Ersatzteil ist nicht immer die beste Wahl

Weiskirchen – Reparieren ist oft besser als Austauschen. Nach diesem Grundsatz arbeitet die Autowerkstatt Beyer, die sich auf Karosserie- und Lackarbeiten spezialisiert hat. Das ist ressourcenschonend und senkt die Kosten.
„Wir sind Handwerker, keine Teile-Einbauer“, sagt Geschäftsführer Reinhard Beyer. Bei seinen Auftraggebern stößt er damit nicht immer auf Gegenliebe. Manche Versicherungsgesellschaften bezahlten lieber den teuren Einbau neuer Teile als eine Instandsetzung, berichtet er.
Auch bei den Eigentümern der Fahrzeuge ist gelegentlich Überzeugungsarbeit zu leisten. Beyer: „Dass ich einem Auto nicht immer etwas Gutes tue, wenn ich ein neues Teil einbaue, muss man manchem erst erklären.“ Noch immer herrsche das Vorurteil, dass ein Ersatzteil immer besser sei.
Der ökologische Fußabdruck der Ersatzteilversorgung ist immens. Reinhard Beyer nennt als Beispiel einen beschädigten Stoßfänger aus Kunststoff. Das Neuteil wird in Asien produziert, per Schiff nach Europa gebracht, eingelagert und auf Bestellung per Nachtexpress in die Werkstatt geliefert. Der kaputte Stoßfänger landet im Container, wird per Lkw abgeholt, geschreddert und hoffentlich zu anderen Kunststoffprodukten verarbeitet. Beyer: „Wenn wir den Stoßfänger reparieren können, entfällt dieser ganze Weg.“
Noch viel größer seien die Vorteile bei Blechen und Aluminiumteilen. Für eine Reparatur sprächen neben ökologischen auch fachliche Gründe. Wenn ein tragendes Blechteil wie eine Seitenwand aus dem Fahrzeug herausgetrennt werde, bedeute das einen Eingriff in ein geschlossenes Gefüge: „Setze ich die Teile fachgerecht instand, bleibt das Gesamtgefüge des Fahrzeugs erhalten, Spaltmaße, Dichtungen und so weiter.“
Eine solche Reparatur erfordert handwerkliches Können und Erfahrung. 27 Fachkräfte arbeiten in der Werkstatt an der Boschstraße: Kfz-Mechatroniker, Karosseriebauer und Fahrzeuglackierer.
„Wir müssen natürlich immer die Herstellervorgaben beachten“, betont Reinhard Beyer: „Es gibt Teile, die aus hochfestem Stahl oder Magnesiumlegierung hergestellt sind. Da kann und darf ich nichts instand setzen.“ Auch Stoßfänger mit integrieren Sensoren sind tabu: Jede noch so kleine Änderung der Schichtdicke könnte dazu führen, dass der Sensor nicht mehr auslöst.
Oft kommt man nicht um einen Austausch herum. Bei vielen Schäden ist aber auch eine Instandsetzung möglich, ohne Einbußen an der Qualität hinzunehmen. 250 solcher Grenzfälle hat Auto-Beyer innerhalb von sechs Monaten instand gesetzt. Dabei wurden etwa 500 Ersatzteile eingespart. Für die Auftraggeber war das insgesamt 300 000 Euro preiswerter. In Absprache mit dem Forstamt hat das Unternehmen jetzt 250 Bäume gepflanzt, um die Ökobilanz noch mehr zu verbessern. Ehrenamtliche Helfer des Vereins „Gemeinsam mit Behinderten“ packten mit an, um die Setzlinge östlich der Bundesstraße 45 bei Jügesheim einzupflanzen. Reinhard Beyer will die Aktion fortsetzen. Seine Vision: „Das ist der Weg hin zu einer CO2-neutralen Unfallschadenreparatur.“ (Ekkehard Wolf)