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Grundwasser an der Grenze

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Von: Ekkehard Wolf

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Mitten im Wald liegt das Betriebsgelände der Rodgauer Baustoffwerke.
Mitten im Wald liegt das Betriebsgelände der Rodgauer Baustoffwerke. Neben der Fabrik für Porenbeton- und Kalksandsteine erstrecken sich ausgedehnte Sand- und Kiesgruben. © Axel Häsler

Was ist wichtiger: Grundwasserschutz oder Kiesabbau? Um den Betriebsplan der Rodgauer Baustoffwerke ging es an einem Erörterungstermin des Regierungspräsidiums (RP) im Bürgerhaus Weiskirchen. Einen Tag lang prallten die Argumente aufeinander. Eine Entscheidung gibt es frühestens im nächsten Jahr.

Rodgau - Trotz gegensätzlicher Positionen sei die Erörterung in sachlich-konstruktiver Weise verlaufen, berichten Teilnehmer. Die Bergaufsicht des RP hatte die rund 60 Einwendungen in sechs Themenblöcke eingeordnet.

Allein das Thema Grundwasser hatte zehn Unterpunkte, unter anderem die öffentliche Trinkwasserversorgung, die Waldhydrologie und die Auswirkungen des Abbaus auf das Grundwasser. Faustregel: Beim sogenannten Nassabbau verringert jeder Kubikmeter Kies die nutzbare Grundwassermenge um 700 Liter.

Eine längere Fachdiskussion entspann sich um den Begriff „Grundwasserdargebot“. Vereinfacht gesagt, ist das die Menge an Grundwasser, die sich durch versickernde Niederschläge neu bildet. Dieser Wert ist entscheidend dafür, wie viel Wasser die Wasserwerke fördern dürfen.

Die Sand- und Kiesgrube im Wald zwischen Dudenhofen und Babenhausen liegt in einem Grundwasserleiter, den zwei Wasserversorger nutzen: die Wasser-Zweckverbände Dieburg (ZVG) und Offenbach (ZWO).

Um den Grundwasserstand ist es nicht gerade üppig bestellt. „Der Warnwert wird seit Jahren überschritten“, weiß der Grünen-Stadtverordnete Werner Kremeier. Er erinnert an ein ausgetrocknetes Flachwasserbiotop nördlich des Abbaubereichs: „Das ist eine Naturschutzmaßnahme, die quasi schon gescheitert ist.“

Vor diesem Hintergrund beantragen die Rodgauer Baustoffwerke eine Änderung des Rahmenbetriebsplans aus dem Jahr 2015. Sie wollen monatlich 25 000 Tonnen Sand und Kies ohne Rücksicht auf den Grundwasserstand ausbaggern. Das ist etwas mehr als die Menge, die aktuell abgebaut wird (200 000 Tonnen pro Jahr). Nach dem bisher geltenden Betriebsplan muss der Abbau stoppen, wenn ein bestimmter Grundwasserstand unterschritten wird.

Für Wasser- und Bergbaurechte gibt es unterschiedliche Laufzeiten. Während Wasserrechte üblicherweise für 30 Jahre bewilligt werden, sind im Bergbau auch längere Fristen möglich. So wollen die Rodgauer Baustoffwerke, dass die Laufzeit ihres Rahmenbetriebsplans bis Ende 2064 verlängert wird. Werner Kremeier (Grüne) hält diesen Zeithorizont für viel zu lang: „Heute lässt sich noch gar nicht sagen, was dann sein wird.“ Falls der Grundwasserstand einmal unter das festgelegte Minimum sinke, könne das Unternehmen ja auch auf den Trockenabbau ausweichen – die vergrößerte Abbaufläche sei ja 2015 genehmigt worden.

„Die öffentliche Trinkwasserversorgung genießt Vorrang vor allem anderen Nutzungsarten“, betont Bernd Petermann, der Geschäftsführer des Zweckverbandes Wasserversorgung Stadt und Kreis Offenbach (ZWO). Die vorliegende Stellungnahme des ZWO gelte weiterhin. „Bei der in den letzten Jahren zunehmend schwierigen Grundwassersituation“ müsse es zuvorderst darum geben, den Pegel zu stabilisieren: „Wir haben die Sorge, dass der Grundwasserpegel weiter abgesenkt würde.“ Schließlich seien auch die Wasserversorger an Mindestwerte gebunden: „In diesem Sommer gab es die Situation, dass wir diese Grenzgrundwasserstände erreicht hatten. Wir waren in bestimmten Bereichen eingeschränkt.“

Auch für die Zukunft führt laut Petermann kein Weg am Wassersparen vorbei. Der Grundwasserkörper der Untermainebene werde bereits jetzt sehr intensiv genutzt: „Es gibt kaum eine Möglichkeit, zusätzliche Wasserrechte zu bekommen.“ Deshalb sei es wichtig, Regenwasser als Brauchwasser zu nutzen oder versickern zu lassen. Bei neuen Baugebieten müsse man verstärkt darauf achten, möglichst wenig Fläche zu versiegeln. Mit den Versickerungsmulden in ihren Neubaugebieten sei die Stadt Rodgau auf einem guten Weg.

Eine sichere Versorgung mit Trinkwasser habe Vorrang vor dem Abbau von Rohstoffen, formulierte die Stadt Rodgau bereits 2021 in ihrer Stellungnahme zum Vorhaben der Rodgauer Baustoffwerke. Die Nachbarstadt Babenhausen hat eine härtere Haltung zum Tagebau in der dortigen Gemarkung: Die Stadtverordnetenversammlung lehnte kürzlich zwei Anträge zum Sand- und Kiesabbau ab. (Ekkehard Wolf)

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