Gericht kippt Verbot für Zirkustiere in Rodgau

Keine Zirkus-Gastspiele mit Tieren auf städtischen Plätzen: Mit dieser Entscheidung machte Rodgau im Dezember bundesweit Schlagzeilen. Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat dieses Verbot jetzt per Eilbeschluss gekippt.
Rodgau – Damit hatte Rodgau bundesweit für Furore gesorgt: Per Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Dezember 2021 war es Zirkusunternehmen in Rodgau als erster Stadt in Deutschland untersagt, auf städtischem Gelände Tiere auszustellen oder Tieraufführungen anzubieten. Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat dieses Verbot jetzt per Eilbeschluss gekippt. Anlass dazu war die Klage eines Zirkusunternehmers, der von der Stadt abgelehnt worden war.
„Die Kammer bewertete die Ablehnungsgründe der Stadt als rechtswidrig“, sagte gestern Gerichtspressesprecher Roland Elser auf Anfrage unserer Zeitung. Das Verbot greife in die Berufsfreiheit von Zirkusunternehmern ein. Das sei nicht zulässig. Das Tierschutzgesetz, auf das sich der Beschluss der Stadtverordneten berufe, gebe das nicht her. Wer städtisches Gelände nutzen dürfe und wer nicht – das müsse schon eine Satzung regeln. Die Kammer habe der Stadt aufgegeben, über den Antrag des Zirkusunternehmers neu zu entscheiden.
Wieder ein Urteil gegen eine engstirnige Gemeinde“, jubelt der Verband deutscher Circusunternehmen (VCDU) auf seiner Facebook-Seite. Der Verband hatte gemeinsam mit dem Zirkusdirektor Marco Frank gegen die Stadt Rodgau geklagt. Nach Angaben des VCDU hatte zuvor schon der Berufsverband der Tierlehrer angekündigt, dass betroffene Unternehmen ihr Recht einklagen würden.
„Wir wollen uns das nicht gefallen lassen“, sagt Marco Frank, der mit seinem Zirkus Barus zurzeit in Neu-Isenburg gastiert. Er verstehe nicht, warum ein Zirkus mit Tieren in Rodgau nicht auf städtischem Gelände auftreten dürfe: „Wenn das Veterinäramt keine Beanstandung hat, spricht doch nichts dagegen.“
Gerade nach der Corona-Zwangspause seien Zirkusunternehmen auf Auftrittsmöglichkeiten angewiesen, appelliert Frank: „Wir waren schon dreimal in Rodgau am Badesee. Unsere Fans haben uns schon gefragt, wann wir wiederkommen.“ Deshalb habe er bei der Stadt im Januar beantragt, vor Beginn der Badesaison in Nieder-Roden zu gastieren.
„Ein Zirkus ohne Tiere ist ein Varieté oder Theater“, meint Marco Frank. Zu einem klassischen Zirkusprogramm gehörten nun mal Menschen, Tiere und Sensationen.
Der Zirkus Barus reist mit etwa 40 Tieren, unter anderem Kamelen, Dromedaren, Pferden, Ponys und Ziegen. „Wir sind der einzige Zirkus in Deutschland, der auch Affen mitführt“, sagt Marco Frank stolz. Er habe zwar immer wieder Proteste von Tierschützern erlebt, aber „nicht mehr als jeder andere“. Damit könne er leben, schließlich dürfe jeder seine Meinung äußern.
Treibende Kraft bei dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung war die Tierschutzpartei. Sie bildet im Stadtparlament zusammen mit Grünen, SPD, FDP und Freien Wählern ein Mehrheitsbündnis. Fabian Schelsky von der Tierschutzpartei sagte gestern, er sei enttäuscht vom Beschluss der Darmstädter Richter. Er sprach von einem „Rückschlag“ im Bemühen, für Tiere etwas Gutes zu erreichen. Es gehe seiner Partei nicht darum, dass Zirkusbetreiber ihren Job nicht ausüben dürften. „Wir wollen aber, dass sie weiterdenken und realisieren, dass auch Zirkusse ohne Tiere Erfolg haben. Dafür gibt es genug Beispiele.“ Die Tierschutzpartei habe „ein Zeichen setzen wollen, dass sich in dieser Frage etwas ändern muss“. Viele Menschen teilten diese Meinung. Schelsky kündigte an: „Wir werden nicht locker lassen.“
Bis Ostern hat die Stadt Rodgau jetzt Zeit, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen – oder sich mit dem Zirkus zu einigen. (Bernhard Pelka, Ekkehard Wolf)