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Von: Ekkehard Wolf

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Volker Feldmann Vorstand der Energo e.G.
Volker Feldmann Vorstand der Energo e.G. © Privat

INTERVIEW Energiegenossenschaft setzt bei Preisgestaltung auf Sicherheit

Rodgau/Rödermark – Energie in Bürgerhand ist das Motto der Bürger-Energiegenossenschaft Rodgau-/Rödermark (Energo). Wie kommt die kleine Genossenschaft mit den hohen Energiepreisen zurecht? Über diese und andere Herausforderungen spricht Volker Feldmann, einer der beiden Vorstände.

Die Energiepreise steigen und steigen. Bringt das die Bürger-Energiegenossenschaft in Schwierigkeiten?

Bisher nicht. Das liegt an unserer Art der Preisgestaltung. Unsere Kunden zahlen einen Grundpreis für die Dienstleistung und einen Wärmepreis nach dem Verbrauch. Der Wärmepreis richtet sich nach dem C.A.R.M.E.N.-Index des Vorjahres. Das ist der Preis, der bundesweit im Durchschnitt für Holzpellets gezahlt wurde. Mit unserem Pellet-Lieferanten haben wir einen Vertrag, der ähnlich lautet. Das heißt, wir zahlen immer noch den Preis vom letzten Jahr.

Wie haben sich die Preise für Holzpellets entwickelt?

Vor zwei Jahren lagen wir bei circa 270 Euro je Tonne. Jetzt sind wir bei 750 Euro. Wenn wir vor Weihnachten noch Pellets bunkern, dann legt unser Lieferant drauf. Aber das sind langfristige Verträge auf 15 oder 20 Jahre und auf die lange Zeit gleichen sich die Schwankungen aus. In den letzten Jahren ist beim Pelletpreis nicht viel passiert: Er ist eher runter gegangen als hoch. Trotzdem haben wir uns abgesichert. Es war eine gute Idee, den Einkaufspreis und den Verkaufspreis an den gleichen Index zu koppeln. Wir haben dafür jetzt Sicherheit beim Preis.

Woher kommt dieser Preisanstieg? Liegt er etwa auch am russischen Überfall auf die Ukraine?

Letztes Jahr ist in Mittelhessen eine Pelletfabrik abgebrannt. Das hat viele Händler vor ein Problem gestellt. Sie kaufen sich ja auch Kontingente ein, um die Verträge mit ihren Kunden langfristig erfüllen zu können. Wenn plötzlich ein Lieferant wegfällt, wird das Angebot knapp. Der Preis ist schon im Dezember auf 350 bis 450 Euro hochgeschossen. Dann kam der Krieg in der Ukraine. Die Ukraine war bisher ein großer Pellet-Lieferant, vor allem für Polen und Tschechien. Jetzt müssen auch diese Länder in Westeuropa einkaufen, was den Preis bei uns ansteigen lässt.

Was meinen Sie: Wie werden sich die Energiepreise in der nächsten Zeit entwickeln?

Für unsere Kunden wird es nächstes Jahr eine Preiserhöhung geben. Der neue Preis wird zur Jahreswende neu berechnet und ist dann wieder für ein Jahr fest, weil wir uns ja immer an den Preisen vom Vorjahr orientieren. Ich hoffe, dass sich die Preise Mitte oder Ende 2023 wieder ein bisschen beruhigen. Mittelfristig werden Holzpellets auf jeden Fall günstiger als Öl oder Gas sein.

Und wie sieht es bei anderen Energieträgern aus?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist in den letzten Jahren von Berlin leider mit Füßen getreten worden. Wenn im letzten Jahr in Hessen zehn neue Windräder gebaut worden sind, dann ist es viel. Im Jahr 2030 werden wir, grob gerechnet, einen doppelt so hohen Stromverbrauch haben wie heute. Ohne einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien werden wir das nicht schaffen.

Gibt es schon ein neues Projekt für Ihre Bürger-Energiegenossenschaft?

Ehrlich gesagt: Durch die niedrigen Zinsen der letzten Jahre ist uns das Geschäftsmodell fast weggebrochen. Für die Bauträger hat es sich nicht gelohnt, mit uns einen Wärmeliefervertrag abzuschließen. Eine Holzpelletheizung braucht halt mehr Platz als ein Gaskessel. Wir hoffen, dass die steigenden Zinsen und die hohen Preise für Erdgas zu einem Umdenken führen. Wir sind zurzeit in der Planung, mit anderen Genossenschaften gemeinsam in einen Windpark zu investieren. Details und Fortschritt darüber wird es Anfang 2023 geben. Wir hoffen, dass uns allen dieses Projekt gelingt und ein weiterer Baustein zur Energieversorgung mit Bürgerbeteiligung entsteht.

Könnten Sie sich vielleicht in den Rodgauer Neubaugebieten engagieren?

Zurzeit sind vor allem Wärmepumpen im Trend. Wenn man durch Hainhausen-West geht, sieht man diese vor den Häusern. Das ist auch nur eine Art Heizen mit Strom, wenn auch eine zur Zeit effiziente. Für das nächste große Baugebiet Rodgau-West wäre eine Nahwärmeversorgung sinnvoll. Dazu müsste aber wie in den Neubaugebieten in Jügesheim (zum Beispiel J 50) ein Anschlusszwang an die Wärmeversorgung von der Stadt vorgesehen werden. Wenn dann die Stadtverordneten noch beschließen, dies mit erneuerbaren Energien zu betreiben, wären wir logischerweise sofort mit dabei.

Das Gespräch führte

Ekkehard Wolf

Nahwärme aus dem Blockheizkraftwerk, wie hier im Neubaugebiet Marienbader Allee (J 50), könnte nach Ansicht von Volker Feldmann auch ein Modell für das geplante Wohngebiet Rodgau-West sein. Die Anlage (im Vordergrund) wird von einer Stadtwerke-Tochter betrieben.
Nahwärme aus dem Blockheizkraftwerk, wie hier im Neubaugebiet Marienbader Allee (J 50), könnte nach Ansicht von Volker Feldmann auch ein Modell für das geplante Wohngebiet Rodgau-West sein. Die Anlage (im Vordergrund) wird von einer Stadtwerke-Tochter betrieben. © Pelka

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