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Freundschaft so stark wie ein Baum

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Von: Ekkehard Wolf

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Die „Eiche der Freundschaft“ ist seit 1988 zu einem stattlichen Baum herangewachsen, wie TG-Vorsitzender Albert Ricker vor der Jahnhalle zeigt.
Die „Eiche der Freundschaft“ ist seit 1988 zu einem stattlichen Baum herangewachsen, wie TG-Vorsitzender Albert Ricker vor der Jahnhalle zeigt. © Wolf

20 Jahre Städtepartnerschaft mit Donja Stubica (Kroatien) feiert Rodgau am Wochenende. Tatsächlich ist die Beziehung viel älter. Seit 1966 ist die Turngemeinde (TG) Weiskirchen dem Sportverein in Donja Stubica freundschaftlich verbunden. Das ist einzigartig: Keine andere kroatische Stadt unterhält seit so langer Zeit internationale Kontakte.

Weiskirchen - Mit dem Fußball fing alles an. Jakob Faust, damals Vorsitzender der Weiskircher Jusos, fuhr im Mai 1966 mit den A-Jugend-Fußballern der TG Weiskirchen nach Jugoslawien. Kontakt mit Einheimischen könne man am besten über den Sport knüpfen, hieß es. Gesagt, getan: Von Zagreb aus besuchten die Fußballer drei Orte in der Umgebung. In Donja Stubica stimmte die Chemie von Anfang an – „obwohl wir hier unsere höchste Fußballniederlage bezogen“, wie ein Teilnehmer später berichtete.

Briefe gingen hin und her. Schon 1967 gab es eine größere Begegnung. Eine fast 50-köpfige Delegation aus Weiskirchen fuhr auf Einladung nach Donja Stubica. Philipp Gerfelder war damals Vorsitzender der Turngemeinde.

Albert Ricker, der heutige Vorsitzende, blättert in zwei Ordnern voller Zeitungsberichte, Fotos und Redemanuskripte. Er war 18 Jahre alt, als er bei der ersten Jugoslawien-Fahrt dabei war. Dass es sich um ein sozialistisches Land handelte, war für den jungen Mann damals nicht spürbar: „Davon haben wir nichts bemerkt, weil wir in Familien untergebracht hatten.“ Ganz anders war die Situation beim Gegenbesuch im folgenden Jahr: „Sie hatten einen Politkommissar dabei, der hat aufgepasst wie ein Schießhund.“

Für die Freunde aus Jugoslawien sei die Fahrt nach Weiskirchen damals etwas ganz Besonderes gewesen, so Ricker: „Sie haben das ganze Jahr gespart, damit sie einmal herkommen konnten. Das war wie Urlaub für sie.“

Trotz der großen Entfernung (850 Kilometer) blieben sich die Sportler ganz nah. In einigen Fällen entstand mehr als Freundschaft: Mehrere Ehepaare haben sich bei den deutsch-kroatischen Begegnungen kennengelernt. Außerdem wurde eine Schule in Donja Stubica nach dem Vorbild der Rodgauer Geschwister-Scholl-Schule gebaut.

Die Freundschaft bewährte sich auch 1991 bis 1995 während des Kriegs in Kroatien. Viele Lastwagen mit Hilfsgütern fuhren von Rodgau nach Donja Stubica. Die Kleinstadt (5000 Einwohner) blieb zwar vor Angriffen verschont, nahm aber zeitweise bis zu 2500 Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten auf.

Im Vorstandszimmer der TG Weiskirchen stehen, hängen und liegen unzählige Gastgeschenke, die die Freunde aus Kroatien bei ihren Besuchen mitbrachten: kunstvoll bemalte Teller, ein Relief mit einer Szene des Bauernaufstandes von 1573 und ein Wandteppich mit den Logos der beiden Vereine.

Mehrere Bäume in beiden Orten machen sichtbar, wie das Miteinander wächst. Auf dem Marktplatz von Donja Stubica steht sogar ein „Brunnen der Freundschaft“, aus dem eine Wasserfontäne aufsteigt.

Eine kleine Eiche wurde am 1. Mai 1988 auf dem Gelände der TG Weiskirchen gepflanzt. Sie ist zu einem stattlichen Baum herangewachsen, der vor der Gaststätte der Jahnhalle Schatten spendet.

Wandteller mit Sehenswürdigkeiten aus Donja Stubica sind beliebte Gastgeschenke.
Wandteller mit Sehenswürdigkeiten aus Donja Stubica sind beliebte Gastgeschenke. © Wolf
Fußballmannschaft in den1970er-Jahren
Lange Haare und verschossene Farben: eines der vielen Mannschaftsfotos aus mehr als 50 Jahren. © p

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