Glücklicher Fund beim Aufräumen

Albert Ricker will eigentlich nur aufräumen – da fällt ihm ein historischer Schatz in die Hände. Der Vorsitzende der Turngemeinde Weiskirchen (TG) findet auf dem schwer zugänglichen Dachboden über der Vereinsgaststätte sechs kostbare Ehrenurkunden aus den Jahren 1903 bis 1907.
Weiskirchen – „Da bin ich durchgekrochen“, sagt Albert Ricker und zeigt im ersten Stock im Konferenzraum der TG auf eine schmale Tür in der hölzernen Rückwand eines Einbauschranks. Die Luke ist der einzige Zugang zum Dachboden über der Vereinsgaststätte. Jahrzehnte lang ist dort nicht mehr aufgeräumt worden, als der 72-Jährige beschließt: „Da muss mal nach dem Rechten gesehen werden.“

Ricker ist das, was andere gerne ein „Urgestein der TG“ nennen. Schon 66 Jahre ist er Mitglied, davon 30 Jahre im Vorstand, 22 als Erster Vorsitzender, acht als zweiter. Der erfahrene Fliesenleger hat beim Hallenausbau vor Jahren feste mit angepackt. Trotzdem kennt er nicht jeden Winkel. Ricker ahnt nicht, was ihn auf dem düsteren und verstaubten Dachboden erwartet. Auf allen Vieren kriecht er durch die enge Öffnung und meint, in einer Ecke einen Haufen altes Holz zu erkennen. Beim näheren Hinsehen wird dem Mann aber sofort klar: Das ist was Historisches. Tatsächlich handelt es sich um Ehrenurkunden aus den Jahren 1903 bis 1907 – prunkvoll geschmückt mit Siegerkränzen aus echtem Eichenlaub, handkoloriert und mit schöner Schrift formuliert. Die aufwendig gestalteten Erinnerungsstücke machen die glorreiche Turnerzeit wieder lebendig. Sie spiegeln die große Bedeutung der Turnbewegung und den Sportsgeist, der damals Generationen beflügelte. Aber die Fundstücke sind in beklagenswertem Zustand: Papier gewölbt, Rahmen beschädigt, Lack zerbröselt, Farben verblasst. Und Staub, viel Staub. Ricker fasst den Entschluss, die wertvollen Fundsachen für die Nachwelt aufzuarbeiten. „Mit was kann ich die Dokumente auffrischen, ohne sie zu beschädigen?“, war mein erster Gedanke. Zunächst versucht es der TG-Chef in vorsichtiger Tupf-Technik mit Wasser. Dann mit Alkohol (Sliwowitz). Und tatsächlich: Farben und Schrift kommen wieder heraus. Die Rahmen schleift der Handwerker und Hobbykünstler gründlich ab, spachtelt und lackiert sie originalgetreu. Wo nichts mehr zu reparieren ist, behilft sich Ricker mit einem Rahmen in Antik-Optik vom Flohmarkt. Er klebt die Urkunden neu ein, nachdem er sie geglättet hat. Freunde wie Michael Hügel von der gleichnamigen Werbetechnikfirma stehen ihm mit gutem Ratschlag bei. Der Heimat- und Geschichtsverein hilft, als es darum geht herauszufinden, wer der Sportler war, dessen Leistungen die Ehrendiplome würdigen: Es war das TG-Mitglied Johann Friedrich Fritz Henkel, geboren im Gründungsjahr der TG am 8. Juni 1886, gestorben am 3. September 1956. „Acht bis zehn Stunden habe ich pro Urkunde gebraucht“, erinnert sich Ricker. Die Arbeit wird nicht vergebens gewesen sein. Die restaurierten Urkunden bekommen im Konferenzraum einen Ehrenplatz. Dort kann sie dann jeder bestaunen.


