Großes Herz fürs Handwerk

Katharina Wegner macht Frauen im Handwerk alle Ehre. Die 26-Jährige hat nicht nur ihren Bachelor in Produktgestaltung im dualen Studium an der Brüder Grimm Berufsakademie gemacht, sondern zugleich an der Zeichenakademie Hanau den Gesellenbrief gemeistert. Obendrein ist sie Bundessiegerin im Wettbewerb „Die gute Form im Handwerk - Handwerker gestalten.“
Nieder-Roden – „Ich bin stolz, als Frau in einem Handwerksberuf diesen Preis gewonnen zu haben“, sagt Katharina Wegner. Das kann die 26-Jährige aus Nieder-Roden auch sein. Mit ihrem Gesellenstück – einem Sideboard – überzeugte die gelernte Metallbildnerin und studierte Produktdesignerin die Jury des mehrstufigen Wettbewerbs „Die gute Form im Handwerk - Handwerker gestalten“ des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. In dem deutschen Handwerkerwettbewerb schlechthin siegte sie zunächst auf Kammerebene, dann auf Landes- und schließlich auf Bundesebene.
Am 3. Dezember war in Berlin die Preisverleihung. Schirmherr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war zwar verhindert. Dafür machte der erfolgreiche Gewichtheber Matthias Steiner als Laudator eine prima Figur. Der gelernte Heizungsbauer und Klimatechniker war für diese Aufgabe wie geschaffen. „Er war gut drauf“, erinnert sich Katharina Wegner schmunzelnd.
Leider durften wegen einer stark begrenzten Publikumszahl Familienangehörige nicht mit zur Feier in die Music Hall nach Berlin. Doch wenigstens konnte Vater Dieter seine erfolgreiche Tochter bei der Zugreise begleiten. Derweil saßen Mutter Ilka, Bruder Lars sowie Oma und Opa zuhause freudig aufgeregt vorm Computer und verfolgten die bedeutende Auszeichnung via Livestream bei Flammkuchen und einem Glas Weißwein.
„Eigentlich war geplant gewesen, aus diesem schönen Anlass ein verlängertes Wochenende mit der Familie in Berlin zu verbringen. So aber wurde halt ein Tagestrip draus“, bedauert Ilka Wegner, die sich mit ihrer Tochter mächtig freut. Die Siegerin nahm eine schöne Trophäe mit nach Rodgau. Außerdem gewann sie im Verlauf des Wettbewerbs ein Stipendium für eine Weiterbildung.
Nach dem Fachabitur an der Claus-von-Stauffenberg-Schule stieg die gebürtige Rodgauerin an der Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode zunächst in die Modebranche ein. Von ihrem Vater Dieter geprägt, der als Feinmechaniker und Konstrukteur eine eigene metallverarbeitende Firma leitet, wollte die junge Frau im Beruf aber noch etwas anderes kennenlernen. Deshalb das duale Studium in Hanau.
Als Abschlussarbeit glückte ihr schließlich ein schickes Sideboard, das die Jurorinnen und Juroren überzeugte. Das edle Designerstück ist 1,10 Meter breit, 30 Zentimeter tief, 30 Zentimeter hoch und ganz in Schwarz gehalten. Es besteht aus pulverbeschichtetem Stahl und Multiplexplatten. Der Clou ist ein verschiebbares Gitter, das nur teils den Blick frei gibt auf die Dinge, die in den Fächern dahinter liegen.
Die Idee zu dem Gitter entstand nicht einfach nur so. Vielmehr spiegelt sie das Grundthema, zu dem das Werkstück entstehen sollte: „Identität“. Damit sollten sich die Wettbewerbsteilnehmer befassen. Dafür sollten sie gestalterische Ausdrucksformen finden. „Die eigene Identität findet man ja auch nicht so leicht. Deshalb das Gitter. Man muss es verschieben, um dann vollends zu sehen, was sich dahinter verbirgt“, schildert die versierte Handwerkerin ihre Gedanken, die sie sich beim Bau des Sideboards gemacht hat. Die Arbeit gelang unter Einsatz diverser Techniken: dem Fräsen, Schweißen, Laserstrahlschneiden, Kanten und Verschrauben.
Wichtig ist Katharina Wegner die Botschaft, die sie mit ihrer Arbeit verbindet: „Jeder braucht das Handwerk. Es haben damit so viele Berufe zu tun. Aber die Wertschätzung dafür ist leider nicht in angemessener Weise vorhanden“, begründet sie ihr großes Herz fürs Handwerk.
Von Bernhard Pelka