Gasheizung zum Glück abgelehnt

Rodgau – Energiesparen ist derzeit ja das Thema – ob für Privathaushalte oder Firmen. Energieberatern wie Olaf Strenge beschert das jede Menge Anfragen. Wir sprachen mit dem 56-jährigen Ingenieur für Energietechnik. Er macht für die Verbraucherzentrale Hessen seit 2015 die regelmäßigen Energiesprechstunden im Rathaus.
Wie ist die Nachfrage nach Beratungsterminen heute im Vergleich zu noch vor einem Jahr? Haben Sie dazu Zahlen?
Die Beratung im Rathaus, konnte bedingt durch Corona meistens nur telefonisch durchgeführt werden. Es gibt in Rodgau monatlich zwei Beratungstage mit je fünf Terminen (jeden 1. und 3. Donnerstag), Maximal 105 Termine pro Jahr sind derzeit möglich. 2019 fanden 27 Termine statt, ein Jahr später 50, 2021 waren es 81 und in diesem Jahr bisher schon 73 – plus 30 bis Jahresende, also 103 Termine
Bis wann sind Sie ausgebucht?
Es gibt noch vier verfügbare Termine im November, Dezember ist noch nicht gebucht.
Ist eine seriöse Beratung derzeit überhaupt möglich oder könnten die Empfehlungen, die Sie heute nennen, nicht schon morgen von der Aktualität überholt werden? Ein Beispiel: Wärmepumpen mögen ja prima sein als Unterstützung der Warmwasseraufbereitung zuhause, aber sie fressen enorm viel Strom. Und auch der wird immer teurer.
Eine seriöse Beratung setzt in meinen Augen voraus, dass die Ratsuchenden verstehen welche Zahlen in welcher Weise für eine Argumentation verwendet werden. So kann jeder die dann jeweils aktuellen Zahlen deuten und sich ein Urteil bilden – auch nach dem Termin. Natürlich haben sie recht hinsichtlich der Energiekosten, die zurzeit täglich schwanken. Es stimmt auch, dass somit die Stromkosten für die Wärmepumpe steigen. Aber unter den aktuellen Bedingungen ist es wesentlich günstiger, ein Gebäude mit einer Wärmepumpe zu beheizen, auch Bestandsgebäude. Optimal wäre die Kombination mit einer Solarstrom-Anlage, die den Stromverbrauch für die Warmwasserbereitung und teilweise Heizungsunterstützung senken kann.
Suchen mehr Privatleute oder mehr Vermieter Beratung?
Die meisten Ratsuchenden sind private Hauseigentümer mit einem Einfamilienhaus, aber auch private Vermieter, mit wenigen Wohneinheiten. Die Verbraucherzentrale berät keine gewerblichen Vermieter.
Gibt es bei den Fragen Ihrer Kunden Schwerpunkte?
Bei 90 Prozent der Ratsuchenden geht es ganz klar um eine neue Heizung oder Heizmöglichkeit, sehr häufig gepaart mit der Frage nach Solarenergie. Die Dämmung oder Verbesserung der Gebäudehülle spielt zurzeit eine untergeordnete Rolle. Vor Ausbruch des Ukraine-Krieges war dies noch etwas anders verteilt.
Spüren Sie in Ihren Beratungsgesprächen bei den Anrufern Angst, ja vielleicht sogar Verzweiflung, weil sie glauben, Energiesparmaßnahmen finanziell nicht stemmen zu können angesichts horrender Preissteigerungen etwa beim Wechsel eines Heizungskessels oder bei der Anschaffung einer Wärmepumpe?
Es gibt einerseits die Ratsuchenden, die Energiesparmaßnahmen umsetzen wollen. Hier spüre ich noch keine finanzielle Verzweiflung. Oft spielt die staatliche Förderung eine große Rolle. Andererseits geht es zunehmend um die Frage, ob die nächste Gasrechnung noch bezahlt werden kann. Hier kommen die ersten verzweifelten Anfragen, die sich nach den nächsten Preiserhöhungen der Energieversorger sicherlich vervielfachen werden.
Mit welchem Energieträger heizen Sie persönlich zuhause?
Beim Bau meines privaten Einfamilienhauses habe ich zum Glück den Gasanschluss und die Gasheizung abgelehnt, obwohl mir von allen Seiten zugeraten wurde. Wir haben einen Stückholzofen eingebaut, der auch die Fußbodenheizung und das Warmwasser aufheizt. Der große Pufferspeicher (750 Liter) wird mit Solarwärme unterstützt. Wir verbrauchen etwa drei Raummeter Holz pro Jahr. Eine Umrüstung auf eine Wärmepumpe wäre gut möglich, falls ich gegebenenfalls in zehn Jahren kein Holz mehr tragen möchte oder kann.
Wie spare ich zuhause ohne größere Umbaumaßnahmen Energie? Geben Sie doch bitte ein paar praktische Tipps.
Sehr effizient (Preis/Leistung) ist oft die Dämmung der obersten Geschossdecke. Auch die nachträgliche Abdichtung von älteren Fenstern oder Rollladenkästen kann nennenswert zur Einsparung beitragen. Weiterhin gibt es immer noch sehr häufig nicht gedämmte wärmeführende Heizungs- oder Warmwasserrohre in Heizungskellern. Den Dämmstoff kann man selber im Baumarkt erwerben und anbringen. Die Dämmschicht sollte so dick wie der Rohrdurchmesser sein. Eine große Einsparmöglichkeit ohne Investition ist die Absenkung der Temperaturen in ungenutzten Räumen. Wichtig hierbei ist, dass die Raumluftfeuchte niedrig bleibt, um Schimmelbildung vorzubeugen. Diese sollte in der Heizperiode 50 Prozent und bei Frost 40 Prozent nicht überschreiten. Kontrolliert wird mittels Hygrometer. Die Zimmertüren sollten geschlossen bleiben und keine Pflanzen in den Raum gestellt werden.
Die Fragen stellte
Bernhard Pelka
